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Wird die Wahrheit vertuscht?

In der Ex-Grenzanlage sollen straffällige Flüchtlinge wohnen. Nun kursiert eine Namensliste und setzt Behörden unter Druck.

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Von Mandy Schaks

Altenberg. Gerüchte kursieren seit Langem. Im Grunde, seit die ersten Flüchtlinge im Oktober in die ehemalige Grenzzollanlage in Zinnwald eingezogen sind. Hier würden Asylbewerber untergebracht, die straffällig geworden sind, heißt es immer wieder. Obwohl Bürgermeister Thomas Kirsten (Freie Wähler) stets versichert, davon keine Kenntnis zu haben, wird er als Lügner hingestellt. Nun ging die „Bürgerwehr Altenberg und Ortsteile“ noch einen Schritt weiter und verbreitet über Facebook eine „Liste bedauerlicher Einzelfälle“. Darin sind 21 Namen von angeblichen Asylbewerbern aufgeführt, die in der früheren Grenzzollanlage leben bzw. dort angemeldet und mit dem Gesetz in Konflikt geraten sein sollen. Die vermeintlichen Vorstrafen sind haarklein aufgelistet. Kirsten ist außer sich. Er habe sich an Landrat und Innenminister gewandt, sagt er, und um lückenlose Aufklärung gebeten. Ob diese Liste der Wahrheit entspricht, vermag er nicht zu sagen. „Mir sind solche Auffälligkeiten nicht bekannt.“ Wenn Asylbewerber zugewiesen werden, erfahre die Stadt nur die Namen derer, die kommen.

Ob jemand vorbestraft sei, wisse die Verwaltung nicht. Das gehe gar nicht, kritisiert Kirsten. „Ich muss doch wissen, wer in meiner Stadt ist.“ Zur Demokratie und zur Sicherheit gehöre, dass auch alle Informationen da sind. Wenn ein Risiko bestehe und sich herausstelle, dass ein Asylbewerber eine schwere Straftat begangen habe, müsste dieser in sein Herkunftsland abgeschoben werden. „Dafür ist das Land zuständig und das müssen wir einfordern“, sagt Kirsten.

Das Landratsamt, das für die Unterbringung der Asylbewerber zuständig ist, kann nicht sagen, ob an den Gerüchten über kriminelle Asylbewerber etwas dran ist. Nur eins: „Es handelt sich um keine Liste des Landratsamtes“, so Tilo Georgi, Leiter des Ausländeramtes. Auch die Polizeidirektion Dresden stellt klar: „Das ist kein Dokument von uns“, sagt Sprecher Thomas Geithner. Die Polizei geht dem aber inzwischen nach. Die Kripo ermittele wegen der Verletzung des Dienstgeheimnisses. Und auch der sächsische Datenschutzbeauftragte ist aktiv geworden. Für Kirsten hat etwas anderes Priorität: Die Behörden müssen endlich Hand in Hand arbeiten und die ganze Wahrheit muss auf den Tisch – mit aller Konsequenz.