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Zehn Jahre qualmfrei

Raucherkneipen sind zu Raritäten geworden. Auch geteilte Räume mögen Raucher aus einem bestimmten Grund nicht.

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© Symbolbild/dpa

Von Dominique Bielmeier

Radebeul. Man muss schon suchen, wenn man sie noch finden will, die dunklen Eckkneipen, in denen der blaue Dunst träge über den Tischen schwebt, wo Geschäftsmänner bei Skatspiel und Bier windige Deals abschließen und die Kellnerin den Weg zu den Gästen nur erahnen kann. Die Zeiten der dicken Luft in der Gastronomie sind vorbei, und das seit mittlerweile zehn Jahren: 2007 wurde das Gesetz zum Schutz von Nichtrauchern beschlossen. Wer nun in seinem Lokal das Rauchen weiter erlauben wollte, musste entweder einen extra Raum dafür einrichten oder sich gleich – sofern das Lokal nicht größer als 75 Quadratmeter war – Raucherkneipe nennen.

Die „Kleine Einkehr“ in Radebeul ist so eine Rarität. „Die einen kommen extra wegen des Rauchens her, die anderen sagen, bei Ihnen ist es so schön, wenn nur nicht das Rauchen wäre“, erzählt Wirt Michael Hübner, selbst Raucher. Dass er sich „als Rauchergaststätte outen“ musste und Jugendliche unter 18 Jahren keinen Zutritt bei ihm haben dürfen, stört ihn nicht. Das Nichtraucherschutzgesetz hat ihm weder den großen Boom beschert, noch den großen Einbruch.

Vielleicht auch, weil der Wirt sich nichtraucherfreundlich gibt. „Es wollten schon kleine Gesellschaften zu mir kommen, da habe ich meinen üblichen Gästen eben gesagt, morgen können wir hier aber nicht rauchen, weil das die anderen stören würde“, sagt Hübner.

Chronik des Rauchverbots

Oktober 2007: Der sächsische Landtag beschließt das Gesetz zum Schutz von Nichtrauchern im Freistaat Sachsen. Rauchen ist nun u. a. in öffentlichen Einrichtungen, Schulen und Gaststätten verboten.

Februar 2008: Das Gesetz tritt in Kraft.

Dezember 2009: Der Landtag stimmt mit großer Mehrheit den Änderungen am Nichtraucherschutzgesetz zu. In Einraumkneipen, geschlossenen Gesellschaften und auf dem Gelände von Berufsschulen darf nun wieder geraucht werden.

Seit 1. März gilt in allen Wäldern Deutschlands Rauchverbot, um die Waldbrandgefahr einzudämmen. In der Nähe dürfen keine Lagerfeuer mehr gemacht werden.

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Sein Coswiger Kollege Lutz Wächtler, der die Stammbaum-Wirtschaft betreibt, eine kleine Eckkneipe mit 20 bis 25 Plätzen, in der geraucht werden darf, sieht es ähnlich gelassen. „Bis jetzt haben wir gute Erfahrungen damit gemacht“, erzählt er. „Die, die zu uns kommen, stört es nicht weiter.“ Und durch eine Filteranlage sei die Kneipe trotz des Rauchens gut belüftet.

Bei Martina Kunde ist die Luft immer frisch. Die Inhaberin des Gasthauses „Zur alten Unke“ in Altkötzschenbroda hat das Rauchverbot schon ein Jahr vor seiner Einführung freiwillig umgesetzt. „Weil ich es für gesundheitsschädlich halte und es furchtbar finde, wenn in einer Gaststätte geraucht wird, wo auch gegessen wird – es stinkt schrecklich und auch die Lüftung bekommt das nicht raus“, sagt sie. Ihre Gäste könnten zum Rauchen auf die Terrasse gehen und dort auch sitzen.

Probleme hat ihr diese strenge Regelung nie beschert, im Gegenteil: „Das kam sehr gut an, ich habe dadurch mehr Zulauf als vorher!“ Sogar die Raucher unter ihren Gästen würden sich freuen über die bessere Luft. „Kein einziger ist dadurch weggeblieben!“ Für die Wirtin ist es deshalb nicht nachvollziehbar, wenn andere Gastronomen sagen, das Verbot habe ihnen Umsatzeinbußen beschert. Sie kenne sogar Kollegen, die ihre extra gebauten Raucherräume wegen mangelnder Nachfrage irgendwann wieder abgeschafft hätten. „Darin sitzt man ja auch wie ein Affe im Gefängnis und schaut raus“, sagt Kunde und lacht.

Chariklia Prantzos, Juniorchefin im griechischen Restaurant Pallas Athene an der Meißner Straße in Radebeul, kann das bestätigen. „Als das Rauchverbot eingeführt wurde, wollten weiterhin viele Gäste rauchen“, erzählt sie. Deshalb wurden rund ein Drittel der Fläche als geschlossener Raucherraum abgetrennt. „Aber rund 80 Prozent unserer Gäste sind zum Rauchen trotzdem rausgegangen, weil sie sich komisch vorkamen, in einem extra Raum zu sitzen.“ Also wurde der Raucherraum 2014 wieder abgeschafft und das ganze Restaurant ist nun dunstfrei. Geraucht wird im Garten, wie es die Gäste ohnehin bevorzugen. „Nur ganz wenige haben sich beschwert“, sagt Prantzos. „In Deutschland haben sich die Leute dran gewöhnt.“

In Gaststätte und Hotel „Zum Hirsch“ in Radeburg wurde eine andere Lösung gefunden: Die Gäste dürfen zwar noch drinnen rauchen, aber mindestens zehn Meter weit weg von den Gästen, die essen. Nur zu Karneval gibt es einen extra Raucherraum. „Am Anfang habe ich noch gesagt, man hätte es den Gastronomen selbst überlassen sollen“, sagt Chefin Ute Klimke, „aber jetzt bin ich froh über das Verbot“. Das Rauchen habe ja allgemein nachgelassen.

Doch noch eine Entwicklung konnte Klimke beobachten – und die macht ihr weniger Freude. Viele Gäste spielen heute lieber an ihren Handys herum, als zum Beispiel Skat miteinander zu spielen oder zu knobeln. Und auch die windigen Deals werden längst woanders geschlossen.