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Wofür Meissen neues Geld braucht

Die Manufaktur erhält den größten Zuschuss seit der Wende. Der wird für viele Baustellen benötigt.

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© René Meinig

Meißen. Die Meldung ist knapp, dafür gehaltvoll. Mit 28 Millionen Euro stärkt der Freistaat als alleiniger Gesellschafter das Eigenkapital der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen. Wie es weiter aus dem Unternehmen heißt, soll der Traditionsbetrieb mithilfe dieses Rekord-Zuschusses zu seiner alten Stärke, der Produktion hochwertigen Porzellans, zurückfinden. Doch was bedeutet dies konkret?

Breite Produktpalette für mehr Kunden

Einen ersten Eindruck vom künftigen Weg der Manufaktur vermittelte kürzlich die Meissener Hausmesse unter der Kuppel der Kunstakademie Dresden. Mit einer größeren Produktpalette sollen offenbar breitere Kundenkreise angesprochen werden. Neue Verkaufsschlager zu entwickeln, kostet allerdings Geld. Ein Merkmal scheint die Zweigleisigkeit zu sein. Das wieder aufgelegte prunkvolle Historismus-Service B & X zielt auf die Superreichen ab. Für weniger Betuchte gibt es die frische Meissener Form No. 41 mit den drei Dekoren Royal Blossom, Stripes und Noble Blue – preiswerter und spülmaschinenfest. Ähnlich verhält es sich mit den Sammlerstücken: Neben den limitierten und kostenintensiven Meisterwerken findet sich unter den Neuheiten 2018 die sogenannte Limited Edition. Deren Teile fallen von Größe und Preis kleiner aus, die Limitierung – mit bis zu 100 Exemplaren – dagegen großzügiger. Einsteigerangebote sind für einen dreistelligen Betrag zu haben. Bei der Kunst setzt das Unternehmen sowohl auf externe Künstler wie Chris Antemann mit ihren erotischen Figuren als auch auf Eigengewächse wie die selbstständig tätige Gudrun Gaube oder die junge Maria Walther.

Moderne Technik und Nachwuchs

Um Sachsens Glanz für die nächsten Jahrzehnte zu sichern, arbeiten die Geschäftsführer Tillmann Blaschke und Georg Nussdorfer nach eigenen Angaben an einer neuen Unternehmensstruktur. Unter ihrem Vorgänger war es Programm, durch Schnellschüsse wie Badfliesen mit Kristallglasur mediale Aufmerksamkeit zu erzeugen. Ein Effizienzprogramm mit dem Titel „Mach 2“ blieb in den Kinderschuhen stecken. Die Weitergabe des handwerklichen Rüstzeugs wurde vernachlässigt. Jetzt wird Geld für eine Ausbildungsoffensive, den Umbau der einzelnen Bereiche und nicht zuletzt neue Technik benötigt. Parallel läuft der Abbau von rund neun Prozent der etwa 670 verbliebenen Stellen durch Rentenübergang und Altersteilzeit.

Ausbau des eigenen Boutiquennetzes

Eine der größten Baustellen für die Manufaktur stellt der Vertrieb dar. Das Sterben des Fachhandels in den Städten setzt sich fort. Erst vor wenigen Wochen schloss etwa das in der Oberpfalz bekannte Haushaltwarengeschäft Zeitler nach über 90 Jahren. So geht es in unschöner Regelmäßigkeit weiter. Der Traditionsbetrieb ist deshalb darauf angewiesen, in das Netz aus eigenen Boutiquen zu investieren. In dem im Frühjahr vorgestellten Strategiepapier heißt es zudem, auf den ausländischen Märkten sehe Meissen großes, noch unerschlossenes Potenzial. Die einzelnen Märkte seien dazu detailliert analysiert worden.

Schuldendienst ab 2021

Benötigt wird die aktuelle Finanzspritze des Freistaates nicht zuletzt, um das Unternehmen in die Lage zu versetzen, seine 22 Millionen Euro Schulden an das Land zurückzahlen. Von 2021 an soll dies innerhalb von zehn Jahren bis 2031 geschehen, teilt Manufaktur-Sprecherin Sandra Jäschke mit. Dies würde – ohne Zinsen gerechnet – eine jährliche Rate von 2,2 Millionen Euro bedeuten. Bei einem Umsatz, der laut der letzten veröffentlichten Bilanz 2015 rund 40 Millionen Euro betrug, dürfte ein solcher Betrag kaum zu erwirtschaften sein, zumal ein positiver Jahresabschluss frühestens 2020 erwartet wird. Wahrscheinlicher ist, dass der Freistaat erneut mit frischem Geld einspringt – diesmal allerdings über das Hilfskonstrukt der Meissen Porzellan-Stiftung. Anfang 2015 zahlte diese bereits 15,6 Millionen Euro für die Museumsbestände. Nun wird im Kern über den Verkauf der Modellformen verhandelt.