Merken

„Wir schließen keine Bankfilialen“

Riesas Commerzbank-Chef wird derzeit immer wieder mit derselben Frage konfrontiert.

Teilen
Folgen
© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Sparkassen- und Bankenchefs müssen sich seit Monaten immer dieselbe Fragen gefallen lassen: „Warum macht ihr Filialen dicht?“ Bei der Commerzbank in Riesa fällt der Satz in abgewandelter Form: „Wann macht ihr Filialen zu?“ Das ist eine der häufigsten Fragen, die einem derzeit gestellt werden, sagt Jörg Windorf, Direktor der Commerzbank in Riesa. Tatsächlich weist er die Befürchtung der Kunden zurück. „Wir schließen keine Bankfilialen“, sagt der 53-Jährige. „Die Commerzbank hat aktuell noch gut 1 000 Filialen in Deutschland – und es sollen nach dem Jahr 2020 auch noch 1 000 Filialen sein.“ Wobei man dabei berücksichtigen muss, dass die Commerzbank – anders als etwa Sparkasse oder Volksbank – ohnehin nicht in kleineren Orten wie Strehla, Zeithain, Nünchritz vertreten ist oder war.

Derzeit hat die deutschlandweit agierende Bank neben Riesa Filialen in Oschatz, Meißen, Döbeln, Bad Liebenwerda. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass mal eine Filiale ein paar Quadratmeter kleiner wird oder innerhalb eines Ortes umzieht. Aber an der Präsenz in der Region wollen wir festhalten: Nicht jeder Kunde möchte seine Bankgeschäfte online führen.“ Windorf selbst würde mit der Commerzbank am liebsten ans andere Ende der Hauptstraße ziehen – weg vom Ende Richtung Rathaus, hin zur Konkurrenz von Sparkasse und Volksbank. Dort seien die Kundenströme deutlich größer.

210 neue Kunden

Dabei hat der Commerzbank-Filialdirektor im vergangenen Jahr gerade erst 210 neue Privatkunden gewonnen. „Insgesamt betreuen wir jetzt rund 6 100 Privatkunden in Riesa und Umgebung.“ Tatsächlich habe man dabei auch die Filialschließungen bei der Sparkasse bemerkt. Im Kreditgeschäft profitiere die Filiale von einer hohen Nachfrage wegen der niedrigen Zinsen. So stieg das Volumen bei Baufinanzierungen um 5,6 Millionen Euro, bei Konsumentenkrediten um 1,1 Millionen Euro, bei Individualkrediten um 900 000 Euro. Insgesamt verwaltete die Commerzbank in Riesa zum Jahresende für Privatkunden ein Kreditvermögen von 33 Millionen Euro. – Im Wertpapiergeschäft war die Commerzbank in Riesa ebenfalls auf Wachstumskurs: 2,4 Millionen Euro legten die Privatkunden neu an. Insgesamt verwaltete die Filiale Ende 2016 ein Einlagevermögen von 62 Millionen Euro. „Die niedrigen Zinsen nagen an Vermögen und Altersvorsorge der Sparer“, sagt Jörg Windorf.

Deshalb müsse man sich um seine Geldanlage kümmern. Zuletzt habe sich die Inflation spürbar erhöht. „Die schleichende Enteignung gewinnt an Tempo.“ Statt zu sparen, gelte es anzulegen. „Der Zins von heute heißt Dividende.“

Beim Anlegen gelte es, sein Geld breit zu streuen, nicht alles auf ein Pferd zu setzen. „Null Risiko gibt es aber seit dem Jahr 2008 nicht mehr.“ Damals hatte die Finanzkrise ihren Höhepunkt erreicht. Heute hingegen würden sich Ereignisse wie der Brexit oder die Wahl von Donald Trump auf die Börsen auswirken. Zwar könne man heute nicht mehr 4,5 Prozent Zinsen bieten – immerhin aber seien bei der Commerzbank derzeit Negativzinsen auf Sparguthaben kein Thema.

Sein Geld wegen quasi nicht vorhandener Zinsen zu Hause zu bunkern, sei allerdings auch keine gute Alternative. „Da droht dann womöglich die nächste Einbruchserie.“ Wer tatsächlich Wertvolles sicher deponieren wolle, könne sich eines der 400 in Riesa vorhandenen Commerzbank-Schließfächer mieten. Anders als die Schließfächer soll das Girokonto bei der Commerzbank kostenlos bleiben – für Leute mit einem Mindesteingang von 1 200 Euro pro Monat. Mit dem Angebot wolle man weiter Marktanteile in Riesa gewinnen, sagt der frühere Radsportprofi, der mit dem SC Turbine Erfurt in den 80ern die eine oder andere Medaille einfuhr und vom Profisport – mit 36 000 Radkilometern pro Jahr – Anfang der 90er in das Bankwesen wechselte. „Im Sport habe ich viel gelernt für den Beruf: zum Beispiel, sich bei Schwierigkeiten durchzubeißen“, sagt der heutige Coswiger.