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Wolf reißt Damkuh in Großdrebnitz

Züchter Claus Fröde büßt bereits das vierte Tier seiner Herde in nur einem Monat ein. Nun reicht’s ihm.

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© Steffen Unger

Von Jana Ulbrich und Ingolf Reinsch

Das tote Damtier liegt noch auf der Wiese – übel zugerichtet. Der Bauch ist aufgerissen, die Eingeweide quellen hervor. Der Wolf hat nicht gefressen. Nur getötet. Die Kuh war tragend. Claus Fröde steht mit hängenden Armen daneben und schüttelt immer wieder den Kopf. Als ob er nicht glauben kann, was er doch sieht.

Gerade waren die Mitarbeiterinnen vom Lupus-Institut hier in seinem Damwild-Gehege am Ortsrand von Großdrebnitz. Sie haben dem Tier am Hals ein Stück Fell abgezogen. Die Bissspuren, die sie so besser sehen können, sind eindeutig. Jetzt können die Leute von der Tierkörperbeseitigung kommen. Claus Fröde will von dem gerissenen Damwild nichts mehr essen.

Vielleicht waren es ja mehrere Wölfe, vermutet er. Ein zweites Tier ist verletzt. Am Hinterbein ist das rohe Fleisch zu sehen. Mühsam versucht es, der Herde zu folgen, die noch immer aufgeregt durch das Gehege hetzt. Die Tiere sind nicht zu beruhigen, nach dem, was da letzte Nacht passiert sein muss.

Schon das dritte Mal in dreieinhalb Wochen ist der Wolf in die Damwild-Herde eingedrungen. Das erste Mal, Mitte März, tötete er zwei Tiere, das zweite Mal, am Dienstag vergangener Woche, ein Tier. Beide Male hat er sich unter dem Drahtzaun hindurchgegraben. Wie er es diesmal geschafft hat? Claus Fröde zuckt mit den Schultern. „Das weiß keiner“, sagt er. Das Gehege ist ein paar Hektar groß. Der zwei Meter hohe Wildzaun, der es umgibt, ist lang. „Ich muss mir jetzt ein Angebot für einen Elektrozaun machen lassen, das wird wohl nicht anders werden“, murmelt Claus Fröde. Er sieht immer wieder nach dem verletzten Tier. Er wird es dann gleich von seinem Leiden erlösen. Der Großdrebnitzer züchtet seit rund 15 Jahren Dammwild im Nebenerwerb und verkauft das Fleisch ab Hof. Den wirtschaftlichen Schaden der bisherigen Wolfsrisse schätzt er auf zweieinhalbtausend Euro.

Lange Zeit herrschte Ruhe

Mehr als ein Jahr war es ruhig um die Wölfe im Bischofswerdaer Raum. Die letzten vom Wolfsbüro Lupos dokumentierten Fälle, wo südlich der Stadt Tiere von Wölfen gerissen worden sind, liegen anderthalb Jahre zurück. Im Herbst 2013 hatte es mehrere Übergriffe des Räubers auf Schafe in Großdrebnitz, Putzkau und Rückersdorf, aber auch in Frankenthal gegeben. Erfahrene Jäger wie Andreas Wunde aus Putzkau vermuten, dass der Wolf nach Großdrebnitz bald zurückkehren wird. „Tiere im Gatter, die dort nicht ausbrechen können, sind für ihn eine leichte Beute“, sagt er.

In der Vergangenheit hatte Andreas Wunde wiederholt Wolfsspuren am Rüdenberg entdeckt. „Seit längerer Zeit ist Ruhe. Auch im Winter waren keine Wolfsfährten zu sehen“, sagt er. Auch das Rudel im Hohwald gibt es offenbar nicht mehr. Derzeit ist nur noch ein Tier nachgewiesen. „Wir betreiben drei Fotofallen, wo wir immer wieder Aufnahmen bekommen. Die letzten stammen vom Januar 2015 und aus dem November vergangenen Jahres“, sagt Detlef Uhlig, Wolfsbeauftragter im Nachbarlandkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge. Vermutet wird, dass der Wolf oder die Wölfe, die in Großdrebnitz wüten, streunende Tiere sind, die zu keinem Rudel gehören. Dass der Räuber sein Domizil im Rüdenberggebiet hat, hält Revierförster Mike Metka für unwahrscheinlich. „Das Rüdenberggebiet wäre für den Wolf viel zu klein“ sagt er. Eher könnte es sich schon um den Wolf aus dem Hohwald handeln. Für diese Tiere ist es kein Problem, größere Wegstrecken zurückzulegen. Doch erwiesen ist das nicht.

Noch keine Antwort vom Amt

Wildzüchter Claus Fröde hat inzwischen die ersten Anträge geschrieben, damit er für seinen Verlust entschädigt wird. Eine Antwort vom Amt gibt es noch nicht, sagt er. Da sein Wildgatter mit einem circa zwei Meter hohen Zaun gesichert ist, hat er Anspruch auf Entschädigung. Doch auch um zu verhindern, dass sich Wölfe unterm Zaun durchgraben, können Tierhalter Vorkehrungen treffen, sagt Helene Möslinger vom Wolfsbüro Lupos. Metallzäune etwa sollten auch ein Stück in die Erde gelassen werden, rät sie. Wo das nicht möglich ist, könnten auch stromführende Kabel unmittelbar vor dem Zaun den Wolf vom Graben abhalten. Wieviele Wölfe es tatsächlich in der Region gibt, können auch die Wolfsschützer nicht mit Sicherheit sagen. „Gerade deshalb freuen wir uns über jeden Hinweis von Leuten, die einen Wolf gesehen haben“, sagt Helene Möslinger.

Kontaktbüro fürs Wolfsmonitoring: 035772 46762

www.wolfsregion-lausitz.de