Merken

„Wir hatten Glück mit Streumen“

Sachsens erstes Bürgerwindrad startet am Freitag offiziell seinen Betrieb. Vor Ort wollen bisher aber nur wenige mitmachen.

Teilen
Folgen
NEU!
© Archivfoto: Sebastian Schultz

Herr Stoye, was unterscheidet das Bürgerwindrad von anderen Anlagen im Streumener Windpark?

Jan Stoye ist einer der Vorstände der 2013 gegründeten Energiegenossenschaft Egneos. Der Vorstand arbeitet ehrenamtlich.
Jan Stoye ist einer der Vorstände der 2013 gegründeten Energiegenossenschaft Egneos. Der Vorstand arbeitet ehrenamtlich. © Archivfotos: Sebastian Schultz

Dass es unserer Genossenschaft gehört, der Energiegenossenschaft Neue Energien Ostsachen oder kurz: Egneos. Bei uns sich jeder finanziell beteiligen – was inzwischen 107 Leute machen. All diese Leute sind Miteigentümer des Windrades und profitieren von den Erträgen, die die Anlage in den nächsten 20 Jahren erwirtschaften wird.

Wird das Windrad abgerissen, sobald diese 20 Jahre um sind?

Nein, diese 20 Jahre sind die Zeit, in der wir eine feste Vergütung für den Strom bekommen, der vom Windrad erzeugt und ins Netz gespeist wird. Auf diesen Zeitraum ist auch die Finanzierung gerechnet. Das eingesetzte Kapital plus Zinsen und Dividenden soll in dieser Zeit zurückgezahlt werden. Wir gehen davon aus, dass die Anlage bis zu 30 Jahre halten wird.

Was macht Sie da sicher, immerhin standen die anderen Windräder gerade mal halb so lange?

Dass, was 1999 gebaut wurde, war die erste Generation von serienmäßigen Windanlagen. Mittlerweile hat die Technik enorme Fortschritte gemacht. Künftig werden mit einer Anlage jährlich sechs bis sieben Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt, das ist das Acht- bis Neunfache der Altanlagen. Auch die Haltbarkeit ist deutlich besser.

Erklärtes Ziel der Genossenschaft ist, möglichst viele Bürger vor Ort einzubeziehen. Wie viele Menschen aus der Region machen inzwischen mit?

Es sind noch nicht so viele, wie wir uns wünschen. Von unseren 107 Mitgliedern kommen bis jetzt etwa zehn aus Wülknitz und den Nachbargemeinden. Wir spüren aber, dass das Interesse vor Ort groß ist. Mein Eindruck ist, dass die Anwohner die letzten 15  Jahre neben dem Windpark gelebt, aber noch keinen Bezug dazu entwickelt haben. Das kommt und wächst jetzt aber langsam, glaube ich.

Vielleicht hängt der fehlende Bezug damit zusammen, dass die Windrad-Betreiber selbst kaum vor Ort sind? Wird das mit Ihnen anders?

Wir haben beim Dorffest mitgemacht, wollen nächstes Jahr zum ersten Mal ein Windradfest veranstalten. Stattfinden soll es Ende April. Es wendet sich an Mitglieder, aber auch an alle anderen Interessierten. Wenn es angenommen wird, wollen wir das in Zukunft jedes Jahr machen. Anders als manch andere Eigentümer sehen wir das Windrad nicht als Steuersparmodell. Wir wollen die Anlage behalten und betreiben, um sauberen Strom zu erzeugen.

Sitz ihrer Genossenschaft ist Dresden. Wie sind Sie auf Streumen gekommen?

Das kommt daher, dass ich den Wülknitzer Bürgermeister aus einem anderen Zusammenhang kenne und er gerne so ein Projekt realisieren wollte. Er hat uns auch die Kontakte zu den Windrad-Projektierern vermittelt.

Hatten Sie für das Bürgerwindrad auch andere Standorte im Blick?

Ja. Wir haben auch woanders versucht, Projekte anzukurbeln. Geklappt hat es letztlich in Streumen. Einen Standort zu finden war schwierig, weil in Sachsen kaum neue Windgebiete ausgewiesen wurden. Dort, wo Windräder 15 Jahre standen, gab es die Möglichkeit, etwas über die Anlagen-Erneuerung zu machen. Das war in Streumen der Fall. Und wir hatten auch etwas Glück.

Der niedrigste Betrag, mit dem man sich am Bürgerwindrad beteiligen konnte, lag anfangs bei 2 000 Euro. Jetzt sind es 500 Euro. Sind sie die Beteiligungen nicht losgeworden?

Es ist eher andersherum. Wir hatten viele Anfragen von Leuten, die sich mit kleineren Summen beteiligen wollen. Junge Familien oder Studenten, denen 2 000 Euro zu viel waren. Wir haben das dann ermöglicht. Der Verwaltungsaufwand ist zwar größer, aber es ist ja unser Ziel, eine möglichst breite Beteiligung zu ermöglichen.

Von den fünf Millionen Euro, die das Windrad kostet, soll die Hälfte aus Bürgerbeteiligungen kommen. Wie viel haben Sie bis jetzt zusammen?

Wir liegen derzeit bei etwa 350 000 Euro. Unser Ziel bleibt, die zweieinhalb Millionen zusammenzubekommen. Dafür haben wir bis Ende 2016 Zeit.

Und wenn das nicht klappt, gibt es dann Probleme?

Unser Minimalziel ist eine Million Euro. Wenn wir die nicht erreichen, werden wir auch außerhalb der Region Dresden-Riesa für das Projekt werben oder Kooperationspartner suchen. Wir wollen aber als Genossenschaft immer Mehrheits-Eigentümer bleiben.

Letzte Frage: Wird die Genossenschaft für Ihr Windrad denn auch Gewerbesteuern in Wülknitz zahlen?

Grundsätzlich stehen gesetzlich der Gemeinde 70 Prozent der Gewerbesteuer aus den Winderträgen zu. Die Höhe hängt vom Gewinn ab. Der ist – wie bei jeder Investition am Anfang niedrig – und wird im Laufe der Jahre ansteigen.Gespräch: Eric Weser

Am Freitag, 11. Dezember, wird das Bürgerwindrad ab 15 Uhr im Windpark mit einer öffentlichen Veranstaltung in Betrieb genommen. Infos zur Anfahrt: www.egneos.de