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Wo Kulissen neben Krankenakten lagern

Gerade erst drei Monate hat das Lagerhaus in der Enderstraße 94 geöffnet. Die meisten der kleinen Boxen sind schon vermietet.

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Von Kay Haufe

Wie geleckt schimmert der weiße Lackfußboden in den Gängen. An fest montierten Metallwänden führen rote Türen in den Stauraum nach Wunsch. Den allerersten hat sich Herbert Pietzsch im Gebäude gegenüber des Seidnitz- Centers gesichert. Der 58-Jährige wollte im September letzten Jahres ein Zimmer renovieren und suchte eine Unterstellmöglichkeit für seine Möbel sowie private und geschäftliche Dokumente. „Genau zu dem Zeitpunkt habe ich von der Neueröffnung der Selbstlagerbox gelesen. Ich stand am 22. September als erster Kunde vor der Tür und habe seitdem eine sechs Kubikmeter große Box für 49 Euro für vier Wochen gemietet“, sagt Pietzsch.

Sie hat alles: Servicemitarbeiterin Beate Friedrich bietet Umzugskartons, Schnur, Cuttermesser, Leitern, Möbelabdeckplanen und mehr für ihre Nutzer an. Wer eine Box mietet, muss gut stapeln können. Die Rauminhalte berechnen sich nach drei Meter hohen Wänd
Sie hat alles: Servicemitarbeiterin Beate Friedrich bietet Umzugskartons, Schnur, Cuttermesser, Leitern, Möbelabdeckplanen und mehr für ihre Nutzer an. Wer eine Box mietet, muss gut stapeln können. Die Rauminhalte berechnen sich nach drei Meter hohen Wänd

Er denkt darüber nach, die Box länger zu behalten. Denn nachdem sein Keller auf der St. Petersburger Straße von der Flut überschwemmt wurde, riecht es dort nicht gut. „Und man weiß ja nie, ob das Wasser nicht wieder irgendwann zurückkommt“, so Pietzsch. In der Selbstlagerbox dagegen stünden die Dokumente warm und sicher. „Wir haben eine ständige Temperatur von 12 bis 15 Grad Celsius, und das eingelagerte Gut ist mit 2 000 Euro versichert“, sagt Beate Friedrich. Sie ist eine der beiden Servicemitarbeiterinnen im neuen Lagerhaus. „Für mich ist der neue Job in doppelter Hinsicht gut. Ich lerne sehr viele Leute kennen, die über ihr Lagergut und damit auch über sich selbst erzählen. Zum anderen stellt die Firma Store Unit GmbH, bei der ich beschäftigt bin, vor allem Personal über 50 Jahre ein“, sagt Beate Friedrich.

In Leipzig, wo Store Unit vor zwei Jahren gestartet ist, funktioniert das Geschäftsmodell so gut, dass bereits das zweite Lagerhaus eröffnete. „Die Firmenchefs haben die Idee aus den USA mit nach Sachsen gebracht“, sagt Friedrich. Und auch in Dresden komme sie gut an. „Mittlerweile sind nur noch ganz kleine Boxen von einem Kubikmeter oder größere ab 13 Kubikmeter frei“, sagt Friedrich. Die mittleren Größen zwischen dreieinhalb und zehn Kubikmeter seien besonders gefragt. Ihre Mietpreise liegen zwischen 32 und 79,45 Euro für jeweils vier Wochen.

Neben persönlichen Dingen, die nach einem Umzug noch keinen Platz in der neuen Wohnung gefunden haben, lagern im ehemaligen Speisesaal des Pentacon Standortes auf der Enderstraße sehr viele Akten. „Zum Beispiel Patientenakten eines Arztes im Ruhestand, der die Dokumente noch zehn Jahre aufbewahren muss und dafür zu Hause keinen Platz hat“, sagt Beate Friedrich. Viel mehr Raum beanspruchen die Kulissen für ein Theaterstück des Wechselbades, die gleich in der Nähe bis Mitte Januar abgestellt sind. Dann werden sie zur nächsten Vorstellung wieder gebraucht. Gleich in der Nähe hat eine Kosmetik-Vetriebsfirma ihre Box. In ihrem Auftrag nimmt Friedrich regelmäßig große Paletten an, die in der Box zwischengelagert werden, bevor sie an den Bestimmungsort kommen. „Das ist ein Service von uns für die Kunden, dass wir Lieferungen für sie entgegennehmen“, sagt die Servicekraft.

Die Mietdauer sei völlig unterschiedlich. „Ein junger Mann hat Arbeit in einem Schweizer Hotel gefunden und lagert die Wohnungseinrichtung für zwei Jahre bei uns. Andere buchen die Box nur vier Wochen, bevor sie den Nachlass der Eltern aufgeteilt haben oder auch dauerhaft für Saisonware wie Ski oder Surfbrett“, so Friedrich. Für die ganz großen Lagermöglichkeiten von 52 Kubikmetern habe sich aber noch niemand interessiert.