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Wo sich Späne kringeln

In der Schauwerkstatt in Colmnitz sehen Besucher, wie erzgebirgische Holzkunst entsteht. Dahinter steckt Leidenschaft.

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© Frank Baldauf

Von Anja Ehrhartsmann

Colmnitz. Heiko Knauth spannt das sechs Zentimeter lange Stück Lindenholz vor sich in die Vorrichtung. Dann setzt er das Eisen an. Gleichmäßig schiebt der gelernte Holzspielzeugmacher, der in der Colmnitzer Schauwerkstatt in Stracos Erlebniswelt arbeitet, das Stemmeisen von unten her über den sogenannten Rohling. Dabei entstehen zarte Holzspäne, die sich nach oben hin kringeln. Nacheinander wird Reihe um Reihe, bis zum fertigen Spanholzbaum.

Die Schwibbögen werden zwar von einer Maschine ausgeschnitten, Heiko Knauth macht hinterher aber die Feinarbeiten und setzt die Lichter ein.
Die Schwibbögen werden zwar von einer Maschine ausgeschnitten, Heiko Knauth macht hinterher aber die Feinarbeiten und setzt die Lichter ein. © Frank Baldauf

„Es ist wichtig, den Druck, mit dem man beginnt, durchzuhalten, sonst werden die Späne unterschiedlich dick oder brechen ab“, sagt Heiko Knauth. Je tiefer er mit dem Stemmeisen ins Holz sticht, desto größer wird der Span. Zum Spanbaumstechen gehören sehr viel Geschick, Ausdauer und noch mehr Übung. „Ab wann der Baum voluminöser werden muss, sagt mir mein Gefühl.“ Zum Ende hin werden die Späne wieder etwas kleiner, für einen schönen Abschluss. Nach fünf Minuten hält der 40-Jährige den kleinen, fast fertigen Spanbaum in der Hand, der in Stracos Erlebniswelt als Weihnachtsbaumschmuck verkauft wird. Mit einer größeren Nadel bringt er die einzelnen Späne noch in Form. Bei diesem Arbeitsschritt ist Fingerspitzengefühl gefragt, denn sonst reißen die ein bis zwei Millimeter dünnen Späne ab. Wenn die Arbeitsplatte voll ist, schafft Heiko Knauth wieder Platz: Mit einem Bohrer kommt ein Loch hinein, dann der Faden durch und schon kann der Spanzapfen an den Baum gehängt werden.

In der Schauwerkstatt stellt Heiko Knauth Schwibbögen, Schneemänner, Fensterlichter und Teelichthalter her. Und nicht zu vergessen: Spanbäume, von sechs Zentimeter bis zu einem Meter groß. Das Lindenholz, das Heiko Knauth verwendet, sägt er jeweils am Vortag zu. An der Drechselbank fertigt er die Rohlinge. Dann wird das Holz mit Wasser angefeuchtet und kommt in einen Plastikbeutel, wo es langsam trocknet. „So lässt es sich leichter verarbeiten und die Späne brechen nicht so schnell ab.“ Denn trotz jahrelanger Erfahrung können ganz schnell Fehler passieren. „Wenn beim Hochschieben der Späne einer abgeschnitten wird, ist das noch nicht so schlimm, das kann kaschiert werden. Wenn das beim Formen der Späne passiert, ist es vorbei.“ Manche der Bäume werden dann noch zum reduzierten Preis verkauft, andere werden ausgemustert und wandern direkt in den Ofen.

Gefühl für echte Handarbeit

Spanbäume haben ihren Ursprung im Bergbau, weiß Heiko Knauth. „Vor der Zeit, als Dynamit eingesetzt wurde, hat der Bergmann das Gestein mit Feuer und Wasser gelockert. Um eine gewisse Hitze zu erzeugen, wurde das Holz angespant.“ Er selbst hat das Spanbaumstechen schon in der Ausbildung gelernt, vor mehr als 20 Jahren. „Man muss ein Gefühl dafür bekommen, für das Holz und die Späne. Aus diesem Grund ist das auch noch echte Handarbeit, eine Maschine könnte das so nicht machen.“

Besonders gern sticht der 40-Jährige Bäume, die mehr als 30 Zentimeter Höhe haben. „Auch die Schwibbögen sind eine schöne Arbeit.“ Dabei kommt allerdings eine Maschine zum Einsatz. Ein Laser schneidet die Umrisse und Motive zunächst exakt aus. Die Feinarbeit übernimmt dann wieder Heiko Knauth. Mehrmals muss er die Holzplatten schleifen, bis sie ganz glatt sind. Dann bringt er die Lampenhalter und Lichter an. Etwa 1,5 Stunden braucht es von der Holzplatte bis zum fertigen Schwibbogen.

Gerade jetzt um die Vorweihnachtszeit ist für Heiko Knauth Hochsaison. Am meisten werden Schwibbögen, Fensterlichter und Spanbäume verkauft, besonders die kleinen Zapfen und die mittelgroßen Bäume. Der Holzspielzeugmacher produziert auf Zuruf. Die Besucher können ihn fast täglich in der Schauwerkstatt antreffen. „Die Leute können mir bei der Arbeit zuschauen und mir Fragen stellen.“ Speziell Kinder interessieren sich sehr für die Holzkunst, so sein Eindruck. Gestört fühlt er sich dadurch nicht, im Gegenteil. „Ich freue mich, wenn Leute Interesse haben und auch mal Fragen stellen. Ich brauche das.“ Und den Spaß an der Arbeit merkt man ihm an, im Winter wie im Sommer. „Auch bei 30 Grad Außentemperatur mache ich Schneemänner und Bäume. Das ist die Zeit der Vorproduktion.“