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Wohnen, wo einst gelehrt wurde

Der Umbau der ehemaligen Wildenhainer Schule ist fast abgeschlossen – Bauherr Jürgen Schwarz lud zur Besichtigung.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Manfred Müller

Wildenhain. Fast jeder, der am Samstagnachmittag durch das frühere Schulhaus von Wildenhain schlenderte, hatte seine speziellen Erinnerungen. Helmut Treppe steht versonnen auf dem Dachboden, und seine Gedanken wandern 75 Jahre zurück. „Hier oben wurden während des Krieges die Blüten und Blätter getrocknet, die wir Kinder im Wald gesammelt hatten“, erzählt er. Das Gemisch aus Linde, Brombeere, Erdbeere und anderen Gewächsen wurde dann zu einer Art Früchtetee verarbeitet. Oft habe er durch die kleinen Dachfester hinüber Kirchturmuhr geschaut, erinnert sich der 89-jährige Wildenhainer.

Burkhard und Günter Rusch haben sogar jahrelang im Schulgebäude gelebt. Im ersten Stock befanden sich zwei Lehrerwohnungen, und in einer davon wohnte Oberlehrer Erich Rusch mit Familie. Seine beiden Söhne waren altersmäßig nur zehn Monate auseinander, sodass sie die gleiche Klasse besuchen konnten. „Dort drüben im Waschhaus wurde am Wochenende gebadet“, erzählt Burkhard Rusch. Der Großenhainer hat viele lebendige Erinnerungen an seine Kinderzeit in Wildenhain. Ans Schlittschuhlaufen auf der Röder etwa oder ans Baden hinterm Wehr. „Wenn drüben auf dem Friedhof ein Begräbnis war, haben wir Kinder oft heimlich aus dem Bodenfenster zugeschaut“, sagt er.

Josefa Hampsch erinnert sich vor allem an die zwei Jahre, die sie hier zur Schule gegangenen ist – von 1947 bis 1949. „Ich kam aus Ungarn und hatte große Probleme mit der Sprache“, erzählt sie. Jürgen Weigel hingegen kam erst später nach Wildenhain und kennt sich mit der älteren Dorfgeschichte nicht so aus. Als Ortsvorsteher hatte er aber seinen Anteil daran, dass das Gebäude erhalten bleibt und wieder einer sinnvollen Nutzung zugeführt wird. „Das Haus gehörte je zu einer Hälfte der Kommune und der Kirche“, erklärt er. „Als Wildenhain nach Großenhain eingemeindet wurde, haben wir darauf gedrungen, dass die Stadt die Stadt den Kirchenteil kauft.“ Nur so sei es möglich gewesen, einen privaten Interessenten zu finden, der etwas aus dem Gebäude macht.

Ideale Wohnlage

Dass sich mit Jürgen Schwarz auch noch ein Wildenhainer bereitfand, die alte Schule umzubauen, ist eher ein Zufall. „Ich bekam von der Stadt den Auftrag, die Sanitärinstallation stillzulegen“, erzählt der ortsansässige Handwerker. Als er sich das Gebäude näher ansah, sei ihm die ideale Wohnlage klargeworden, und er habe es kurzerhand gekauft. Innerhalb von Jahresfrist hat Jürgen Schwarz es geschafft, das alte Schulhaus nahezu komplett bezugsfertig zu bekommen. Vieles hat der selbstständige Handwerker in Eigenleistung gebaut und montiert. Die Innenräume wurden leicht verändert, einzelne Wände wurden herausgenommen, Durchgänge zugemacht, um eine optimale Raumaufteilung zu erreichen. Die vier Wohnungen sind zwischen 96 und 106 Quadratmetern groß, haben einen Balkon, dazu Garage, Trockenraum, Abstellkammer und Keller. Das Dachgeschoss ist nicht ausgebaut – das wäre wegen der Brandschutzbestimmungen zu teuer geworden. Drei der Wohnungen sind bereits vergeben, und auch für die vierte, im Erdgeschoss liegende, gibt es bereits Anfragen. Die alte Wildenhainer Schule ist bereits die dritte Dorfschule in einem Ortsteil von Großenhain, die in ein Wohnhaus verwandelt wurde. Zuvor gab es bereits in Folbern und Bauda attraktive Umbauten. Nächstes Projekt dieser Art ist das ehemalige Schulgebäude in Walda.