Merken

Zähes Ringen um Schulsozialarbeiter

Lehrer sind froh über die Entlastung durch die Sozialpädagogen. Doch es ist ein Job voller Entbehrungen.

Teilen
Folgen
NEU!
© Dietmar Thomas

Von Tina Soltysiak

Mittelsachsen. Wenn es Zuhause wieder einmal Streit zwischen den Eltern gab, können sich einige Schulkinder im Klassenzimmer nicht konzentrieren. Diese Erfahrung hat Susan Krause gemacht. Sie war drei Jahre lang Schulsozialarbeiterin an der Förderschule in Roßwein. „Die Kinder haben den Förderbedarf Lernen, viele sind außerdem verhaltensauffällig“, sagt sie. Ihre Aufgabe war es, die Schüler zur Seite zu nehmen und ihnen zuzuhören. „Ich hatte auch die Möglichkeit, mit den Familien zu sprechen – so sie es wollten“, sagt Susan Krause. Sozialpädagogik sei eine lang andauernde, immer wiederkehrende Arbeit. Erfolge in Zahlen auszudrücken, sei da kaum möglich. „Aber bei Schülern, die ich längerfristig betreut habe, waren Fortschritte zu sehen“, sagt sie.

Im Jugendhilfebericht für das vergangene Jahr führt der Landkreis im Altkreis vier Schulen, die einen qualifizierten Sozialarbeiter einsetzten, sowie drei, die an dem Projekt „Soziale Schule“ teilnahmen: das Lessing-Gymnasium in Döbeln sowie die Ober- und die Förderschule in Roßwein. Das Programm „Soziale Schule“ wurde mit Geld aus dem Europäischen Sozialfonds finanziert. Die Schulsozialarbeiter waren nicht direkt über die Bildungseinrichtungen, sondern über Trägervereine angestellt: die Don Bosco Jugendwerk gGmbH Sachsen sowie den Deutschen Kinderschutzbund/Regionalverband Freiberg.

12 700 Euro für zehn Leute

„Sie sind Mitte Juni dieses Jahres mit insgesamt zehn Projekten an zehn Schulen ausgestiegen“, so Heidi Richter, Abteilungsleiterin Jugend und Familie im Landratsamt. Allerdings ist der Tenor einheitlich: Schulsozialarbeiter werden dringend gebraucht – und zwar an jeder Schule. Die Träger haben deshalb das Förderprogramm gewechselt. Es nennt sich „Chancengerechte Bildung“. Der Landkreis beteiligt sich an der Finanzierung in diesem Jahr mit einem Betrag von maximal rund 12 700 Euro. Das hat der Jugendhilfeausschuss beschlossen.

Während das Lessing-Gymnasium und die Roßweiner Oberschule ihre Schulsozialarbeiter zumindest bis Ende des Jahres weiter beschäftigen können, ist die Stelle an der Albert-Schweitzer-Förderschule frei. „Frau Krause arbeitet jetzt als Seiteneinsteigerin als Lehrerin bei uns“, erklärt Schulleiterin Birgit Saupe. Für Susan Krause ist das eine Erleichterung. „Ich habe jetzt eine sichere Stelle“, sagt die 34-Jährige. Denn die Beschäftigung über die Trägervereine sei mit vielen Unsicherheiten und Entbehrungen verbunden. Das liegt aber nicht an den Vereinen, sondern am Konzept der Förderprogramme. „Während der Sommerferien musste ich mich zum Beispiel immer arbeitslos melden“, sagt Susan Krause. Die staatlich anerkannte Sozialdiplompädagogin und Sozialarbeiterin bekam vom Arbeitsamt Stellen angeboten, auf die sie sich bewerben musste. „Wenn ich das nicht gemacht habe, wurden Leistungen gekürzt, oder gestrichen“, erklärt sie. Inzwischen ist die 34-Jährige Mutter geworden. „Seit dem Ende meines Studiums 2006 hatte ich immer nur befristete Anstellungen. Nun kann ich besser planen“, sagt sie.

Dafür hat Schulleiterin Birgit Saupe Verständnis. „Es kann nicht sein, dass den jungen Leuten nur Arbeitsverträge mit einer Laufzeit von wenigen Monaten angeboten werden. So können wir keine solide Schulsozialarbeit aufbauen“, sagt sie. Außerdem untergrabe die Ungewissheit gepaart mit dem hohen, teils unnötigen Dokumentationsaufwand irgendwann die Arbeitsmoral, meint Birgit Saupe.

Arbeitsvertrag bis Jahresende

Von dem vielen Papierkram kann Susan Krause ein Lied singen. Die Sächsische Aufbaubank (SAB) wollte schließlich wissen, wofür sie das Fördergeld bereitstellt. „Ausgelegt war das Programm Soziale Schule für Siebt- bis Zehntklässler. Wenn ich Einzelfälle in den Klassenstufen 5 und 6 betreuen wollte, musste ich sie extra beantragen“, erklärt sie. Ging es nach der SAB, hätten zu Schuljahresbeginn 20 Kinder und Jugendliche bestimmt und wöchentlich betreut werden sollen. „Schulsozialarbeit ist aber nicht berechenbar“, sagt Susan Krause. Schließlich entstünden Probleme und Handlungsbedarf auch während des laufenden Schuljahres. Der Einsatz als Schulsozialarbeiterin hat ihr Spaß gemacht. „Natürlich sprechen mich die Kinder immer noch an. Aber ich kann mich nicht mehr wie vorher um alle kümmern“, sagt sie. Die 34-Jährige ist jetzt Klassenleiterin und muss sich um andere organisatorische Dinge kümmern. Thomas Winter, Leiter der Roßweiner Oberschule, ist absolut dafür, dass an jeder Schule mindestens ein Sozialpädagoge eingesetzt werden sollte. „Lehrer können während ihrer Dienstzeit nicht alles leisten, selbst wenn sie es wollen. Schulsozialarbeiter sind da eine große Hilfe und Entlastung.“ Zudem seien sie nicht nur Ansprechpartner und Vermittler für die Kinder, sondern auch für Lehrer, Direktoren und die Eltern. „Wir sind wirklich froh, dass wir unsere Sozialarbeiterin haben“, sagt er. Allerdings ist ihr Vertrag, wie bei allen anderen auch, bis Ende des Jahres befristet. Dann verhandeln die Fördergeldgeber und die Trägervereine neu. Mit einem ungewissen Ausgang. „Die Entscheidungen fallen meist kurzfristig“, erklärt die Förderschulleiterin Birgit Saupe.