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Zehntausend Rosen und sechs Kilo Glitter

Wochenlange Vorbereitung: Kaum ein Stück des Görlitzer Theaters war je so aufwendig ausgestattet wie „The Producers“.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Ines Eifler

Ist das Tapete? Oder sind das wirklich alles einzelne Rosen? „Ja, sind es“, sagt Franziska Hummel, Leiterin der Ausstattungswerkstätten des Görlitzer Theaters. „10 000 Stück.“ Jede einzelne davon haben Theaterplastiker Georgi Jankov, Franziska Hummel oder Praktikantin Lena Sophie Weichenhain für das Musical „The Producers“ in die Hand genommen, mit Kleber bestrichen und in die auf einen Rahmen gespannte, mit Satin beklebte Gaze gesteckt. Eine Blüte dicht neben die nächste, auf 40 Quadratmetern. Manche mussten sie vorher färben, weil sie in Grellgelb statt in Rosé geliefert wurden. Und den glänzenden Stoff haben sie an 10 000 Stellen eingeschnitten, damit die Stiele hindurchpassten. „Die vierteilige Rosenwand war unsere aufwendigste Kulisse in dieser Produktion“, sagt Franziska Hummel. Mehrere Wochen habe die Herstellung gedauert. Aber auch andere Kulissen hätten viel Arbeit gemacht, etwa die Wand in Ziegelsteinoptik, auf der in Nischen weiße Tauben sitzen. Jede Taube hat einen eigenen kleinen Vorhang und wird von je einem Tänzer hinter der Wand bewegt.

Szene aus dem Stück – mit Adrian Becker und Daniel Eckert.
Szene aus dem Stück – mit Adrian Becker und Daniel Eckert. © Pawel Sosnowski/80studio.net

Überhaupt sei „The Producers“ für die Werkstätten das arbeitsintensivste Bühnenstück seit vielen Spielzeiten gewesen, sagt Franziska Hummel, die zwar erst seit gut einem Jahr die Werkstätten leitet, aber schon seit 2004 am Theater arbeitet. „Damals war ich für ein Praktikum hier, um zu sehen, ob die Arbeit am Theater etwas für mich ist.“ Sie hatte nach dem Abitur am Gymnasium Augustum einen kreativen Beruf gesucht und am Theater sofort gefunden. Hier schloss sie eine Ausbildung zur Bühnenmalerin an, studierte etwas Theaterwissenschaft an der FU Berlin dazu, kam wieder, wurde Bühnenplastikerin und war dann zwei Jahre Aushilfe im Malsaal. Als sie sich als Leiterin der Werkstätten bewarb und die Stelle auch bekam, war sie zunächst in einer ungewohnten Rolle. Plötzlich war sie die Chefin von Menschen, die ihr sehr viel beigebracht hatten. „Aber ich habe mir die Aufgabe zugetraut“, sagt sie. „Es war erst ungewohnt, aber die Kollegen haben mich sehr dabei unterstützt, in der Position anzukommen.“ Und nun hat die 31-jährige Görlitzerin mit ihrem großen Team vom Mitarbeitern in Tischlerei und Malsaal, Requisite und Maske, Deko-Abteilung und Schneiderei die so groß ausgestattete Produktion „The Producers“ geschafft.

So viel Glimmer und Glitzer, so viele Kostüme aus Materialien von Plüsch bis Lack, so raffinierte Vorhänge, so viele Kulissen waren seit Langem nicht auf der Bühne des Görlitzer Theaters zu sehen. Nie gab es mehr Lichteinstellungen, nie mehr Umbauten, nie war mehr Technik im Einsatz. „Es ist auch das Stück mit den meisten Pailletten“, hatte der Schauspieler Adrian Becker nach einer Probe im April erzählt. Er spielt in „The Producers“ den homosexuellen Regisseur des Stückes „Frühling für Hitler“, der seinen Traum von einer großartig ausgestatteten Show auf dem Broadway verwirklicht und selbst am liebsten atemberaubende Kleider und Perücken trägt.

Die konkreten Mengen vieler Materialien kennt Franziska Hummel genau, weil sie den Bedarf kalkuliert und die Bestellungen ausgelöst hat: 700 Quadratmeter Stoff wurden für die Dekoration verbraucht, 300 Klebesticks für die Rosenwand, mehr als 200 Kostüme wurden geschneidert, sechs Kilogramm Glitter waren nötig, bis die Bühnenwände, der Boden und die Kleider das Publikum an den Broadway entführen konnten. Das Bühnenbüro der beiden Musicalproduzenten musste doppelt angeschafft und gebaut werden, davon einmal ganz in weiß, da das Büro im Stück bis zur letzten Ecke durchrenoviert wird. Die Mitarbeiter der Werkstätten waren bis kurz vor der Premiere intensiv mit dem letzten Schliff an der Ausstattung beschäftigt.

Morgen Abend ist das Stück zum letzten Mal vor dem Sommer zu sehen, Ende des Jahres gibt es vier weitere Aufführungen. Erst danach steht Franziska Hummel vor der Frage: Wohin mit der Rosenwand? „Auf jeden Fall behalten“, sagt sie, „so etwas kann man bei Veranstaltungen immer wieder gut gebrauchen.“

„The Producers“ letztmalig in dieser Spielzeit: Freitag, 23. Juni , 19:30 Uhr, Theater Görlitz