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Wirbel um neues Windrad

Die Enso will bei Mohorn eine weitere Anlage bauen. Der Ortschaftsrat ist dagegen. Wird es eine Genehmigung geben?

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© Andreas Weihs

Von Annett Heyse

Mohorn. Ohne Unterlass drehen sich an diesem windigen Sommertag die drei Windräder auf einem Feld südlich von Mohorn und schaufeln ins Netz, was die Wirtschaft und jeder Haushalt braucht: Strom. Eine Anlage gehört der Energie Sachsen Ost (Enso), zwei werden von der Herzogswalder Agrar-Gesellschaft betrieben. Nun will die Enso ein viertes Rad errichten, um noch mehr elektrische Energie zu erzeugen.

Dabei geht es nicht um eine x-beliebige Anlage. Auf dem Feld zwischen dem Ort, der Bundesstraße und dem Tharandter Wald soll ein Turm samt Rotor gebaut werden, der in der Spitze knapp 150 Meter hoch ist. „Das wird wohl in der Nähe von Wohnsiedlungen und Erholungseinrichtungen kaum Befürworter finden“, kommentiert Ortsvorsteher André Börner. Ohnehin dagegen seien die Grundstückseigentümer in unmittelbarer Nähe des Windparks.

Geplant ist ein wahrhafter Koloss: Mit 104 Meter Nabenhöhe und einem Durchmesser der Rotoren von 92 Metern überragt er die drei vorhandenen Spargel um 50 Meter und mehr. Die haben eine Nabenhöhe von 64 Metern, die Flügel messen 40 und 70 Meter im Durchmesser. Macht zwischen 84 und 100 Meter Höhe. So sei es auch im Regionalplan festgehalten, der für das „Windenergievorranggebiet Mohorner Höhe“ eine Beschränkung von maximal 100 Meter Bauhöhe vorschreibe, heißt es aus dem Wilsdruffer Rathaus.

Diese Höhenbeschränkung werde beim geplanten Windrad nicht eingehalten, sagte Bürgermeister Ralf Rother (CDU) in der Sitzung des Technischen Ausschusses. Das habe der Ortschaftsrat der Enso auch bereits in einer Stellungnahme mitgeteilt.

Dennoch stellte das Unternehmen kürzlich einen Bauantrag beim Landkreis. Der Energieversorger argumentiert etwas anders. Demnach werde das Windrad in einer Senke gebaut. „Es wird optisch nur 30 Meter höher als die bestehenden Anlagen sein“, sagt Firmensprecherin Claudia Kuba. Schwerer dürfte aus Enso-Sicht aber ein anderer Punkt wiegen. „Im Regionalplan steht, dass die Höhenbeschränkung auf 100 Meter sich auf Windräder innerhalb eines Abstandes von 750 Metern zur Wohnbebauung bezieht“, erklärt Kuba. Diese Vorgaben würden eingehalten, da die Enso außerhalb dieser Zone baue. Zudem verstehe man unter „Wohnbebauung“ komplette Siedlungen, keine einzelnen Häuser. Im für die Baugenehmigung zuständigen Landratsamt bestätigt man die Auslegung. Es gäbe keinen Konflikt, die Abstände würden eingehalten. „Damit ist aus raumordnerischer Sicht und bei Einhaltung aller gesetzlichen Normen die Windenergieanlage zulässig“, teilt Pressesprecherin Karin Kerber mit.

Noch andere Interessenten für den Standort

Der Mohorner Windpark, rund fünf Hektar groß, wurde 1996 eingerichtet. Zunächst setzte die Enso ein Windrad hin, insgesamt 85 Meter hoch. Es lieferte 18 Jahre lang Strom, bevor es 2014 gegen ein höheres und leistungsfähigeres Windrad ausgetauscht wurde. Dies ist 100 Meter hoch und liefert den dreifachen Stromertrag. „Der Antrag der Enso gegen die Stellungnahme des Ortschaftsrates hat sicher wirtschaftliche Gründe“, vermutet daher nicht nur Ortsvorsteher Börner. Auch andere hatten sich für den Standort interessiert. So die Herzogswalder Agrargesellschaft, die die beiden anderen Windräder betreibt und gerne ein weiteres errichten wollte. Der Plan scheiterte 2014.

Und das lag auch an der Enso. Deren Leitungen im Bereich Mohorn-Süd hatten damals nicht die Kapazitäten, um weitere Energie aufzunehmen. „Der Aufwand, neue Kabel zu verlegen, wäre unverhältnismäßig hoch gewesen“, erinnert sich Heinz Hubrig, Geschäftsführer des Landwirtschaftsbetriebs, an die Verhandlungen damals. Die Landwirte legten ihre Pläne schließlich ad acta und wollen sie auch nicht wieder hervorholen. Hubrig: „Für uns hat sich das erledigt, wir bleiben bei unseren zwei Anlagen.“

Die Enso aber hat seitdem den Ökostrom-Schwung der Energiewende genutzt und die Planung selbst weiterentwickelt. Dass nun ein solch großes Windrad dort hin soll, macht den Mohornern Sorgen. Und sie argumentieren dabei auch mit dem Naturschutz und dem Tourismus. Da wäre zum einen der nahe Tharandter Wald, als Naherholungsgebiet wichtig für die Region. Zum anderen haben Rotmilan und Schwarzstorch in Mohorn ihre Brut- und Jagdgebiete. Vor allem Rotmilane würden häufig über dem Milchhof gesichtet, berichten Anwohner. Der Milchhof liegt nur 500 Meter vom Windpark entfernt.

Ob die Argumente helfen? Fakt ist, dass das geplante Windrad eine vergleichsweise niedrige Höhe hat: „Die im vergangenen Jahr in Deutschland errichteten Windenergieanlagen haben Nabenhöhen von durchschnittlich 123 Metern, Rotordurchmesser von 105 Metern und damit Gesamthöhen von 175 Metern“ heißt es bei der Enso.