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Zehn Jahre Badespaß

Viele Görlitzer lieben ihr Neißebad, demnächst wird der millionste Besucher erwartet. Gefeiert wird jetzt schon.

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© nikolaischmidt.de

Von Daniela Pfeiffer

Görlitz. Morgens halb sechs. Die Frühschicht holt die Beckensauger aus dem Wasser. Die machen über Nacht den Boden der Schwimmbecken sauber. Dann noch ein Kontrollgang der technischen Anlagen im Keller und schon öffnet das Neißebad.

Als Bademeister ist er von Anfang an dabei, erlebte auch den Eröffnungsansturm vor zehn Jahren.
Als Bademeister ist er von Anfang an dabei, erlebte auch den Eröffnungsansturm vor zehn Jahren. © Christian Suhrbier
© Pawel Sosnowski/80studio.net

Man sollte gar nicht glauben, wie viele Menschen morgens um sechs schon zum Schwimmen kommen, erzählt Badleiter Robert Kubitz. Nicht nur Rentner seien das, auch Berufstätige, die schon vor der Arbeit ein paar Bahnen ziehen möchten.

Und so geht es den ganzen Tag weiter. Über leere Becken kann das Neißebad-Team nun wirklich nicht klagen. Im Gegenteil: 10 Jahre nach der Eröffnung am 19. Oktober 2007 kommen mehr Wasserratten denn je. Eigentlich. Denn das Jahr 2017 startete mit einem ordentlichen Besucherminus. Knapp 2000 Besucher hat man da wegen des Bilderbuch-Winters draußen eingebüßt. „Trotzdem denken wir, dass wir das Jahr noch positiv abschließen können – so wie die beiden Jahre davor auch“, sagt Kubitz mit Blick auf die Bilanzen. Lange war das keine Selbstverständlichkeit, das bad schrieb rote Zahlen. Erholung kam erst, als die Stadt ihren Zuschuss und das Bad den Eintritt ab Januar 2015 erhöhte. Das hatte zunächst einen kleinen Besuchereinbruch zur Folge, dann gewöhnten sich die Leute offenbar daran.

Demnächst wird sogar der millionste Besucher erwartet – wahrscheinlich im November. Schulschwimmen oder Vereinssport ist dort nicht mit eingerechnet, sonst wären es noch einmal 700 000 Badegäste mehr. Egal ob zum Vereinssport, zu Kursen oder ganz normal zum freien Schwimmen – die Leute kommen. Manche sogar fünfmal die Woche, weiß Kubitz. Beinah schon legendär: die Veröffentlichung des neuen Programms der Görlitzer Volkshochschule (VHS), denn sie löst fast immer eine wahre Schlacht um die Plätze in den VHS-Wasserkursen aus. Viele sind stets schon nach wenigen Stunden ausgebucht. Man versuche, der stetig steigenden Nachfrage gerecht zu werden, versichert Kubitz. Aber noch freie Zeiten zu finden, sei schwierig geworden. Das Bad selbst bietet auch Kurse an – ebenfalls bestens nachgefragt.

Möglichst viel vom Geschehen unten im Bad mitzubekommen, ist Robert Kubitz wichtig. Er ist gewissermaßen Mann der ersten Stunden, war schon in der alten Schwimmhalle auf der Fichtestraße Bademeister. Längst lebt er mit seiner Familie in Görlitz, dass er aus Eibau stammt, hört man aber noch. An den Beginn in der neuen Schwimmhalle kann er sich noch gut erinnern. „Das war ein totaler Unterschied, alles hochmodern, alles automatisch“, sagt der 36-Jährige. Am Eröffnungstag standen die Menschen draußen Schlange. Später badeten der damalige Oberbürgermeister Joachim Paulick und Dieter Müller vom Postsportverein gemeinsam an. Eine Sauna werde folgen, hieß es am Anfang noch. Oft wurde seitdem danach gefragt, das hat mittlerweile nachgelassen. Nach zehn Jahren ging der Glauben an die versprochene Erweiterung wohl doch unter. „Irgendwo ist es noch im Hinterkopf, aber es gibt keine konkreten Pläne“, sagt Robert Kubitz.

Immer im Hinterkopf – oder auf der Anzeigetafel – muss in einem Bad natürlich die Wassertemperatur sein. 27 Grad zeigt das Thermometer im Neißebad an. Was hat es in den zehn Jahren nicht für Beschwerden und Debatten über diese Zahl gegeben. Viele Einträge im Bad-Gästebuch, die Temperatur sei zu kalt, viele Kommentare dazu auch in sozialen Netzwerken. Inzwischen ist auch das etwas weniger geworden. Die Vorgaben seien für ein Sportbad eben Temperaturen zwischen 26 und 28 Grad. Um Freizeitschwimmern, aber eben auch Wettkampfteilnehmern gerecht zu werden, hält man es im Neißebad mit dem goldenen Mittelweg.

Wettkämpfe gibt es oft. So wie an diesem Sonnabend, wenn die Bezirksmeisterschaften der Langstreckenschwimmer stattfinden. 320 Sportler werden erwartet, das bringt auch ein Neißebad an seine Grenzen. Für die Öffentlichkeit muss Kubitz das Bad am Sonnabend deshalb von 8 bis 18 Uhr schließen. Der größte Wettkampf, den das Neißebad ausrichten durfte, waren vor einigen Jahren die Sachsenmeisterschaften.

Aber nicht nur zu Wettkämpfen kann es passieren, dass die Öffentlichkeit mal nicht rein darf. Im April 2016 gab es einen prominenten Badegast, der das Bad für sich bekam und sogar in kompletter Montur abtauchte: Schauspielerin Yvonne Catterfeld, die hier eine Szene für den zweiten Teil der Krimiserie „Wolfsland“ drehte. Ein Star zum Anfassen. „Ja, wir durften schon gemeinsame Fotos machen“, sagt Kubitz. Ehrensache, dass den Film alle Badmitarbeiter gesehen haben.

Am liebsten ganz vergessen würden sie dagegen den dunkelsten Tag in der zehnjährigen Badgeschichte: den 20. Oktober 2011, als eine Siebenjährige, die mit ihrer Hortgruppe in den Herbstferien baden war, im Lehrschwimmbecken unterging, und dies erst Minuten später bemerkt wurde. Das Kind starb. So etwas möchte im Neißebad niemand mehr erleben. Umso größer ist die Freude darüber, dass so viele Eltern die Kinder oft schon im Kindergartenalter zu den Schwimmkursen anmelden – lange bevor sie dann in der zweiten Klasse zum Schulschwimmen ins Neißebad zurückkehren. Die Wartezeiten sind auch bei den Schwimmlernkursen teils sehr lang, mit Ferien- und Crashkursen versuche man, die Situation zu entspannen und so vielen Kindern wie möglich das Schwimmenlernen beizubringen.

So wie Robert Kubitz’ jüngerem Sohn, der das zurzeit auch im Neißebad lernt. Selbst beibringen wollte der Papa ihm das nicht – bei den eigenen Kindern sollen das lieber andere übernehmen, sagt er lachend. Schließlich ist auch genug zu tun an so einem Bademeister-Arbeitstag.

Tag der offenen Tür

  • am Donnerstag (19. Oktober), 10 bis 17 Uhr: mit Blick hinter die Kulissen, Führungen durch den Technikbereich, Glücksrad, Schnupperkurse, Kaffee und Kuchen und vergünstigter Eintritt von zwei Euro für den ganzen Tag Familientag
  • am Sonntag (22. Oktober), ab 14 Uhr, mit Diamantentauchen, Arschbombenwettbewerb, Quiz, Ballonkunst mit Zauberkathrin, ab 18 Uhr Schwimmen bei Kerzenschein

www.neisse-bad-goerlitz.de