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Zahn um Zahn

Eishockey-Profi Petr Macholda hat schon vier Zähne verloren – trotzdem spielt er weiter.

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© Robert Michael

Von Sven Geisler

Dieser Mann kennt keine Angst, möchte man meinen, hat er aber: vor Spritzen. Petr Macholda musste in seiner Karriere als Eishockey-Profi schon einiges ein- und wegstecken. Aber was dem Verteidiger in der jüngsten Zeit passiert ist, das macht ihn zum Pechvogel der Dresdner Eislöwen. Erst hat er sich die Schulter ausgekugelt, dann zwei Zähne eingebüßt. „Natürlich dachte ich: Jetzt habe ich die Schnauze voll“, gibt der 35 Jahre alte Deutsch-Tscheche zu. „Ich war nicht weit entfernt davon, zu sagen: Es reicht mir.“

Aber er spielt weiter, natürlich, jetzt erst recht. „In dieser Phase will ich die Jungs nicht im Stich lassen, dafür haben wir sieben Monate hart gearbeitet.“ Im Viertelfinale der Deutschen Eishockey-Liga 2 liegen die Dresdner nach drei Spielen gegen Kaufbeuren mit 1:2 zurück, könnten mit einem Auswärtssieg am Dienstag ausgleichen. Vor der Abfahrt musste Macholda Montagfrüh erst noch mal zum Zahnarzt. „Ich bin jetzt fast täglich dort.“

Dabei fühlt er sich genauso unwohl wie die meisten – vor allem wegen der Spritzen. „Als Kind habe ich mir die Wackelzähne ohne ziehen lassen, aber leider geht es jetzt nicht anders“, erzählt er. Die Medikamente, die einer Entzündung vorbeugen sollen, lassen sich nicht über Tabletten verabreichen, sind für ihn jedoch unverzichtbar. „Die Gefahr ist durch die körperliche Anstrengung größer“, erklärt Macholda.

Zahn um Zahn: Vier hat er bei seinem Sport verloren – alle im Oberkiefer. Die große Lücke ist gerade gut sichtbar, und wenn er redet, blinken die stehengebliebenen hervor. Das mag furchteinflößend wirken, ist aber vor allem unangenehm. „Ich hoffe, dass ich bald wenigstens eine Prothese tragen kann, damit ich ein bisschen vernünftiger aussehe und unter Leute gehen kann – nicht mit so einem riesigen Loch im Mund.“ Was seine Leidensgeschichte besonders dramatisch macht: Ihm wurden jetzt ausgerechnet jene beiden Zähne gebrochen, die eine gerade erst fertiggestellte Brücke halten sollten. Über die Aktion seines ehemaligen Mitspielers Jeffrey Szwez im ersten Play-off-Duell vor einer Woche ärgert sich Macholda. „Das war schon eine harte Nummer, jeder ist für seinen Schläger zuständig.“ Trotzdem erkannte die DEL 2 bei dem Check von Szwez keine Absicht, den Kiefer des am Boden liegenden Dresdners zu treffen, und sperrte ihn nur für ein Spiel. Begründung: „Eine nachhaltige Verletzung wird nicht erwartet.“

Nun ja, die zwei Zähne hat Macholda nachhaltig verloren. Das gehört zum Berufsrisiko, der Mundschutz, den Eishockey-Profis tragen, fängt nur leichtere Schläge ab. „Bei so einem Check reicht er nicht“, musste der Eislöwe schmerzvoll erfahren. Deshalb war sein erster Gedanke nach dem 3:0 am Sonntag: „Geil, ich habe bis zum Ende gespielt, diesmal ist nichts passiert.“

Die Schulter muss operiert werden. Die Bänder sind locker, das Labrum – die Knorpellippe um die Gelenkpfanne – zerstört. Ob er nach der Saison Schluss macht, darüber mag er nicht nachdenken. „Ich habe Schmerzen in der Schulter, die Zähne tun weh, aber ich versuche durchzuhalten.“ Der Spruch, er beiße die Zähne zusammen, verbietet sich in seinem Fall.