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„Wir schreiben heute Geschichte“

Der Stadtrat votiert mit großer Mehrheit für Freitals neues Stadtzentrum. Vor der Abstimmung werden einige emotional.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Tobias Winzer

Freital. Am Tag nach der Entscheidung ist Freitals Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU) der Stolz noch immer deutlich anzumerken. „Vor Freude habe ich wenig geschlafen“, sagt das Stadtoberhaupt am Freitagmorgen. „Es macht mich stolz, dass wir die Auserwählten sein dürfen, die das Stadtzentrum für Freital endlich realisieren dürfen.“

Die RTLL-Gruppe hat ihren Entwurf in den vergangenen Monaten noch einmal überarbeitet. Links ist das ursprüngliche Konzept vom Jahresanfang zu sehen. Nach Hinweisen von Stadtverwaltung, Stadträten und Freitalern wurde der große Riegel an der Dresdner Stra
Die RTLL-Gruppe hat ihren Entwurf in den vergangenen Monaten noch einmal überarbeitet. Links ist das ursprüngliche Konzept vom Jahresanfang zu sehen. Nach Hinweisen von Stadtverwaltung, Stadträten und Freitalern wurde der große Riegel an der Dresdner Stra © Ansichten: Stadtprojekt Rogge.Pfau

14 Stunden zuvor hatte der Stadtrat mit großer Mehrheit den Weg dafür freigemacht. Wie bereits erwartet worden war, stimmten die Volksvertreter 22-mal mit Ja bei einer Nein-Stimme und acht Enthaltungen für die RTLL-Gruppe als Investor. Das mittelständische Unternehmen aus Kirchberg bei Zwickau soll das rund drei Fußballfelder große Grundstück an der Ecke Dresdner Straße/Poisentalstraße bebauen. Läuft alles nach Plan, ist es 2021, zum hundertjährigen Stadtjubiläum Freitals, fertig.

Der Abstimmung im Stadtrat waren monatelange Gespräche, Diskussionen und Probeabstimmungen vorausgegangen. In der Sitzung am Donnerstagabend wurde deswegen kaum noch über Inhalte, dafür mehr über die Bedeutung des Projektes für die Stadt Freital gesprochen.

„Ich bin selbst ziemlich aufgeregt“, sagte der CDU-Fraktionschef Martin Rülke bei seiner Rede. „Wir schreiben heute Geschichte“, so Frank Gliemann, Chef der Freien Wähler. Für Klaus Wolframm, Fraktionschef der SPD, war es persönlich „die schwierigste Entscheidung im Stadtrat“. FDP-Mann Lothar Brandau sprach von einem „tollen Tag“. Freital habe nun die Chance, „zu einer Stadt der Zukunft zu werden“. Viele der Stadträte betonten, dass es wichtig sei, die Freitaler bei der nun anschließenden Feinplanung einzubeziehen. Außerdem machten sie sich dafür stark, dass die beiden letztlich unterlegenen Investoren an anderer Stelle in Freital zum Zuge kommen.

Wie Oberbürgermeister Rumberg am Freitag betonte, werden Stadt und Investor nun an den letzten Details des Kaufvertrags arbeiten. Die RTLL-Gruppe will 1,2 Millionen Euro für das Grundstück zahlen. Weil die Stadt das Gelände mit Fördermitteln gekauft hat und auch für den Abriss der dort stehenden Häuser Zuschüsse flossen, muss Freital einen Großteil der Summe an den Bund und das Land zurückzahlen. Rund 80 000 Euro kann die Stadt behalten. Rund 400 000 Euro der Einnahmen müssen laut Fördermittel-Regeln im direkten Umfeld in andere Bauprojekte investiert werden.

Baustart Ende 2018/Anfang 2019

Nach Abschluss des Kaufvertrages wird die Stadt gemeinsam mit RTLL einen sogenannten Bebauungsplan erstellen. Er ist Voraussetzung dafür, dass die Arbeiten beginnen können.

„Wir rechnen damit, dass der Plan Ende 2018/Anfang 2019 steht“, so Rumberg. Er zeigte sich optimistisch für die anstehenden Gespräche mit dem Investor. „RTLL hat seinen Entwurf nach Hinweisen aus der Stadtverwaltung, von Stadträten und aus der Bevölkerung noch einmal angepasst. Das ist ein gutes Signal für gelebte Stadtdemokratie.“ Wie genau die Freitaler künftig in den Planungsprozess einbezogen werden, steht laut Rumberg noch nicht fest. Am 18. Oktober, 18 Uhr, ist zunächst eine Bürgerversammlung im Stadtkulturhaus geplant. Dabei stellen Stadt und Investor ihre Pläne öffentlich vor.

Zwei der Details, über die nun noch zu reden sein wird, sind die Fassadengestaltung sowie der geplante Brückenschlag über die Weißeritz. „Die ersten Entwürfe liegen vor. Es wird sicher etwas moderner werden“, sagte Rumberg zur möglichen Fassadengestaltung. Es werde aber sicher kein Sparbau, versprach er. Kompliziert könnten die Verhandlungen zum Brückenbau werden. Wie auf der Stadtratssitzung am Donnerstag bekannt wurde, will der Siegburger Investor Günter Herms das Grundstück auf der anderen Seite der Weißeritz kaufen. Dort haben derzeit noch die Becker-Umweltdienste ihren Sitz, wollen diesen aber Richtung Wurgwitz verlassen. Herms hatte sich auch um das Areal Dresdner Straße/Poisentalstraße beworben, bekam aber nicht den Zuschlag. Denkbar wäre nun, dass sich RTLL und Herms die Kosten für den Neubau der Brücke teilen. „Die Verhandlungen werden sicher interessant“, sagte Rumberg.

Dass es RTLL mit seinen Plänen ernst meint, daran hat kaum jemand Zweifel. Das Unternehmen kann deutschlandweit Referenzen für ähnliche Projekte vorweisen. Das Vorhaben in Freital mit einer geschätzten Investitionssumme von mindestens 30 Millionen Euro dürfte jedoch zu den größten Projekten der Firmengeschichte werden.

Michael Hampel, Leiter der Projektentwicklung bei RTLL, fand deshalb im Stadtrat deutliche Worte. „Das ist nicht nur für Sie ein historischer Moment, sondern auch für uns“, sagte er in Richtung der Stadträte. „Wir freuen uns auf die Aufgabe. Das Projekt steht bei uns ganz oben auf der Liste.“