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Wo die reichsten Sachsen wohnen

Die Zahl der Einkommensmillionäre im Landkreis hat sich in drei Jahren verdoppelt. Was zieht die Reichen hier an?

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© SZ-Archiv/Daniel Förster

Von Gunnar Klehm und Dominique Bielmeier

Pirna. Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge wird für gut betuchte Menschen als Wohnort immer attraktiver. Die Zahl der Einkommensmillionäre ist in den vergangenen Jahren so stark gestiegen, wie in kaum einem anderen Landstrich in Sachsen. Wie Zahlen aus dem Finanzministerium zeigen, lebten im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 2014 28 Einkommensmillionäre, das sind doppelt so viele wie noch drei Jahre zuvor. Genauere Zahlen gibt es allerdings noch nicht, denn die Steuererklärungen von 2015 sind noch nicht alle bearbeitet worden, heißt es aus dem Finanzministerium.

Konkret heißt das, dass 28 Menschen im Landkreis im Jahr 2014 mehr als eine Million Euro Einkommen versteuert haben. Darunter sind vier „Single“-Millionäre und zwölf Paare, die gemeinsam veranlagt sind und mit dem Ehegattensplitting Steuern sparen. Die zahlenmäßig meisten Millionäre – 60 beziehungsweise 53 – leben in den größten sächsischen Städten Dresden und Leipzig (siehe Grafik).

Was die Dichte an Millionären angeht, liegt der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sogar vor den beiden Großstädten. Unter 100 000 Einwohnern leben hier etwa 11 Millionäre. Lediglich die Landkreise Meißen und Leipziger Land haben mit 14 beziehungsweise knapp 13 Millionären je 100 000 Einwohner eine noch größere Dichte. Im Vogtlandkreis sind es mit 4,3 die wenigsten in ganz Sachsen. Das Muster ist klar erkennbar: Millionäre zieht es in die „Speckgürtel“ um die großen Städte.

Ein Blick zurück in die Statistik des Finanzministeriums zeigt außerdem einen klaren Trend: Nicht nur die Zahl der Millionäre unter uns steigt seit Jahren, sondern insgesamt die Zahl der überdurchschnittlich gut verdienenden Menschen. Hatten 2011 noch 363 Bewohner im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge Einkommen von über 250 000 Euro jährlich zu versteuern, waren es 2014 schon 497, ein Plus von 37 Prozent. Auf solche Steigerungsraten kann kaum ein anderer Landkreis in Sachsen verweisen.

Mehr Dynamik im Alt-Weißeritzkreis

Im Leipziger Land etwa erreichte die Millionärszahl 2012 mit 42 ihren Höhepunkt, danach fiel sie auf 35 Menschen. Auch Dresden hat Millionäre verloren: Waren es 2013 noch 70 Millionäre, sank die Zahl inzwischen um zehn Menschen. Sechs davon könnten möglicherweise für den Zuwachs im hiesigen Landkreis verantwortlich sein, der im Vorjahr noch 22 Einkommensmillionäre zählte.

Im Vergleich der beiden Finanzämter im Landkreis wird allerdings deutlich, dass die Entwicklung im alten Weißeritzkreis wesentlich dynamischer ist. In Pirna pendelt der Gesamtwert, der im Jahr mit dem höchsten Grenzsteuersatz von 45 Prozent versteuert wird, seit 2011 stabil um 20 Millionen Euro. Im Finanzamt Freital stieg er dagegen erheblich – von rund 29 Millionen Euro 2011 auf mehr als 47 Millionen Euro für das Jahr 2014.

Das könnten die Firmenansiedlungen in Glashütte und in Wilsdruff bewirkt haben. „Arbeitsplätze vor Ort, kombiniert mit einer guten Infrastruktur für Kinderbetreuung, Bildung, Freizeit, Einkauf und so weiter, führen in einer so attraktiven Region wie Wilsdruff auch zum Bau von Einfamilienhäusern und einer sehr guten Belegung von Mietwohnungen. Das zahlt sich insgesamt aus“, sagt Wilsdruffs Bürgermeister Ralf Rother (CDU). Das gelte auch für jeden, nicht nur für Menschen mit hohen Einkommen. „Entscheidend ist auch nicht der Einzelne, sondern die Vielfältigkeit der Menschen“, sagt Rother. Wilsdruff hat mit seiner Lage an den Hauptverkehrsachsen A 4 und A 17 zwar Standortvorteile, die es zu nutzen gilt. „Beim Thema Verkehr haben wir aber auch erhebliche Lasten zu tragen“, erklärt der Bürgermeister.

Unterm Strich profitieren Städte und Gemeinden direkt von steigenden Einkommen über den kommunalen Anteil an der Einkommenssteuer. 2011 nahm Wilsdruff darüber etwa 2,8 Millionen Euro ein. Für 2017 rechnet die Stadt sogar mit 4,3 Millionen Euro. Im Vergleich zu westdeutschen Landkreisen ist die Einkommenssituation im Allgemeinen wie auch in Bezug auf die Anzahl der Einkommensmillionäre aber immer noch deutlich schlechter.

Vermögen ist nicht gleich Reichtum

Wenn es nicht auch die großen Vermögen gäbe und diese Menschen ihre Steuern zahlen würden, wäre das deutsche Steueraufkommen deutlich kleiner und es gebe auch viel weniger zu verteilen. Das ist auch das Feld, mit dem sich Vermögensforscher Professor Thomas Druyen beschäftigt. Er ist Direktor des Instituts für Zukunftspsychologie und Zukunftsmanagement an der Sigmund-Freud-Privat-Universität in Wien. „Vermögen ist das, was man zu leisten imstande ist. In diesem Sinne hat jeder ein Vermögen. Wenn eine Lehrerswitwe mit kleiner Rente Migrantenkindern die deutsche Sprache beibringt, ist das ein ganz hohes Vermögen“, erklärte er gegenüber der Westdeutschen Zeitung.

„Reichtum heißt, an sich zu denken. Vermögen heißt: Verantwortung zu übernehmen. Deshalb sprechen wir von Vermögenskultur. Damit meine ich nicht nur, dass Vermögen gespendet oder gestiftet wird, sondern vor allem auch die Schaffung von Arbeitsplätzen“, so der Vermögensforscher.