Merken

Zahl der rechtsextremen Gewalttaten gestiegen

Die Opferberatung meldet 17 Angriffe in Mittelsachsen. Die Dunkelziffer ist vermutlich deutlich höher.

Teilen
Folgen

Von Peggy Zill

Die Zahl rechtsextremer Gewalttaten im Landkreis ist im vergangenen Jahr gestiegen. Das geht aus der Statistik der Opferberatung der Regionalen Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie (RAA Sachsen) hervor. Demnach gab es 17 Gewalttaten. Das sind drei mehr als noch 2012. Nach einem Rückgang der Fallzahlen in den vergangenen Jahren stieg die Zahl rechtsmotivierter Angriffe 2013 auch sachsenweit erstmalig wieder deutlich an, von 155 auf 223. Die RAA zählt ausschließlich Gewalttaten. Beleidigungen, rassistische Diskriminierung oder einfache Sachbeschädigungen werden nicht berücksichtigt.

„Im Landkreis Mittelsachsen – insbesondere im Raum Döbeln, Leisnig – bewegt sich die Anzahl der Angriffe seit Jahren auf hohem Niveau“, heißt es im Bericht. Die Hälfte der Gewalttaten, von denen meist alternative Jugendliche betroffen waren, seinen nicht zur Anzeige gebracht worden. Deshalb sei von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Die Opferberatungsstellen sind in ihrer Arbeit auf Hinweise von Betroffenen, Kooperationspartnern sowie auf Meldungen der Polizei oder der lokalen Presse angewiesen. In manchen Gegenden gibt es da noch „weiße Flecken“, wie Andrea Hübler, Beraterin des RAA, erklärt. Geringere Zahlen ließen deshalb nicht zwangsläufig auf ein tatsächlich niedriges Fallaufkommen schließen, sondern hängen mit den mangelnden Informations- und Kontaktmöglichkeiten in einigen Gegenden zusammen.

Für manche Opfer ist außerdem die Hemmschwelle, Angriffe zu melden, höher. „Besonders alternative Jugendliche sehen es nur selten als Weg der Verbesserung, eine Anzeige zu erstatten“, so Hübler. Bedrohungen oder leichte Verletzungen werden als Lappalien betrachtet, die zum Alltag gehören.

Setzt man die Angriffe im Kreis ins Verhältnis zur Einwohnerzahl, liegt Mittelsachsen mit 5,4 Gewalttaten auf 100.000 Einwohner nach dem Landkreis Nordsachsen, dem Erzgebirgskreis und dem Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge auf Platz 4 der Landkreise. Hauptschwerpunkte rechter Gewalt bleiben die Großstädte Leipzig und Dresden.

Kommunen reagieren schnell

Dass Rechtsextremismus im Landkreis ein Thema ist, bestätigt auch Katrin Dietze, die Extremismusbeauftragte des Kreises. Auf spezielle Orte, in denen es am gefährlichsten ist, will sie sich jedoch nicht festlegen. Jede Gewalttat, ob links- oder rechtsorientiert, sei eine zu viel, sagt die Extremismusbeauftragte. „Grundsätzlich bin ich mit meiner Arbeit präventiv tätig und bringe mich entsprechend ein“, fasst Katrin Dietze ihre Aufgabe zusammen. Sie versuche, ein Netzwerk zwischen Kommunen, Vereinen und Behörden zu bilden. Sobald irgendwo ein Problem auftauche oder sich Straftaten konzentrieren, komme man ins Gespräch. „Durch die Arbeit der vergangenen Jahre sind viele auch sensibler geworden und rufen mich bei Hinweisen und Tendenzen an“, so Dietze. Zum Beispiel wenn die JN, die Jugendorganisation der NPD, Kundgebungen oder Demos anmeldet. „Die Städte und Gemeinden sind da sehr engagiert. Auch viele Vereine unterstützen die Kommunen mit kurzfristigen Aktionen.“ Als die Rechtsextremen zum Beispiel auf dem Roßweiner Markt eine Kundgebung abhalten wollten, konnten innerhalb weniger Stunden zahlreiche Gegendemonstranten mobilisiert werden. Die Stadt sorgte dafür, dass die Kundgebung nur auf einem kleinen Parkplatz stattfinden konnte.

Im Kreis gibt es viele Ideen für präventive Arbeit und Projekte. Finanzielle Unterstützung kommt durch das Bundesprogramm „Toleranz stärken – Demokratie fördern“. Rund 90.000 Euro wurden in den vergangenen Jahren zur Verfügung gestellt. Demnächst wird über die Vergabe der Gelder für das laufende Jahr entschieden. Ob die Projekte etwas bringen, lässt sich laut Katrin Dietze nur schwer messen, höchstens an den Teilnehmerzahlen. „ Ich bin mir aber sehr sicher, dass die Projekte schon viele zum Nachdenken gebracht haben“, so Katrin Dietze.

Die Opferberatung RAA Sachsen ist in Chemnitz unter Tel. 0371 4819451 oder per E-Mail [email protected] erreichbar.