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Wo sind unsere Singvögel?

Ein Naturfreund sieht weder Spatzen noch Sperlinge in der Region. Er hat einen Verdacht.

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© dpa

Pirna/Heidenau. Peter L.* aus Heidenau ist Naturfreund und beobachtet in der letzten Zeit eine unheilvolle Entwicklung. In den vergangenen Monaten hat er kaum noch Singvögel in seinem Garten und in freier Natur gesehen. „In Pirna, in Heidenau aber auch auf dem Land gibt es immer weniger für unsere Region typische Vögel wie Rotkehlchen, Amseln, Grünfinken, Kleiber, Spatzen oder Sperlinge und Meisen“, sagt er und hat einen schlimmen Verdacht.

Seiner Vermutung nach existiert ein Zusammenhang zwischen der Vogelgrippe und dem Wegbleiben der Singvögel. „Die Vögel werden an den Futterstellen in Gärten von Privatleuten gefüttert. Dort stecken sie sich wahrscheinlich gegenseitig an und sterben“, schlussfolgert L. Dabei seien diese Vögel, außer in der Paarungszeit, Einzelgänger. „Falls meine Vermutung richtig ist, plädiere ich dafür, die Futterstellen beziehungsweise -häuser wegzunehmen, damit es zu keinem Vogelsterben kommt“, lautet seine Lösung.

Enttäuscht zeigt er sich in diesem Zusammenhang von dem Naturschutzbund Deutschland (Nabu). „Sonst mischt sich die Organisation bei jeder Sache ein. Sollte sich mein Verdacht bestätigen, wäre der Hinweis ,Bitte nicht mehr die Vögel füttern‘ angebracht“, sagt der Heidenauer.

Sebastian Schmidt, Vorsitzender der Nabu Regionalgruppe Oberes Elbtal, kann jedoch Entwarnung geben. „Die Vogelgrippe betrifft Geflügel und wurde bisher nicht an Singvögeln nachgewiesen“, erklärt der Fachmann. Deshalb sei es durchaus angebracht, weiterhin die heimischen Vögel zu füttern. Allerdings sollte ganz generell darauf geachtet werden, die Häuser und Futterstellen regelmäßig zu säubern.

Auch ist Schmidt vorsichtig, was das Thema Artenschwund im Landkreis betrifft. Man müsse auf jede Singvogelart genau schauen. Einige Populationen hätten sich im vergangenen Jahr sogar vermehrt. So hat der Kleiber 2016 im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent zugelegt. Die Population der Kohlmeise ist sogar um 24 Prozent gestiegen. Anders sieht es bei dem Feldsperling aus. Hier wurden im vergangenen Jahr 50 Prozent weniger gezählt als im Vorjahr. „Das kann aber auch mit der Witterung zusammenhängen“, sagt Schmidt. Die Population der Grünfinken ist 2016 um 15 Prozent geschrumpft. Der Rückgang sei u.a. auf einen Parasiten zurückzuführen, der dieser Vogelart zu schaffen mache, sagt der Nabu-Vorsitzende.

Grundlage für die Bestandszahlen sind Wintervögel-Zählungen, zu denen der Nabu jährlich im Januar aufruft. Dieses Jahr findet die Zählung vom 1. bis zum 8. Januar statt. Die Einwohner werden gebeten, sich einen Platz zu suchen, von wo aus man gut beobachten kann. Die Vogelfreunde sollten in einer Stunde hinsehen, wie viele und welche Vögel im heimischen Garten oder im benachbarten Park umherfliegen. Die Zahlen können per E-Mail an den Nabu geschickt werden.

2016 wurden im Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge in 101 Gärten 4 412 Vögel gezählt. Schmidt hofft auch dieses Mal wieder auf eine rege Teilnahme.

* Name von der Redaktion geändert.