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Wohnen auf der grünen Wiese

Am Donnerstag entscheidet der Stadtrat über ein neues Baugebiet in Pesterwitz. Der Ortschaftsrat gibt grünes Licht dafür.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Tobias Winzer

Freital. Pesterwitz soll in den kommenden Jahren ein ganzes Stück Richtung Dresden wachsen. Nachdem bereits seit drei Jahren über ein neues Baugebiet an der Dölzschener Straße diskutiert wird, stehen nun die Entscheidung darüber und der Baustart unmittelbar bevor. Die Sächsische Zeitung beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem Millionenprojekt.

Was ist auf der Fläche genau geplant?

Die Freitaler Projektentwicklungsgesellschaft (FPE), ein Tochterunternehmen der Stadt, will die Brache zu einer neuen Einfamilienhaussiedlung machen. Auf dem insgesamt sechs Hektar großen Grundstück – das entspricht etwa der Größe von zehn Fußballfeldern – sollen 56 Baugrundstücke erschlossen werden. Die Erschließung übernimmt die FPE. Für den Rest sind die Häuslebauer verantwortlich. Die Grundstücke sollen durchschnittlich 735 Quadratmeter groß sein. Sie können mit Einfamilien- und Doppelhäusern bebaut werden.

Die neue Siedlung ist in zwei Teile gegliedert. Die Zufahrt zum südlichen und weitaus größeren Teil erfolgt über die Dölzschener Straße. Der nördliche Teil kann über die Straße „Schöne Aussicht“ erreicht werden. Zwischen den beiden Wohngebietsteilen ist ein Park geplant.

Warum plant die Stadt das neue Wohngebiet?

Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass Freital in den kommenden Jahren wächst. Sie bezieht sich dabei auf eine Studie des Leibniz-Instituts für Ökologische Raumentwicklung, wonach bis 2027 eine Bevölkerungszunahme zwischen fünf und zehn Prozent zu erwarten ist. Um Wohnungen für diese Neu-Freitaler zu schaffen, müssten nach Angaben des Rathauses insgesamt 50 bis 70 Hektar bebaut werden. Das Wohngebiet an der Dölzschener Straße ist ein Anfang. Natürlich geht es bei der Entwicklung des neuen Baugebietes auch um jede Menge Geld. Der Vorgänger der jetzt zuständigen FPE, die Pesterwitzer Projektentwicklungsgesellschaft (PPE), hat das Grundstück in den 1990er-Jahren zur Wohnbebauung gekauft. Wenn man die Fläche jetzt nicht entwickeln würde, bliebe man auf den Kosten sitzen. Durch den Verkauf der 56 Baugrundstücke sind nun Einnahmen zwischen fünf und sechs Millionen Euro zu erwarten.

Worüber entscheidet der Stadtrat am Donnerstag?

In den vergangenen drei Jahren hat die Stadt insgesamt acht Varianten für das neue Wohngebiet geprüft. Übriggeblieben ist eine. Für diese wurde seit dem vergangenen September ein Bebauungsplan aufgestellt. Darin sind die Regeln festgelegt, an die sich die FPE bei der Entwicklung des Grundstücks halten muss. Am Donnerstag soll der Stadtrat nun diesen Bebauungsplan beschließen. Nach einer anschließenden Prüfung durch das Landratsamt bestünde Baurecht. Am Montagabend hat der Pesterwitzer Ortschaftsrat bereits über den Bebauungsplan diskutiert. Das Gremium, dessen Votum nur empfehlenden Charakter hat, stimmte mehrheitlich für das Vorhaben. Dabei gab es aber auch Kritik.

Welche Kritik gibt es an dem Vorhaben?

Der Bebauungsplan lag Ende des vergangenen Jahres öffentlich aus. Insgesamt gab es 43 Stellungnahmen von beteiligten Behörden, von Nachbargemeinden und auch Bürgern. Die weitreichendste Kritik kam aus dem Umweltamt des Landkreises. Die Behörde bemängelt, dass die Stadt zu wenig tut, um die Eingriffe in die Natur auszugleichen.

Bei den Kritikpunkten der Bürger geht es um verschiedene Dinge: Einige kritisieren, dass die Einfamilienhäuser zu hoch sind. Andere befürchten, dass die Architektur der Häuser nicht zu Pesterwitz passt. Die direkten Anwohner kritisieren außerdem, dass ihnen beim Kauf ihrer Grundstücke ein freier Elbtalblick versprochen worden sei. Sie fühlen sich nun getäuscht. Befürchtungen gibt es auch, dass die Vorschriften im Bebauungsplan nicht eingehalten werden. Der Grund: Bei ähnlichen Vorhaben in Pesterwitz wurden Grundstücke verkauft, die nicht hätten verkauft werden dürfen. Außerdem wurden Straßenbäume nicht gepflanzt, die aber vorgeschrieben waren.

Wie reagiert die Stadtverwaltung auf die Kritik?

Weil es an dem Vorhaben schon länger Kritik gibt, hatte die Stadt die Pläne bereits verändert. Ursprünglich sollten einmal 60 bis 70 Eigenheime statt der nun geplanten 56 entstehen. Dadurch ist mehr Platz für Grün und den Park in der Mitte des Wohngebietes. Außerdem will die Stadt am östlichen Rand nur eingeschossige und nicht, wie sonst, zweigeschossige Häuser zulassen. Der Blick auf eine Baumallee wäre dann frei. Im vergangenen Jahr wurden außerdem Zauneidechsen, die auf dem Grundstück heimisch geworden sind, umgesiedelt. 28 000 Euro hat das gekostet.

Nun will die Stadt noch mehr für die Umwelt tun – als Ausgleich für die Bebauung der Brache. Vom Freistaat sollen ein altes Stallgebäude an der Straße Am Neubauernhof in Pesterwitz und eine alte Melkstation, die sich an der Kohlsdorfer Straße zwischen Pesterwitz und Wurgwitz befindet, gekauft, abgerissen und die Flächen renaturiert werden. Außerdem sollen an vier Stellen in Burgk und Zauckerode Streuobst-Wiesen und Wildobst-Haine entstehen. In der Ortschaftsratssitzung am Montag forderten jedoch einige Anwohner, dass die Ausgleichsmaßnahmen allesamt in Pesterwitz durchgeführt werden. Die Stadträte entscheiden nun am Donnerstag darüber, ob sie mit den Vorschlägen der Verwaltung einverstanden sind. Wenn nicht, muss das Rathaus nacharbeiten.

Gefordert wurde zuletzt auch immer wieder, dass ein Bolzplatz und eine wild angelegte BMX-Fahrrad-Strecke, die sich auf der Brache befanden, an anderer Stelle neu entstehen. Am Montag sagte Baubürgermeister Jörg-Peter Schautz, dass die Verwaltung intensiv an einer neuen BMX-Strecke im Stadtgebiet plane. Außerdem gab es die feste Zusage für einen neuen Bolzplatz in Pesterwitz.

Wie geht es nach der Stadtratsentscheidung weiter?

Dass der Stadtrat das Vorhaben ablehnt, ist unwahrscheinlich. Beschließen die Volksvertreter den Bebauungsplan, wird dieser vom Landrat geprüft. Dafür hat er maximal drei Monate Zeit. Erst nach dieser Prüfung besteht Baurecht. Die FPE kann dann mit dem Verkauf der einzelnen Grundstücke und mit den Arbeiten zur Erschließung der Brache, also zum Beispiel mit dem Straßenbau, starten. Wann die Bauarbeiten beginnen, ist aber noch offen.