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Wo der Hipster die Sekretärin trifft

Die Saloppe feiert Geburtstag. Doch die Gastronomen haben so manches Problem.

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© Sven Ellger

Von Julia Vollmer

Banker, Punk, Sekretärinnen mit Neun-Zentimeter-Absätzen – alle auf einen Haufen findet man selten zusammen. Es gibt einen Ort, versteckt im Wald, an dem sie sich treffen: die Saloppe. Und das seit 20 Jahren.

Schon fast ein Jahrzehnt arbeitet Klaus Eichhorn hinter dem Tresen der Sommerwirtschaft. Der „schönste Arbeitsplatz der Welt“, wie er es nennt, lockt ihn jede Saison wieder ins Grüne. Keine trockene Büroluft, keine 8-bis-16-Uhr-Routine – das schätzt der 32-Jährige. Klaus Eichhorn verschwindet im Getränkelager und überlässt das Reden lieber seinem Chef. Dieser heißt Steffen Grosche und führt nicht nur die Saloppe, sondern auch die Firma Waterloo. Die veranstaltet unter anderem auch den Hutball und die Faschingsparty im Parkhotel. Banker, Punker, Sekretärinnen – genau diese Mischung will er haben. „Bei uns gibt es keine Türpolitik, jeder darf kommen und feiern. Egal, wie jemand aussieht oder welche Hautfarbe er hat.“

Über die Jahre hat sich die Philosophie der Saloppe verändert. Früher setzten Grosche und sein Team eher auf Großveranstaltungen und Konzerte, inzwischen eher auf kleine Abende mit Autoren wie Wladimir Kaminer und auf ihre „Klassiker“. Seit Jahren etabliert sind die Reihen, wie die Dirty-Dancing-Sause, After-Work-Party oder das Seifenkistenrennen. Wie Baby im Film mit einer Wassermelone in der Hand zu „Be my Baby“ tanzt – das gehört mindestens fünfmal pro Saison dazu.

1996 begann alles. Steffen Grosche und sein Geschäftspartner Jan Michael entdeckten das Gelände der alten Schankwirtschaft in der Radeberger Vorstadt. Schon 1760 errichteten preußische Soldaten einen Feldposten in Bretterbauweise am heutigen Standort. Nach ihrem Abzug überließ die Armee einem Fährmann den Posten, der dort einen öffentlichen Ausschank betrieb. Zugewachsen und verwildert war das Gelände, als die heutigen Inhaber dort ankamen. In Handarbeit und mit der Hilfe vieler Freunde zauberten sie daraus das Partygelände. Das läuft auch heute noch so. Muss am Gelände irgendetwas gebaut werden, greift die Crew mit zu, statt einen Handwerker zu holen.

So gut wie die Saloppe heute läuft, so leicht war es nicht immer. „Jeder, der sich selbstständig macht, muss wissen, dass so was kein Selbstläufer ist“, erzählt Grosche. In den Urlaub fuhren er und sein Geschäftspartner lange gar nicht oder nur im Winter. Es gab auch Jahre, in denen der Laden mit Problemen und Durststrecken zu kämpfen hatte. Da hilft nur Zähne zusammenbeißen und durchhalten. „Die Saloppe liegt nicht an der Straße, Laufkundschaft haben wir nicht. Wir müssen immer Neues bieten.“

Die Dresdner Gastroszene hat sich stark verändert. Viele junge Leute sparen lieber für Musikfestivalbesuche, statt jedes Wochenende feiern zu gehen. Ein Festival über drei Tage mit zehn Bands kostet dann schon mal 120 Euro. Doch dieses Geld fehle dann den Gastronomen an Umsatz. Sorgen bereitet vielen der Mindestlohn. Sie müssen nicht nur ihrem Personal mehr bezahlen, auch die Lieferanten legen die höheren Preise auf ihre Kunden um. Wenn der Auslieferfahrer mehr Lohn bekommt, steigen auch die Preise für Bier, Wein und Co. Ein Problem für die Kneipen- und Clubbesitzer sei das Bier aus dem Spätshop. Statt für 2,50 Euro in der Eckkneipe trinken die Neustädter im Sommer ihr Bier für einen Euro am Assi-Eck. Das hört Grosche oft.

Intensiv bereiten sich Steffen Grosche und sein Team gerade auf die nächsten Jahre vor, in denen sich das Umfeld der Sommerwirtschaft verändern wird. Dann sollen die ersten Eigentümer ihre Wohnungen im Wasserwerk Saloppe beziehen. Teure Wohnungen, spießige Mieter, die bei jeder lauten Party die Polizei rufen werden, unken viele. Doch Steffen Grosche ist gelassen. „Wir sind in gutem Gespräch mit Bauherr und der Stadtverwaltung und werden einen gemeinsamen Weg finden.“

Barkeeper Klaus taucht unterdessen wieder aus dem Getränkelager auf und mixt Cocktails für Banker, Punker und Sekretärinnen – eben für alle.