Merken

Wird die Musikschule ausgesperrt?

Der Gitarrenunterricht für die Kreischaer Kinder ist in Gefahr – wegen eines Schlüssels.

Teilen
Folgen
© Karl-Ludwig Oberthür

Von Carina Brestrich

Kreischa. Fast hätten die Stühle im Ratssaal von Kreischa nicht gereicht. Denn selten ist das Interesse groß, wenn der Gemeinderat zusammenkommt. Diesmal aber wurde es eng in den Zuschauerreihen. Fast 30 Eltern und ihre Kinder waren zur Sitzung gekommen. Nicht aber, weil die Tagesordnung so spannende Themen bereithielt, sondern um ihrem Kummer Luft zu machen. Der Grund: Der Musikschulunterricht in Kreischa ist in Gefahr. Seit fast 20 Jahren gibt die Musik-, Tanz- und Kunstschule Bannewitz (MTK) Unterricht in Kreischa. Um Eltern und Kindern Wege zu ersparen, kommen die Musikschullehrer für mehrere Stunden pro Woche in die Grundschule. Das hat bisher auch gut geklappt, sagt die geschäftsführende Leiterin Irmela Werner. Seit drei Wochen nun aber müssen Stunden ausfallen.

Betroffen ist der Gitarrenunterricht am Montagabend. Normalerweise übt Lehrer Simon Riedlecker bis 19.15 Uhr mit seinen Schülern. Dann kommt der Hausmeister, um das Schulhaus abzuschließen. Das allerdings will die Gemeinde so nicht mehr. Stattdessen müssen alle Personen bis 17.30 Uhr, wenn das Reinigungspersonal fertig ist, das Schulhaus verlassen haben. Die Folge: Für vier Schüler muss der Gitarrenunterricht derzeit ausfallen.

Hausmeister macht Überstunden

Eltern und Musikschüler sind davon gar nicht begeistert. Und auch die MTK bedauert die Entscheidung der Gemeinde. Dem Bannewitzer Verein sind bis zum neuen Schuljahr, wenn die Stundenpläne neu gestrickt werden, die Hände gebunden. Denn der Gitarrenunterricht lässt sich nicht auf einen anderen Tag verschieben. Simon Riedlecker ist an den übrigen Tagen in anderen Schulen im Einsatz. Auch einen anderen Lehrer organisieren kann das MTK nicht. „Gitarrenlehrer sind sehr schwer zu bekommen“, sagt Irmela Werner. Diese müssten zudem gut ausgebildet sein, damit der Verein Fördermittel erhält. Simon Riedlecker sei ein Glücksfall für die MTK. Der Österreicher ist mehrfach ausgezeichnet, unterrichtet unter anderem am renommierten Heinrich-Schütz-Konservatorium in Dresden.

Die Gemeinde unterdessen begründet ihre Entscheidung mit der klammen Haushaltskasse: Aus versicherungstechnischen Gründen kann das Rathaus nicht jedem einen Schlüssel zu Verfügung stellen. Und die Lösung über den Hausmeister sei nicht optimal. Sein Einsatz am Montagabend ist mit Überstunden und so mit Kosten für die Gemeinde verbunden. Außerdem sei es ungünstig, wenn unmittelbar nach der Reinigung noch Leute im Schulhaus unterwegs sind. „Die Reinigungskräfte können nicht erst loslegen, wenn die anderen raus sind. Sonst müssten wir unter Umständen Zuschläge bezahlen“, sagt Bürgermeister Frank Schöning. Damit nicht noch mehr Stunden ausfallen, drängen Eltern und MTK auf eine baldige Lösung. Schon im Sommer hatte Irmela Werner das Gespräch mit der Gemeinde gesucht – ohne Ergebnis. „Ich hoffe, dass die Gemeinde den Wert des Musikschulunterrichts versteht“, sagte eine Mutter im Gemeinderat. Er dürfe nicht an Formalien scheitern. Man könne froh sein, dass es den Unterricht gibt und die Kinder aufgehoben sind. Außerdem sei die Musikschule in der Gemeinde verwurzelt. So hatten die Schüler in der Vergangenheit schon öfter auf Jubiläen und Bürgerempfängen gespielt. „Es ist ein Geben und Nehmen“, sagte sie.

Noch etwas anderes besorgt die Musikschule: Die Gemeinde Kreischa will künftig eine Gebühr für die Nutzung der Räume im Schulhaus erheben. Fünf Euro pro Stunde verlangt sie vom MTK. Kosten, die der Verein nicht allein stemmen kann, sondern auf die Eltern umlegen muss: „Pro Schüler sind das Mehrkosten zwischen 90 und 135 Euro pro Jahr“, sagt Irmela Werner. Eine Summe, die sich nicht alle Eltern leisten können. Noch zumal der Verein seine Gebühren ohnehin bald anheben muss. „Da geht es um jeden Euro, den wir sparen können“, sagt Irmela Werner.

Nach der Gemeinderatssitzung, bei der er selbst nicht dabei war, hat der Bürgermeister Gesprächsbereitschaft signalisiert. Außerdem soll das Thema auf die Tagesordnung im nächsten Verwaltungsausschuss am 7. Dezember. Vorstellbar wäre etwa, dass die MTK auf andere, gemeindeeigene Räume wie etwa die Turnhalle ausweicht. Bei den Nutzungsgebühren sieht der Bürgermeister jedoch keinen Spielraum. Über den Betrag soll der Verein an den Betriebskosten beteiligt werden, so wie auch alle anderen Vereine, die Räume von der Gemeinde nutzen. Der MTK war eine Ausnahme – bisher. „Es geht nicht anders: Wir müssen fair gegenüber allen sein.“