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Wird es bald eng im Kreißsaal?

Weil die Bischofswerdaer Geburtenstation schließt, befürchten werdende Mütter überfüllte Zimmer in Bautzen. Der Klinik-Chef sieht das Thema gelassen.

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© Symbolfoto: dpa

Von Marleen Hollenbach

Bautzen. Die Nachricht vom Aus für die Bischofswerdaer Geburtenstation sorgt auch in Bautzen für Aufregung. Einige werdende Mütter befürchten jetzt, dass es in den Kreißsälen der neuen Frauenklinik zum Engpass kommen wird, wenn die Bischofswerdaer Frauenklinik im Januar schließt. Diese Sorge ist berechtigt, meint die Bautzener Hebamme Mandy Preusche. „Man muss damit rechnen, dass ein Drittel der Frauen aus Bischofswerda zur Entbindung nach Bautzen kommen wird. Ich sehe da schon eine Gefahr“, sagt sie.

Dass sich nicht wenige Frauen aus Bischofswerda eine neue Geburtenstation suchen müssen, zeigt der Blick auf die Zahlen. Tatsächlich haben sich die Geburten dort auf einem hohen Niveau eingepegelt. 396 Babys kamen in Bischofswerda 2016 zur Welt. 400 Kinder werden in diesem Jahr erwartet. Und auch die Bautzener Frauenklinik stellt schon ohne die zusätzlichen Mütter aus Bischofswerda Rekorde auf. Im vergangenen Jahr erblickten in den drei neuen Kreißsälen 899 Babys das Licht der Welt. In diesem Jahr rechnet man mit mehr als 900 Neugeborenen.

Zimmer schon jetzt zu klein

Einige Frauen berichten, dass es schon jetzt in der 2015 neu errichteten Bautzener Frauenklinik eng zugeht. „Die neue Wöchnerinnenstation ist eine Fehlplanung. Die Zimmer sind so klein“, schreibt Victoria Hübner auf der Facebook-Seite der SZ Bautzen. Vor vier Monaten hat sie in Bautzen entbunden. Auch Lucy Birke ist dieser Meinung. „Ich habe vor einem Jahr mein Kind in Bautzen bekommen. Die Zimmer und die Schränke sind zu klein“, schreibt sie.

Mandy Preusche kennt solche Erzählungen. Zwar arbeitet sie nicht für das Bautzener Krankenhaus. Doch sie hat schon viele Geschichten gehört. Seit mehr als zehn Jahren hilft die freiberufliche Hebamme Frauen in Bautzen, erklärt ihnen alles Wichtige zum Schwangerschaftsverlauf. „Meine Sorge ist, dass die Mütter ab Januar zeitiger entlassen werden, weil der Platz begrenzt ist“, sagt sie.

Klinik-Chef hat die Zahlen

Reiner E. Rogowski, Chef der Oberlausitz Kliniken, sieht das Thema gelassen. „Die Kapazitäten in Bautzen reichen aus“, sagt er. Das ist nicht nur ein Bauchgefühl. Der Klinik-Chef kann seine Aussage mit Zahlen belegen. 30 stationäre Plätze gibt es für Mütter in Bautzen. Davon sind im Schnitt 15 Betten belegt, rechnet Rogowski vor. In Bischofswerda werden von 14 Betten durchschnittlich sieben genutzt. Das heißt: Selbst wenn alle Mütter von Bischofswerda nach Bautzen kommen, wären im Schnitt nur 22 von 30 Betten belegt.

Die meisten Mütter bleiben nach der Geburt drei oder vier Tage im Bautzener Krankenhaus. Bei einem Kaiserschnitt sind es in der Regel fünf Tage. „Es kann natürlich einmal vorkommen, dass alle Betten belegt sind. Und dann wird es wieder Tage geben, an denen es viele freie Plätze gibt“, erklärt Rogowski, der sich schon überlegt hat, was das Klinikum unternehmen kann, wenn tatsächlich alle Zimmer besetzt sind. In der Frauenklinik gibt es nicht nur Räume, die für Mutter und Kind gedacht sind, sondern auch Zimmer für gynäkologische Patientinnen. Diese könnten notfalls von Müttern genutzt werden. Rogowski spricht von einem mobilen Equipment bestehend aus einem Wickelplatz und einer Babybadewanne, das bei Bedarf in ein solches Zimmer geschoben werden kann.

Zu wenig Personal

Der Klinik-Chef ist sich sicher, dass die Mütter aus Bautzen nicht unter dem Zusammenschluss der Geburtenstationen leiden werden. Im Gegenteil: Es gibt Vorteile. Momentan stehen elf Hebammen in Bautzen und noch einmal so viele in Bischofswerda auf der Personalliste. Doch Rogowski kann nicht alle Stellen besetzen. An beiden Standorten hatte er bisher große Probleme damit, genügend Personal zu finden. Nun kann er allen Hebammen aus Bischofswerda einen Arbeitsvertrag in Bautzen anbieten. Auf diese Weise hofft er, die personelle Situation in der neuen Frauenklinik entspannen zu können.

Dass mehr Personal ein Vorteil ist, denkt auch Mandy Preusche. „Es ist gut, wenn es pro Schicht eine Hebamme mehr gibt“, sagt sie. Doch die Hebamme warnt auch: Wenn die Zahl der Geburten in Bautzen weiter steigt, wird es sich irgendwann anfühlen wie Fließbandarbeit. „Und das wollen wir eigentlich nicht“, sagt sie.