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„Zar“ Putin erwartet die Welt

Kremlchef Putin will sich als weltoffener Gastgeber des G20-Gipfels präsentieren. Er findet ungeachtet von reichlich Streit mit den USA sogar schmeichelnde Worte für US-Präsident Obama.

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© AFP

Ulf Mauder

St. Petersburg. Passend zum sonnigen Spätsommer in der früheren Zarenmetropole St. Petersburg macht Kremlchef Wladimir Putin auch politisch auf gut Wetter. Während der von Sicherheitskräften belagerte Vorort Strelna am Finnischen Meerbusen noch auf die letzten Gäste des G20-Gipfels wartet, legt Gastgeber Putin am Mittwoch schon einmal vor: Er ist bereit zu offenen Gesprächen über die Syrien-Krise, trifft sich mit russischen Menschenrechtlern und lobt sogar US-Präsident Barack Obama als Partner. Vor allem aber will er über Wirtschaft reden.

Sowohl von den russischen Gastgebern als auch von US-Seite verdichteten sich Signale, dass Obama und Putin - anders als bisher geplant - doch intensiver miteinander reden wollen. Das könnte am Donnerstag oder Freitag passieren. „Präsident Obama ist ein sehr interessanter Gesprächspartner, ein konkreter und sachlicher Mensch“, sagt Putin in einem Interview. Er sei überzeugt, dass ein mögliches Treffen mit Obama nützlich wäre. Zu besprechen gebe es viel: die Lage in Nordkorea oder im Iran sowie der internationale Antiterrorkampf.

Putin wies als Gerede zurück, wonach Mimik und Gestik darauf schließen ließen, dass Obama und er sich nicht mögen. „Für mich ist es interessant, mit ihm zu arbeiten.“ Dabei sei klar, dass man jeweils Interessen seines Länder zu vertreten habe und niemand dem Volk des anderen gefallen wolle. Für Russland entstehe aber eben manchmal der Eindruck, die USA hätten es nur auf eine Schwächung des Partners abgesehen.

Psychologische Manöver

Seinen eigenen Kritikern will Putin vor seinem wichtigsten politischen Termin des Jahres in seiner Geburtsstadt ganz offenkundig den Wind aus den Segeln nehmen. Nein, er schließe ein militärisches Eingreifen von außen in dem Bürgerkriegsland Syrien nicht aus. Und nein, er hänge auch nicht an dem umstrittenen syrischen Machthaber Baschar al-Assad. Ein Abweichen von bisherigen russischen Positionen klingt allerdings anders.

Beobachter sehen darin allenfalls psychologische Manöver des früheren Geheimdienstchefs. Denn Putin sagt einmal mehr, dass er nicht daran glaube, dass sein Verbündeter Assad Giftgas gegen das eigene Volk eingesetzt habe. Er hält das für eine Provokation islamistischer Terroristen gegen Assad, um den Westen zu einer Militärintervention zu drängen. Und er betont, dass niemand das Recht habe, ohne ein Mandat der Vereinten Nationen einen souveränen Staat anzugreifen.

Auch anderen Streitthemen mit dem Westen versucht Putin, vor dem Gipfel die Schärfe zu nehmen: Etwa bei dem von Obama und auch von der Bundesregierung kritisierten gesetzlichen Verbot, auf lebensbejahende Weise über Homosexualität zu sprechen. Wer das tut, dem drohen in Russland Geldstrafen. Nun bietet Putin plötzlich sogar selbst an, sich mit russischen Homosexuellen zu treffen. Der russische Aktivist Nikolai Alexejew begrüßte Putins Angebot und hofft auch auf ein Treffen mit Obama am Rande des Gipfels.

Ungeachtet einer Vielzahl von Reizthemen weist Putin aber auch auf das eigentliche Ziel des Gipfels hin: Erfolgreich werde der nur, wenn es am Ende neue Schritte für wirtschaftliches Wachstum und neue Arbeitsplätze gebe. Verstärkt kämpfen wollten die 20 führenden Wirtschafts- und Industrienationen gegen Arbeitslosigkeit, Korruption, Steuerflucht und Finanzverbrechen. Doch welche Rezepte es konkret gibt, damit es den Menschen künftig besser geht, dazu machte der Gastgeber Russland keine Angaben. (dpa)