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Zaster fürs Kataster

Das Landratsamt verschickt an Tausende Hausbesitzer Briefe. Deren Inhalt wirft Fragen auf.

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© Andreas Weihs

Von Carina Brestrich

Sebnitz/Pirna. Besser spät als nie. Das trifft auf einen Brief zu, der jetzt zum Beispiel in einigen Briefkästen in Freital-Pesterwitz gelandet ist. Darin bittet das Landratsamt die Grundstücksbesitzer, ihr Haus auf eigene Kosten vermessen zu lassen. Eine Forderung, die für Verwunderung sorgt. Denn die Häuser stehen teils seit mehr als 20 Jahren. Die SZ hat beim Landratsamt nachgefragt und festgestellt: Ein Einzelfall sind die Pesterwitzer nicht. Wer betroffen ist und was auf die Eigentümer zukommt, erklärt die SZ in einem Überblick.

Das Schreiben aus dem Landratsamt

Was hat es mit dem Schreiben vom Vermessungsamt auf sich?

Werden Häuser neu gebaut, erweitert oder (teil-)abgerissen, sind die Eigentümer dazu verpflichtet, die Änderungen ins Liegenschaftskataster aufnehmen zu lassen. Dazu müssen sie ihr Gebäude auf eigene Kosten vermessen lassen. Das schreibt das Vermessungsgesetz von 1991 vor. Demnach müssen die Änderungen spätestens zwei Monate nach der Fertigstellung an das Vermessungsamt gemeldet werden. „Für alle Gebäude, die vor 1991 gebaut oder verändert wurden, gilt diese Regelung nicht“, erklärt Thomas Franz, Leiter des Vermessungsamtes. Für alle späteren gilt: Gemeldet werden muss jede Bebauung auf einem Privatgrundstück, die mindestens zehn Quadratmeter groß und von Menschen begehbar ist. Carports, Hundezwinger oder Biogasanlagen sind also nicht unbedingt meldepflichtig.

Warum meldet sich die Behörde erst jetzt?

Das hängt mit der Digitalisierung des Liegenschaftskatasters zusammen. Seit 2006 werden alle Karten, die bis dahin nur in Papierform existierten, elektronisch erfasst. Zugleich werden die Karten mit aktuellen Luftaufnahmen hinterlegt und verglichen. „So können wir sehen, wo Häuser gebaut oder verändert worden sind“, sagt Thomas Franz. All jene Eigentümer werden angeschrieben. Der Abgleich dauert noch an. So müssen im Landkreis noch um die 200000 Flurstücke überprüft werden. Deshalb bekommen nicht alle zeitgleich Post.

Eigentlich sollten Eigentümer um die Meldepflicht wissen. Mit der Baugenehmigung werden sie darauf hingewiesen. „Die Erfahrung zeigt: Gerade, wenn man ein Haus baut und andere Dinge im Kopf hat, wird das schnell übersehen“, sagt Franz. Wer ein Haus kauft, dem rät er, vorher einen Blick ins Kataster zu werfen, ob das Gebäude in seiner aktuellen Form vermerkt ist, oder ob dafür Kosten einzuplanen sind.

Wer bekommt demnächst Post vom Landratsamt?

Seit 2006 hat das Landrastamt rund 3600 Grundstückeigentümer angeschrieben. Die Behörde arbeitet sich dabei von Gemeinde zu Gemeinde vor. So ist in den zurückliegenden Wochen unter anderem Freital abgearbeitet worden. Im kommenden Jahr müssen Eigentümer in Bannewitz, Wilsdruff, Dohna, Heidenau und Pirna mit Post vom Landratsamt rechen. Kleiner Trost: In der Adventszeit werden keine Schreiben verschickt, so das Landratsamt – dem Weihnachtsfrieden sei Dank.

Wozu sind die erhobenen Daten wichtig?

Das Liegenschaftskataster auf dem aktuellen Stand zu halten, ist eine der zentralen Aufgaben vom Vermessungsamt des Landkreises. Das Kataster enthält viele wichtige Informationen: Flurstücksgrenzen, Nutzungsformen, Anzahl und Größe von Gebäuden und Informationen zum Eigentümer. Das ist wichtig für öffentliche oder private Bauvorhaben. Denn wer einen Bauantrag stellt, der braucht einen Auszug aus dem Kataster. Auch einige Versicherungen und Geldinstitute verlangen bei Kreditanträgen solche Auszüge.

Wer übernimmt die Vermessung und was kostet das?

Mit der Vermessung darf nur ein öffentlich bestellter Vermesser beauftragt werden. Er vermisst die Gebäude nicht nur, sondern gibt die Daten auch ans Vermessungsamt weiter. Die Kosten sind ganz unterschiedlich. Für ein normales Wohnhaus liegen sie um die 850 Euro. Die öffentlich bestellten Vermesser haben einheitliche Gebühren.

Kann man gegen die Aufforderung auch in Widerspruch gehen?

Ja. Wer den Rechtsweg beschreitet, hat allerdings kaum Chancen, sagt Thomas Franz. „Sämtliche Gerichtsverfahren in Sachsen sind zuungunsten der Eigentümer ausgegangen.“ Widersetzt haben sich bisher nur wenige. So hat das Vermessungsamt jährlich um die 15 Ersatzvornahmen auf dem Tisch. Das heißt: Das Amt veranlasst die Vermessung und stellt sie dem Eigentümer in Rechnung. Bis es so weit kommt, hat der Eigentümer aber genug Zeit: Reagiert er nach dem ersten Schreiben nicht, verschickt die Behörde eine zweite Aufforderung. Erst danach wird sie nach Ablauf einer Frist selbst tätig.

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