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Wolfsfotos und ein Käse für 10 000 Euro

Auf der Grünen Woche setzt sich Sachsens Landwirtschaftsminister Schmidt für Vielfalt ein. Er bekommt reichlich. Ein Messerundgang.

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Von Georg Moeritz, Berlin

Fünf Bier, zwei Glas Sekt, zwischendurch Sauerkrautsüppchen aus Pirna und Holunderblüteneis aus Großpostwitz – so sieht der Ernährungsplan eines Ministers auf dem Sachsentag der Grünen Woche aus. Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt (CDU) absolvierte diesen Rundgang am Montag zum vierten Mal seit Beginn seiner Amtszeit. Weinkönigin und Vogtländische Kartoffelprinzessin an seiner Seite lenkten davon ab, dass der sächsische Minister an manchem Glas nur nippte. Die Sängerin Stefanie Hertel begleitete Schmidt auf einem Teil der Strecke, weil sie aus dem Vogtland stammt. Das ist in diesem Jahr die Region, die Sachsens Bühnenprogramm in Halle 21b gestaltet. Hertel sang allerdings nicht und bekannte bei der Eröffnung, Vegetarierin zu sein. Die Zuschauer an den Esstischen nahmen es kauend zur Kenntnis, bei Schweineschnitzel im Brötchen für vier Euro.

Auch Lautergold Schnaps von Paul Schubert war auf der Grünen Woche präsent.
Auch Lautergold Schnaps von Paul Schubert war auf der Grünen Woche präsent. © Robert Michael
Stephanie Bierholt aus Schleife zeigt die sorbische Ostereier-Wachsmaltechnik.
Stephanie Bierholt aus Schleife zeigt die sorbische Ostereier-Wachsmaltechnik. © dpa

Minister Schmidt wollte beim Messerundgang vor allem „die Unternehmer treffen“, die sächsischen Nahrungsmittelhersteller. Der diplomierte Agrar-Ingenieur nimmt häufig Wirtschaftstermine in Sachsen wahr und konkurriert mit Wirtschaftsminister Martin Dulig von der SPD. Die Grüne Woche ist jedes Jahr ein Politikum, auch wenn in den Hallen Häppchenjäger und Trachtenträger das Bild bestimmen. Am Eröffnungswochenende hatten wieder Tausende Demonstranten für eine Agrarwende demonstriert und Schilder für mehr Tierwohl geschwenkt. Zwei Trecker auf der Demo kamen vom Biohof Mahlitzsch aus Nossen. Dort beklagt Biolandwirt Nikola Burgeff, die bäuerliche Landwirtschaft werde immer mehr durch „industrielle Strukturen“ verdrängt. Doch Minister Schmidt gibt auf der Grünen Woche wie stets ein Bekenntnis zur Vielfalt ab, verkostet Karpfenchips ebenso wie die König-Albert-Kartoffel aus der Sortensammlung des vogtländischen Experten Ulrich Gündel.

Verwirrung um den Sachsenbarsch

Roman Schiemann und seine Freunde aus Neudörfel bei Kamenz suchen auch die Vielfalt auf der Grünen Woche. Als Stammkunden haben sie sich in den Bus nach Berlin gesetzt und als erstes Schweizer Käse gekauft. Den durften sie vorher auch probieren: Die Schweizer und Österreicher gelten als freigiebig mit Proben. Anderswo gibt es kaum etwas gratis, hat Schiemann festgestellt. Nur der Minister und sein Gefolge müssen nicht für die Friweika-Kartoffelpuffer und das Komet-Softeis bezahlen. Gratis könnte Roman Schiemann allerdings Ansichtskarten am Stand des sächsischen Landwirtschaftsministeriums bekommen. Die Postkarten sollen die „biologische Vielfalt“ in Sachsen abbilden, mit Motiven wie Hamster, Storch und „Europäischer Grauwolf“. Der ist allerdings ganz unten im Kartenständer eingeordnet. Schiemann hätte sich wohl nicht gefreut: Er hält Schafe und weiß, dass der Wolf schon in seinem Nachbardorf war.

Das teuerste Ausstellungsstück in der Sachsenhalle hat Tobias Kockert mitgebracht: Nur für 10 000 Euro würde er sich von dem Laib Käse in seiner Vitrine trennen. Der ist nämlich zehn Jahre alt und war einer der ersten Käse, mit denen die Krabat-Milchwelt 2008 in die Produktion startete. Kockert bedauert, dass außer ihm kaum Landwirte auf der Grünen Woche zu sehen seien. Er wolle Werbung machen „für die Wertschätzung von Lebensmitteln“. Schon beginne der Milchpreis wieder zu fallen.

Ganz andere Gründe bringen Gerolf Pöhle und Nick Zimmer aus der Oberlausitz auf die Grüne Woche. Pöhle als Chef von Komet in Großpostwitz hat 15 Sorten Kochpudding in bunten Tüten dabei. Die Grüne Woche sei „eine reine Verbrauchermesse“, sagt Pöhle. Ihm gehe es dort ums Verkaufen und darum, die Marke bekannt zu halten. Auch Nick Zimmer als Betriebsleiter der Kirschauer Aquakulturen setzt in Berlin vor allem auf kaufende Passanten. Für drei Euro hat er den Sachsenbarsch-Bratling im Angebot. Sachsenbarsch? Das ist eigentlich ein Tilapia, „aber wir haben ihn umbenannt, nachdem Berliner ihn als Hauptstadtbarsch angeboten haben“. Die Kirschauer Bratlingssemmeln gehen allerdings nicht so gut weg, wie Zimmer es erhofft hat. Der Aussteller teilt mit dem Käsespezialisten Tobias Kockert den Eindruck, in der Sachsenhalle gehe es eher ruhig zu.

Sachsens Brauerbund-Präsident Steffen Dittmar empfängt die Freunde seines Löbauer Biers diesmal nicht an einem der 13 Ausschank-Trabis aus seiner Sammlung. Der große Werbeballon muss als Blickfang reichen. Und noch ein Hingucker aus Sachsen fehlt: die Tierfuttermarke Wolfsblut aus Leipzig. Firmensprecher Thomas Bernadotte sagt, den Holzstand aufzubauen sei aufwendig. Wolfsblut orientiere sich zunächst auf die Messe Interzoo.