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Wo soll der Bau-Boom enden?

Am Dorfrand von Blankenstein könnten fünf Einfamilienhäuser entstehen. Im Ort ist von Zersiedelung die Rede.

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© Egbert Kamprath

Von Annett Heyse

Blankenstein. Die Tiere sind schon längst von der Weide verschwunden und stehen im Stall. Inzwischen fegt ein kühler Wind über die Wiese am Rand von Blankenstein. Sven Grellmann und Sophie Görnitz schauen über die Fläche und können sich beide dabei nicht so richtig vorstellen, wie das alles mal aussehen könnte. In ein paar Jahren oder vielleicht schon bald: Die Wiese an der Dorfstraße, am Ortsausgang in Richtung Limbach soll an Bauwillige verkauft werden. Bis zu fünf Einfamilienhäuser könnten hier hochgezogen werden.

„Eine solche Siedlung passt doch vom Aussehen her gar nicht hierhin“, sagt Ortschaftsrat Sven Grellmann, der genau gegenüber der Wiese wohnt. Sophie Görnitz, ebenfalls Mitglied im Ortschaftsrat, nickt. „Blankenstein hat noch eine halbwegs historische Dorfstruktur mit Drei- und Vierseithöfen entlang der Straße. Ein Baugebiet können wir uns hier und auch an anderen Stellen nicht vorstellen.“

Diese Argumente brachte Grellmann kürzlich auch in der Wilsdruffer Stadtratssitzung vor. Die Lokalpolitiker beschlossen dennoch, eine für die Bebauung notwendige Ergänzungssatzung aufzustellen. In dieser werden die Bebauung eines Außenbereichs geregelt und die Bedingungen festgelegt. Beschlossen ist aber noch nichts. „Es geht um eine kleine Lückenbebauung im Rahmen der Dorfstruktur“, argumentierte Wilsdruffs Bürgermeister Ralf Rother (CDU). Damit werde die Bebauung am oberen Dorfende lediglich abgerundet.

Bisher von Bausünden verschont

Die Ortschaftsräte haben daran so ihre Zweifel. Allein die Tatsache, dass eine Ergänzungssatzung erarbeitet wird, sorgt für Unruhe in Blankenstein. Tatsächlich ist der kleine Wilsdruffer Ortsteil mit seinen etwa 280 Einwohnern bisher von Bausünden verschont geblieben. Drei- und Vierseithöfe, größtenteils liebevoll saniert, prägen den Ort. Sie sind meist von großzügigen Grundstücken umgeben. So gibt es hier noch Streuobstwiesen, viele Einwohner halten sich Tiere, um die großen Grundstücke zu pflegen und zu bewirtschaften. Es entstanden in den vergangenen Jahrzehnten auch Eigenheime – aber immer als kleine Lückenbebauungen.

Doch in Wilsdruff und Umgebung ist Bauland begehrt – die Stadt verzeichnet seit Jahren stetigen Zuzug. Grund dafür ist nicht nur die verkehrsgünstige Lage in der Nähe der Landeshauptstadt. Vielmehr siedeln sich im Raum Wilsdruff/Klipphausen immer wieder große Unternehmen an, wie derzeit der Medizintechnik-Konzern B. Braun, der im Wilsdruffer Gewerbegebiet eine große Produktionsstätte errichtet. Dem folgen gut bezahlte, qualifizierte Arbeitskräfte – die gerne nahe dem Arbeitsort wohnen wollen. Wilsdruffs Baugebiete aber sind so gut wie ausgereizt. Ortschaften wie Blankenstein rücken so einerseits fast automatisch in den Fokus. Und andererseits gibt es Grundstückseigentümer, die ein bisschen vom Bauboom profitieren wollen, indem sie Land verkaufen.

Gerüchteküche brodelt

So entstanden in Sichtweite der Blankensteiner Wiese auf den Grundmauern eines Gehöfts drei neue Häuser. „Kommen jetzt noch fünf dazu, macht das schon acht“, argumentiert Ortschaftsrat Grellmann. Das sei keine Lückenbebauung mehr, sondern ein Baugebiet. Etwas Ähnliches ist am anderen Dorfende geplant. Auch am Kirchweg gibt es – je nach Sichtweise – eine Wiese oder Baulücke. Und auch dort ist von Bebauung die Rede. Offiziell ist noch nichts, aber die Gerüchteküche brodelt. Sophie Görnitz: „Wir haben gehört, dass es um sieben Häuser geht.“

Im Wilsdruffer Rathaus ist man über die Kritik aus Blankenstein noch nicht beunruhigt. Es stehe im Augenblick gar nichts fest. „Das Verfahren für die Wiese an der Dorfstraße wird erst mal eröffnet. Der Ortschaftsrat wird darin einbezogen und kann Stellung nehmen“, sagt der Bürgermeister. Es gehe nicht um eine Einfamilienhaussiedlung, sondern um eine kleine Lösung – eine Abrundung der Bebauung in ortstypischer Art und Weise.

Ortstypische Art und Weise – genau das sei doch das Problem, meinen die Dorfvertreter. „Hier wird Landwirtschaft betrieben, hier rumpelt frühmorgens auch mal ein Traktor durchs Dorf“, schildert Sophie Görnitz. Wenn nun die erste Wiese bebaut werde, folge bald die nächste. Und anschließend die übernächste. Dann könnte sich der Charme von Blankenstein ganz schnell wandeln. Grellmann: „Wir sind sehr für Zuzug. Aber wir wollen auch, dass alte Werte nicht verloren gehen.“