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„Wir quälen unsere Tiere nicht“

Derzeit gastiert der Schweriner Circus Olympia in Riesa. Dessen Plakate wurden beschmiert. Zu Recht?

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© Lutz Weidler

Von Uta Büttner

Riesa. Das Kamelfell glänzt, trockenes Heu liegt in den Gehegen, es ist ausgemistet. Ein mit Gras bewachsenes Auslaufgehege – etwa halb so groß wie ein Fußballfeld – grenzt an die mobilen Stallungen an. „Den Tieren soll es gutgehen, wir lieben unsere Tiere“, sagt Artistin Lavinia Renz. Ihr Freund Robert Lauenburger, Juniorchef des derzeit in Riesa gastierenden Circus Olympia, ergänzt: „Deshalb sind wir auch selbst Mitglied im Tierschutzverein.“ Beide können nicht verstehen, warum sogenannte Tierschützer immer wieder Plakate beschmieren oder Flyer mit der Aufforderung, den Zirkus nicht zu besuchen, verteilen. „Wir ärgern uns, aber wir reagieren nicht mehr darauf“, sagt Renz.

Deshalb ärgern sie sich über die Beschmierungen ihrer Plakate.
Deshalb ärgern sie sich über die Beschmierungen ihrer Plakate. © Eric Weser

„Einmal haben wir einige Flyerverteiler auf unser Gelände eingeladen. Sie sollten sich anschauen, wie unsere Pferde, Kamele und Lamas gehalten werden. Als sie hörten, dass wir keine Wildtiere wie Elefanten oder Tiger haben, hatten sie kein Interesse mehr“, erzählt Renz und fordert: „Bevor die Leute uns als Tierquäler beschimpfen, sollen sie sich ein Bild von uns machen.“

Lavinia Renz zeigt auf das alte Pony namens Floh. Es ist schon 27 Jahre alt und sei seit sieben Jahren nicht mehr in der Manege. „Dafür ist es zu alt, obwohl es kerngesund ist.“ Natürlich könnten sie nicht immer alle alten Tiere auf Tour mitnehmen. „Deshalb arbeiten wir auch mit einem Gnadenhof zusammen, wo die Tiere nach ihrer Zeit im Zirkus leben. Sie werden nicht einfach eingeschläfert, das ist uns sehr wichtig“, betont Renz.

Seit Jahren kämpft die Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ für ein Wildtierverbot in deutschen Zirkussen. Erst am Mittwoch übergab die Organisation eine Petition mit fast 100 000 Unterschriften an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Unter anderem bemängeln die Tierschützer den Bewegungsmangel, ständige Ortswechsel sowie lange Transportzeiten. Lavinia Renz sagt: „Bei uns haben die Tiere häufig mehr Auslauf als in manchen Zoos. Und wir beschäftigen uns tagtäglich mit den Tieren.“ Auch achten die Zirkusbetreiber auf möglichst kurze Transportstrecken. „Zwei bis drei Stunden sollen sie höchstens im Wagen verbringen.“ Entsprechend werden die Routen gewählt. So kam der Circus Olympia aus Zeitz und reist am Sonntag weiter nach Forst. In Riesa ist der Zirkus zum ersten Mal. „Bevor wir an einen neuen Ort fahren, schauen wir uns den Platz an. Die Tiere brauchen genügend Auslauf“, sagt Renz. In manchen Städten seien die Bedingungen nicht so ideal wie in Riesa. „Dann aber reden wir zum Beispiel mit Bauern, ob unsere Tiere auf ihre Koppel gehen dürfen.“

Tierverbot in Zirkussen?

Die Tierrechtsorganisation PETA geht noch einen Schritt weiter als „Vier Pfoten“: Sie fordert ein generelles Tierverbot in Zirkussen. „Doch dann gibt es auch keinen Zirkus mehr“, meint Lavinia Renz. Ein Zirkus ohne Tiere sei kein Zirkus mehr, sondern ein Varietétheater.

Uwe Brestel, Vorsitzender des Tierschutzvereins Riesa und Umgebung, meint: „Es ist ein sehr heißes Thema und mit Ja oder Nein schwer zu beantworten.“ Für ihn ist wichtig, dass die Leute verantwortungsbewusst mit den Tieren umgehen. Egal, ob im Zirkus, beim Sport oder zu Hause. Man könnte Stunden über Für und Wider philosophieren. So müsse man sich auch die Frage stellen, ob zum Beispiel Tiere im Zoo artgerecht gehalten werden können. Und ob es Tierquälerei ist, einen Tiger oder Hund zu dressieren, vermag Brestel auch nicht zu sagen.

Ebenso sei in dieser Diskussion der Reitsport grenzwertig, meint Brestel. „Irgendwo ist es immer Zwang, aber das ist immer so.“ Für Brestel ist es wichtig, ein Tier immer als Kreatur zu akzeptieren und nicht den Kommerz in den Vordergrund zu stellen. „Denn letztlich wissen die Menschen nicht, was den Tieren gefällt.“ Menschen definieren und machen die Vorschriften – aus eigener Erfahrung und Beobachtung. „Aber kein Tier kann uns eine Antwort geben.“ Und deshalb sagt Uwe Brestel: „Das Wichtigste ist, das Tier als Partner zu sehen.“

Lavinia Renz und ihre Zirkuskollegen leben mit ihren Tieren. „Wir zwingen sie zu nichts.“ Wenn die Pferde zum Beispiel mal keine Lust hätten, dann bekämen sie eben kein Stück Brot oder Pferdeleckerli. „Das ist wie in einer Hundeschule“, sagt sie. „Wir peitschen unsere Tiere nicht, das sind nur Gesten. Und wenn sie in der Manege mal ein Kunststück nicht zeigen wollen, dann lassen wir sie eben.“