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„Wir dürfen Riesa nicht völlig verampeln“

Die Stadt plant drei neue Ampeln. Ist das wirklich nötig? Die SZ sprach mit Peter Kosciankowski von der Verkehrswacht.

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Riesa. Der Bauausschuss hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, drei neue Ampeln in Riesas Zentrum aufzustellen. Eine Anlage soll den Zebrastreifen an der Ecke Puschkinplatz/Hauptstraße/Breite Straße ersetzen. Eine zweite Ampel ist knapp 200 Meter weiter an der Ecke Puschkinplatz/ Friedrichs-Engels-Straße/ Lessingstraße geplant. Das dritte Lichtsignal soll die Fußgänger sicher über die Breitscheidstraße bringen, sobald der marode Fußgängertunnel gesperrt werden muss. Unumstritten ist die Entscheidung nicht. Wer wartet auch schon gern an einer Ampel? Die SZ sprach über die Pläne mit Peter Kosciankowski von der Verkehrswacht.

Peter Kosciankowski wohnt in Riesa und engagiert sich für die Verkehrswacht Riesa-Großenhain.
Peter Kosciankowski wohnt in Riesa und engagiert sich für die Verkehrswacht Riesa-Großenhain. © Sebastian Schultz

Herr Kosciankowski, wenn die Stadt ihre Pläne umsetzt, gibt es künftig 13 Fußgängerampeln. Großenhain kommt mit einer aus, Meißen hat vier, Oschatz fünf Ampeln für Fußgänger. Warum braucht Riesa so viele?

Der Eindruck, dass Riesa eine sehr hohe Ampeldichte hat, ist absolut richtig. Das liegt unter anderem an dem besonderen Aufbau der Innenstadt. Es gibt die langen Verkehrsadern: die Hauptstraße, die Goethestraße und die Friedrich-Engels-Straße. Die Robert-Koch-Straße hat erst in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Diese Adern werden durchschnitten von wichtigen Querstraßen wie die Klötzerstraße oder die Pausitzer Straße. An all diesen Kreuzungen entstehen relevante Punkte, an denen der Verkehr irgendwie geregelt werden muss. Es gibt aber auch einen Vorteil durch diese spezielle Straßenführung.

Welchen?

Durch die parallelen Verkehrsadern steht nicht immer alles gleich still, wenn es mal einen Unfall oder eine Baustelle gibt. Es gibt viele Ausweichmöglichkeiten.

Zurück zu den Ampeln: Kann die Straßenführung allein erklären, warum es in Riesa viermal so viele Anlagen gibt wie etwa in Meißen?

Das hängt sicher auch mit dem ampelfreundlichen Personal in der Stadtverwaltung hier zusammen. In Riesa hat man es außerdem verpasst, Kreisverkehre zu bauen. Die bringen einen stetigen Verkehrsfluss und verursachen weniger Folgekosten als eine Ampelanlage. Denn die muss ja auch jährlich gewartet werden. Aber die Zeit, in der neue Kreisverkehre großzügig gefördert wurden, ist jetzt vorbei. Wir müssen also nun damit leben.

Schauen wir uns die einzelnen Stellen, an denen neue Ampeln geplant sind, doch einmal genauer an. Nummer eins: Was sagen Sie zu der Ecke Hauptstraße/ Puschkinplatz/Breite Straße?

Das ist wirklich eine kritische Stelle. Die Unfallgefahr entsteht dort nicht durch falsche Beschilderung, sondern schlichtweg durch das falsche Verhalten der Verkehrsteilnehmer. Und damit meine ich nicht nur die Kraftfahrer und Fahrradfahrer. Ich habe schon häufig beobachtet, wie Fußgänger, sogar mit Rollatoren, statt den Zebrastreifen zu benutzen, die Straße auf Höhe des Zeitungskiosks überqueren, um so auf den Puschkinplatz zu kommen. Die geplante Ampel halte ich dort für absolut richtig. Sie ist notwendig, weil das Verhalten der Leute an dieser Stelle immer rücksichtsloser wird. Hier muss etwas passieren!

Nummer zwei: 200 Meter weiter will die Stadt eine Ampel an der Ecke Puschkinplatz/Friedrich-Engels-Straße/Lessingstraße aufstellen.

Auch diese geplante Ampel halte ich für notwendig. Dort kommen massenhaft Schüler und andere Fahrgäste mit den Bussen an. Die Stelle ist sehr unübersichtlich.

Nummer drei: Was sagen Sie zu der Ampel, die den Fußgängertunnel an der Breitscheidstraße ersetzen soll?

Das würde ich mir noch einmal überlegen. Wir müssen auch an den fließenden Verkehr denken. Es gibt auf dem etwa 400 Meter langen Abschnitt der Breitscheidstraße schon zwei Ampeln: eine an der Kasernenstraße und eine an der Klötzerstraße. Es ist einem Fußgänger zuzumuten, dass er 200 Meter läuft, um die Straße an einem sicheren Punkt zu überqueren. Wir von der Verkehrswacht setzen uns ja vor allem für die Schulwegsicherheit ein. Aber, wenn der Grundschulstandort wie derzeit geplant, wegfällt, brauchen wir hier auch keinen Schulweg mehr zu sichern. Es sollte also nicht so sein, dass die Ampel in dem Moment fertig ist, in dem die Schule geschlossen wird. Auch aus Kostengründen halte ich es für sinnvoller, den Tunnel so lang zu erhalten, wie es die Grundschule an der Breitscheidstraße noch gibt. Danach würde ich zwischen Fußweg und Straße Ketten spannen, damit die Leute nicht so über die Straße rennen und stattdessen die Ampel an der Kasernenstraße benutzen.

Also keine Ampel an dieser Stelle?

Genau. Die halte ich für verzichtbar. Wir dürfen Riesa nicht völlig „verampeln“. Die Stadt sollte sich stattdessen überlegen, an welcher Stelle man mal eine Ampel abbauen könnte. Aber dafür müsste man sich mal hinsetzen und ein umfassendes Verkehrskonzept erarbeiten. Mir macht es den Eindruck, als würde man in Riesa immer nur sehr punktuell vorgehen und das Große und Ganze aus dem Blick verlieren. Wenn Sie sich eine grüne Bluse kaufen wollen, schauen Sie ja auch vorher mal in Ihren Kleiderschrank, um zu sehen, ob die zu dem Rest Ihrer Sachen passt. Wir als Verkehrswacht würden uns dabei auch einbringen, aber mit der Stadt ins Gespräch zu kommen, ist leider nicht so einfach.

Das Gespräch führte Britta Veltzke.