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„Wir stehen auf der Straße“

Dem Jugendklub Görna wurde das Domizil fristlos gekündigt. Vereinschef Gottfried Striegler findet den Rausschmiss zu hart.

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© Claudia Hübschmann

Käbschütztal. Selten war sich der Gemeinderat von Käbschütztal so einig wie in dieser Frage: Wegen Lärms und Unordnung wurde dem Jugendklub Görna der Mietvertrag für den ehemaligen Bahnhof gekündigt. Die SZ sprach mit dem Vereinschef, dem Speditionskaufmann Gottfried Striegler (22) aus Lommatzsch.

Herr Striegler, kam die Vertragskündigung für Sie überraschend?

Ja, das kann man wohl sagen. Sicher gab es seit längerer Zeit Probleme. Doch niemals wurde uns die Kündigung angedroht, es gab nicht mal eine Abmahnung.

Dass es oft Lärm bis in die Nacht gab und es - freundlich formuliert - um den Klub nicht besonders ordentlich aussah, ist aber unbestreitbar.

Ja, das war so. Wir hatten uns verpflichtet, alles aufzuräumen, in Ordnung zu bringen, zu reparieren.

Und haben es nicht gemacht. Warum nicht?

Wir hatten der Gemeinde schriftlich mitgeteilt, dass wir bis zum 31. Januar alles in Ordnung bringen wollen. Auf diese Mail gab es keine Reaktion.

Sie hätten anrufen oder von sich aus aufräumen können , so wie es sich gehört, wenn man ein fremdes Objekt mietet?

Sicher, ich sage ja nicht, dass wir keine Fehler gemacht haben. Und dennoch finde ich die fristlose Kündigung zu hart. 30 Mädchen und Jungen stehen auf der Straße.

Sie sind Schatzmeister der Jungen Alternative Meißen, also in der AfD aktiv. Glauben Sie, dass die Kündigung mit Ihrer politischen Einstellung zu tun hat?

Ich glaube es nicht, und ich hoffe es auch nicht. Das hieße ja, dass jemand wegen seiner Meinung bestraft wird und 29 andere Leute gleich mit. Außer mir ist übrigens kein anderes Mitglied unseres Klubs in der AfD. Nein, die Gründe sind andere, wir müssen die Fehler bei uns selbst suchen. Dennoch denke ich, dass man nicht gleich mit einer Kündigung reagieren musste.

Es soll seit Jahren Probleme mit den Nachbarn gegeben haben?

Wir haben die Nachbarn in der Vergangenheit immer informiert, dass es eine Veranstaltung geben wird, die genehmigt ist und auch länger dauern wird. Doch wir haben nie die genehmigten Zeiten überzogen.

Wie oft trafen Sie sich im Jugendklub?

Außer montags nahezu täglich. Dazu muss man wissen, dass der Kern eine frühere Lommatzscher Schulklasse ist. Die Freundschaft hat sich erhalten.

Was haben Sie gemacht im Klub?

Wir haben gequatscht, gegrillt, Fußball geguckt, Geburtstage gefeiert.

Mit teilweise bis zu 100 Leuten. Ist das nicht zu viel für diesen kleinen Klub?

Ja, in das Haus bekommt man nur rund 30 Leute rein. Da mussten wir natürlich draußen feiern. Normalerweise ist der Jugendklub nur für unseren Verein gedacht. Doch Feiern sprechen sich über die sozialen Netzwerke schnell herum. Da kann man schlecht jemanden wegschicken. Wir haben aber auch schon Fußballturniere in Großkagen und Moped-Ausfahrten zum Männertag organisiert.

Wie man sieht, wurden die Schäden inzwischen beseitigt. Waren Sie und ihre Mitstreiter das?

Ja, natürlich. Es haben eine Woche lang teilweise bis zu 20 Leute abends hier gearbeitet, um alles wieder herzurichten. 15 Zaunfelder wurden erneuert, der Müll weggeräumt, mehrere Zaunsäulen haben wir schon vor einiger Zeit erneuert. Und wir haben unser ganzes Inventar ausgeräumt.

Wo treffen Sie sich jetzt?

Im Moment haben wir keinen Treffpunkt, es ist auch schwierig, etwas zu finden. Wir gehen jetzt zum Bowling oder treffen uns einmal in der Woche zum Volleyballspielen in der Sporthalle in Krögis. Doch wir merken jetzt schon, dass die Freundschaften auseinandergehen, wenn man sich nicht mehr so regelmäßig trifft. Ich hoffe, es kommt nicht zur Auflösung des Vereins.

Wie soll es nun weitergehen?

Nächste Woche ist erst mal Abnahme, dann wird sich zeigen, ob die Gemeinde mit unserer Arbeit zufrieden ist. Dann soll das Objekt ja wieder zur Vermietung ausgeschrieben werden. Es ist auch im Interesse der Gemeinde, wenn das Haus genutzt wird und nicht verfällt.

Wie hoch schätzen sie die Chance ein, dass der Jugendklub Görna wieder Mieter wird?

Ich weiß es nicht. So wie die Stimmung jetzt ist, rechne ich uns allerdings wenig Chancen aus.

Das Gespräch führte Jürgen Müller