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Zeitgeschehen mal anders im Blick

Kabarettist Erik Lehmann begeisterte am Freitag im Bautzener Burgtheater – als Parodist und Polit-Satiriker.

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© Carmen Schumann

Von Carmen Schumann

Bautzen. Eine Anleitung zum besseren Verständnis der holden Weiblichkeit war das Kabarett-Programm von Erik Lehmann wohl eher nicht, auch wenn es sich „Der Frauenversteher“ nennt. Dafür war die Veranstaltung aus der SZ-Reihe Literatur live am Freitag über zwei Stunden bestes Kabarett mit einem gut aufgelegten Alleinunterhalter und einem Bautzener Publikum, das angeregt mitging und stellenweise Lachtränen vergoss. Doch eigentlich vermittelte der Kabarettist aus Dresden auch viel Stoff zum Nachdenken. Scheinbar harmlos daherkommend plaudert Erik Lehmann in verschiedenen Kostümierungen über politisch brisanten Stoff, ganz nach seinem Vorsatz: „Das Private ist hochpolitisch“.

Der körperlich zierliche Künstler schlüpft gerne in die Rolle des „kleinen Mannes“ und betrachtet aus scheinbar naiver Perspektive das Zeitgeschehen. Der „kleine Mann“, längst schon arbeitslos, muss mit ansehen, wie in seinem Städtchen Schule, Bibliothek, Ärztehaus und sogar die Kneipe geschlossen werden. Der nächste Arzt ist nur fahrend zu erreichen, aber das Geld reicht nicht für den Bus. Wenn er dann sieht, wie eine Flüchtlingsfamilie per Taxi zum Arzt kutschiert wird, ist er reif für den Psychiater. Lehmann stellt dazu fest: „Die Flüchtlinge sind nicht schuld, der kleine Mann aber auch nicht.“ Und mit einem Seitenhieb auf Bautzener Verhältnisse: „Wenn Sie mir das plausibel erklären können, nominiere ich Sie für den Bautzener Friedenspreis.“

Indem Erik Lehmann nicht nur als „kleiner Mann“ und Frauenversteher Uwe Wallisch mit der Jogginganzugjacke daherkommt, sondern auch als blasierter Milliardär, als bayerischer Förster und als frustrierter US-Drohnenpilot, bietet sich für Erik Lehmann die Gelegenheit, verschiedene Aspekte der großen und der kleinen Politik kritisch zu hinterfragen. Den Unterhaltungswert beziehen die Sketche nicht nur aus den ins Absurde getriebenen Situationen, sondern auch aus den von Lehmann genial beherrschten Dialekten. Als Uwe Wallisch ist er geborener Sachse, als Förster jongliert er gekonnt mit der bayerischen Mundart und natürlich bekommt er auch den Ami-Sprech perfekt hin.

Die grüne Joppe des bayerischen Försters gibt Lehmann die Möglichkeit, die Naturferne so mancher Großstädter und deren Kinder zu parodieren. Der Milliardär ist eigentlich eine Abrechnung mit dem immer ungleicher verteilten Reichtum im Turbokapitalismus. Und der arme Ami, der dazu verurteilt ist, seine Drohnen-Bomben per Fernsteuerung über Afghanistan abzuwerfen, mehr als bittere Satire.