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„Wir können nicht wie die Behörden einen Tag zumachen“

Geschichten zum Brückentag: Der Rothenburger Pflegedienst von Annett Preuß arbeitet immer. Dennoch haben die Beschäftigten ihre freien Tage.

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© André Schulze

Von Steffen Gerhardt

Zwischen Christi Himmelfahrt und dem Wochenende liegt der Freitag. Dieser wird gern als Brückentag genutzt und zum inoffiziellen Feiertag erklärt. Vor allem Ämter und Behörden nutzen diesen Tag, um ihren Beschäftigten ein langes Wochenende zu gönnen. Aber auch Kitas und Schulen sind geschlossen. Das passt nicht jedem Bürger, zumal es für andere Berufe kein langes Wochenende geben kann.

Wir arbeiten 24 Stunden – und das an sieben Tagen in der Woche“, sagt Annett Preuß. Sie ist die Inhaberin eines Pflegedienstes mit Sitz in Rothenburg. So gesehen, spielen Feiertage und Brückentage für sie eine untergeordnete Rolle. Seit sie den Beruf der Krankenschwester gelernt hat, weiß sie, dass sie auch an Wochenenden und Feiertagen gebraucht wird. Mit diesem Bewusstsein im Kopf arbeitet die 47-Jährige seit fast drei Jahrzehnten in diesem Beruf. Seit vier Jahren führt sie ihren eigenen ambulanten Pflegedienst.

„Für mich ist es mehr als ein Beruf, es ist eine Berufung, anderen Menschen zu helfen, für sie da zu sein“, beschreibt sie ihr Motto. Das gibt sie an ihre Mitarbeiter weiter. Am Dienstag ist ein neuer dazugekommen: Ein junger Mann, der bei ihr in der Pflege arbeiten will. Trotz Schichtdienst sowie Feiertags- und Wochenendarbeit. „In diesem Jahr habe ich schon drei Neueinstellungen vorgenommen, wir sind jetzt ein Team aus 23 Fachkräften“, berichtet die Chefin.

Sie weiß aber auch, dass die Fluktuation in diesem Beruf recht hoch ist. Nicht jeder ist den Anforderungen gewachsen beziehungsweise stellt sich diesen. Dennoch achtet sie als Chefin darauf, dass für eine ausgleichende Gerechtigkeit zwischen ihren Mitarbeitern gesorgt ist. „Wer zu Pfingsten arbeitet, hat am 1. Mai und zu Himmelfahrt frei. Umgekehrt ist es genauso“, nennt sie als ein Beispiel. Elf ihrer Mitarbeiter sind am Feiertag und am Freitag im Einsatz. Die andere Hälfte der Mannschaft hat frei. Zwischen Weihnachten und Jahreswechsel wird ebenfalls das Personal so eingeteilt, dass möglichst keiner zu beiden Feiertagen Dienst hat.

Aus ihrer Sicht sind Brückentage keine gute Erfindung. Annett Preuß fragt sich: „Was machen die Mütter mit ihren Kindern, wenn am Freitag die Kita zu ist?“ Dann wird sie Dienstliches mit Privatem in Einklang bringen müssen. Am Freitag soll eine neue Bewohnerin aus einer Reha-Klinik in Pulsnitz in ihre Einrichtung des betreuten Wohnens gefahren werden, und da will sie schon selbst mit dabei sein. „Der Freitag ist also ein Arbeitstag für mich wie jeder andere auch“, sagt sie. Das sollte auch für andere gelten. Mit welchem Recht schließen Behörden und Kindereinrichtungen ihr Haus zu? „Zumindest könnte mit minimaler Besetzung gearbeitet werden“, ist die Pflegedienstleiterin überzeugt.

Hinzu kommt, dass Deutschland bereits viele gesetzliche Feiertage über das Jahr hat, an denen das öffentliche Leben lahm liegt. Besonders der Monat Mai ist davon betroffen – mit 1. Mai, Himmelfahrt und Pfingsten.