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„Wir brauchen Zuwanderung!“

Zum Jahreswechsel hat die SZ mit OB Marco Müller (CDU) über den Tag der Sachsen, schnelles Internet und seine Pläne für 2018 gesprochen.

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© Sebastian Schultz

Herr Müller, worauf waren Sie 2017 als Riesas OB stolz?

Wir haben eine ganze Reihe an Infrastrukturmaßnahmen abgeschlossen: Ein Stück der Rostocker Straße wurde gebaut, ein Teil der Alleestraße hat eine neue Decke bekommen, die Dr.-Scheider-Straße am Käferberg wurde gebaut, an der Langen Straße wurden die Träger für die neue Brücke eingehoben. Und wir liegen bei der Schulsanierung voll im Plan! Darauf bin ich stolz – auch auf die Arbeit der Verwaltung. Wenn das Land die Fördermittel bewilligt, kommen wir auch hier zügig zum Ergebnis.

Und wo haben Sie sich mehr erhofft?

Ich wünsche mir, dass wir bald mehr Eigenheimstandorte zur Verfügung stellen können: Die Stadt ist nach wie vor attraktiv – für Zuzügler und für Riesaer, die hier bauen wollen. Dort müssen wir schneller vorankommen. Unsere beiden Eigenheimstandorte Am Stadtblick und Thomas-Müntzer-Straße sind ausverkauft: Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Wie sieht der Zeitplan für die Segouer Straße aus?

Wir sind eng an diesem Thema dran, stimmen uns mit dem Planer ab. Wann ein erster Spatenstich erfolgt, kann man noch nicht sagen. Wir bekommen regelmäßig Anfragen, denn die Riesaer warten drauf. Wir gehen derzeit davon aus, dass es Ende 2018 so weit ist.

Sind in Riesa noch andere Standorte für Eigenheime in Aussicht?

Wir haben ein Filetstück mitten in der Stadt, auf das wir keinen Zugriff haben: Das ist das alte Brauereigelände. Es ist durch seine Lage in der Innenstadt optimal für einen großen Eigenheimstandort geeignet. Wir stehen in Gesprächen mit dem Investor und möchten ihn auch unterstützen.

Im November-Stadtrat war die Zahl der in Riesa lebenden Ausländer Thema: Warum ist Riesa die Stadt im Landkreis mit den meisten Asylbewerbern?

Darüber entscheidet der Landkreis, die Stadt hat da wenig Einfluss. Der Kreis hat Verträge mit privaten Immobilieneigentümern abgeschlossen. Offenbar war es in Riesa einfacher, leerstehende Objekte zu finden. Aktuell liegt die Zahl der Asylbewerber in Riesa bei etwa 450.

Die Zahl der gemeldeten Ausländer ist deutlich stärker gestiegen, als die Zahl der Asylbewerber. Woran liegt das?

Wir lassen uns diese Zahlen jetzt zuarbeiten: In den Angaben des Landkreises tauchen nur Asylbewerber auf, aber nicht die Menschen mit Bleiberecht. Mit Familiennachzügen hat es jedenfalls nichts zu tun. Es könnten nach unseren Zahlen etwa 300 Menschen mehr sein.

Riesa hat verhältnismäßig mehr Asylbewerber als andere Städte im Landkreis – dabei gelten Sie als besonders skeptisch beim Thema Asyl. Haben Sie da gar keinen Einfluss in Meißen?

Ich stehe diesem Thema tatsächlich kritisch gegenüber! Die Menschen, die Schutz verdienen, kommen zurecht auch in Riesa unter. Aber wenn man ehrlich ist, handelt es sich bei einem Großteil um Wirtschaftsflüchtlinge. Deshalb betrachte ich das Thema seit 2015 differenziert – auch öffentlich. Wer kein Bleiberecht hat, wer unserer Gesellschaft Verachtung entgegenbringt, der wird nicht Teil unserer Gesellschaft werden können. Für straffällige Menschen, die bei uns Gastrecht und Versorgung genießen, fehlt mir im Übrigen jegliches Verständnis. Das möchte ich den Relativierern ausdrücklich entgegenhalten.

Sind der größte Anteil denn tatsächlich Wirtschaftsflüchtlinge?

Bei Menschen aus den Maghreb-Staaten und einigen anderen Ländern kann ich keinen humanitären Fluchtgrund erkennen – das sind für mich Wirtschaftsflüchtlinge.

Hat Riesa angesichts der demografischen Entwicklung nicht auch Zuwanderung nötig?

Ich habe immer gesagt: Wir brauchen ein gescheites Zuwanderungsgesetz. Ein Gesetz, das regelt, wen wir nach welchen Kriterien in unser Land lassen. Dazu zählt die Einstellung gegenüber unserem Land und unseren Werten. Dazu gehören die Bildung und der soziale Stand. Wir brauchen Zuwanderung! Das funktioniert ja auch gut, wenn Sie sich das Krankenhaus anschauen: Dort arbeiten viele ausländische Ärzte! Die Unzufriedenheit bei den Leuten resultiert daraus, dass nicht von Anfang an klar gesagt wurde, dass eben nicht die Ärzte, Ingenieure, Rechtsanwälte kommen – sondern auch gering ausgebildete Menschen. In erster Linie sollte die demografische Entwicklung durch kinder- und familienfreundliche Politik positiv beeinflusst werden, nicht durch Zuwanderung.

Gibt es in Riesa überhaupt ein Miteinander mit den Asylbewerbern – oder ist das eher ein nebenher?

Das Miteinander funktioniert dank der Diakonie und vieler Ehrenamtlicher. Es muss auch das Ziel sein, dass wir hier keine Parallelgesellschaft entwickeln, sondern dass diejenigen, die hierbleiben wollen, auch die Chance haben, sich zu integrieren.

Ein anderes Thema, das Riesa 2017 bewegt hat, war die Frage, wie sicher die Stadt ist. Sie haben mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Geert Mackenroth einen „Kriminalpräventiven Rat“ eingerichtet. Hat das schon etwas gebracht?

Dieser Rat befindet sich noch in den Kinderschuhen. Wir haben erst einmal mögliche Themen gesammelt. Die Leute diskutieren beispielsweise über Graffitischmiererei, Drogen, Einbrüche. Man muss allerdings sagen: Riesa ist eine sichere Stadt – auch dank der guten Arbeit unseres Polizeireviers. Mit dem Kriminalpräventiven Rat wollen wir das Sicherheitsgefühl der Bürger verbessern. Anfang 2018 soll es eine Veranstaltung mit breiterer Beteiligung zum Thema Einbruchsdiebstahl geben.

2016 ist das neue Gewerbegebiet Glogauer Straße fertig geworden. Noch sieht es ziemlich leer aus. Wann wird es ausgebucht sein?

Ich hoffe, dass es weiter gut vorangeht. Wir freuen uns, dass der Kabel-Spezialist LKP Leichsner-Kompro vom Flugplatz dorthin gezogen ist, wir haben dort den Handelshof und die Dekra. Es gibt Gespräche mit einem Sanitätshaus, das sich dort ansiedeln will. Wann das letzte Grundstück verkauft wird, kann ich natürlich nicht seriös sagen.

Ein Standortfaktor ist das schnelle Internet. Das soll nun 2020 kommen. Hätten Sie gedacht, dass es schneller geht?

Wir haben im vorigen Jahr den Antrag gestellt und in diesem Jahr die Bewilligung bekommen. Die Kommunen müssen den Breitband-Ausbau europaweit ausschreiben und auch noch einen Bauunternehmer finden. Es war nicht realistisch, das bis Ende 2018 zu schaffen. Jetzt haben wir eine Fristverlängerung bis Ende 2020 erhalten. Was wir als Stadt in eigener Regie mit unseren städtischen Gesellschaften stemmen können, haben wir bereits umgesetzt. So verfügen beide Gymnasien über Glasfaseranbindung und High-Speed-Internet. Parallel zu unseren Aktivitäten wird die Telekom schon 2018 die Qualität für rund 10 000 Riesaer Haushalte deutlich verbessern. Es bleibt unser Anspruch, dass ganz Riesa rasch mit schnellem Internet versorgt wird – auch die ländlichen Ortsteile.

Wird nächstes Jahr wieder so viel an Straßen und Brücken gebaut wie 2017?

Das hoffe ich! Auch wenn es für manchen zeitweise Umwege bringt, bedeutet es doch, dass es vorangeht.

Immer, wenn die Stadt sich etwas nicht leisten kann, bekommt man zu hören: „Aber für den Tag der Sachsen ist Geld da“. Was sagen Sie dazu?

Es war immer klar, dass wir das anstehende Jubiläum „900 Jahre Riesa“ mit einer größeren Feierlichkeit verbinden. Die Bürgerschaft hat auch das Recht, auf die eigene Leistung stolz zu sein und das zu feiern! Wir werden hunderttausende Gäste begrüßen und von Riesas Attraktivität überzeugen können. Natürlich kostet so eine Feierlichkeit mehr als ein normales Stadtfest. Aber wir setzen alles daran, dass es in dem Rahmen bleibt, den wir per Stadtratsbeschluss festgelegt haben. Wir haben seriös geplant. Ich freue mich darauf!

Es gibt vom Freistaat Geld für eine Baumaßnahme im Zusammenhang mit dem Volksfest. Was bauen Sie damit?

Da sind wir noch in Diskussionen mit den Stadtrat-Fraktionsvorsitzenden. Ein Gedanke ist, das Gebäude Kaffee Starke und den Rathausplatz aufzuwerten. Wir haben aber auch an anderen Stellen dringenden Handlungsbedarf, wenn ich etwa an unsere Feuerwehrgebäude denke. Auch das sollte sich mit den Fördermitteln für den Tag der Sachsen darstellen lassen.

Was ist ihr Wunsch für 2018?

Dass wir beim Thema Schule weiter gut vorankommen. Und dass wir wiederum die eine oder andere Straße erneuern können. Das hängt von Fördermitteln ab und bei Anliegerstraßen auch von der Bereitschaft der Anwohner, sich an den Kosten zu beteiligen. Für die Arena wünsche ich mir, dass sie nach den personellen Veränderungen weiter in so gutem Fahrwasser bleibt.

Gespräch: Britta Veltzke und Christoph Scharf