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„Wir brauchen einen Platz an der Sachsenarena“

Stahl Riesa erwartet zum Jubiläum prominente Gäste. Sportchef Bernd Kalies hat gleichzeitig einen großen Wunsch.

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© Klaus-Dieter Brühl

Riesa. Er ist nicht der größte der Riesaer Vereine, aber mit Sicherheit gehört sein Name zu den bekanntesten: Dieses Jahr feiern die Fußballer von Stahl Riesa die Gründung der BSG vor 70 Jahren – und den legendären Aufstieg in die DDR-Oberliga vor 50 Jahren. Die SZ sprach zum Auftakt einer neuen Serie mit Sportchef Bernd Kalies über die Herausforderungen in Riesa.

Herr Kalies, was ist der Moment in der Vereinsgeschichte, an den Sie sich am liebsten erinnern?

Ich bin ja erst später nach Riesa zugewandert. Aber für mich war der Moment der schönste, als der Name BSG Stahl Riesa nach mehreren Namenswechseln 2012 wieder in Erwähnung kam.

Die Stahl-Festsaison

Freitag, 18.Mai: 17Uhr Gespräche mit früheren Oberliga-Spielern in der Sportsbar an der Merzdorfer Straße, dazu alte Bilder und Filme; 19Uhr ein Ü-40-Spiel gegen Lauchhammer.

Sonnabend, 19.Mai: Ab 10 Uhr können Kinder das DFB-Sportabzeichen erwerben, ab 13 Uhr Spiele der B-/C-Jugend gegen BFC Dynamo Berlin.

Im Juli spielt die 1.Mannschaft gegen einen attraktiven Gegner.

Anfang September – zum eigentlichen Gründungstag – wird parallel zum Stadtfest ein Hafencup gefeiert.

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Und was war nicht so schön?

Es ist schade, dass durch Misswirtschaft aus so einem Traditionsverein etwas wurde, das man erst ganz von unten wieder aufbauen musste. Darunter leiden wir noch heute: Denn uns ist aus 20 Jahren quasi eine Generation Zuschauer weggebrochen.

Jetzt zu Pfingsten wird aber erst einmal gefeiert ...

Ja! Am Freitag steht die Tradition im Mittelpunkt. Wir haben alle verfügbaren Oberliga-Spieler aus ganz Deutschland eingeladen und schon 25 Zusagen. Reinhard Hauptmann wird kommen, Klaus Schlutt, Johann Ehl, die Kerper-Zwillinge und viele mehr. Die Riesaer werden bei uns die Gelegenheit haben, mit ihren alten Helden zu reden. Am Sonnabend steht die Jugend im Mittelpunkt – bei zwei Spielen gegen den Nachwuchs des BFC Dynamo Berlin.

Noch so ein prominenter Name aus der DDR-Oberliga ...

Ja, zwei Vereine, die sich immer gut leiden konnten. (lacht)

Die Riesaer verbinden damit immer die Spiele vor mehr als 10 000 Zuschauern im Grube-Stadion.

Ja, die Atmosphäre muss toll gewesen sein. Als Berliner, ich bin im Umfeld der Alten Försterei von Union groß geworden, habe ich das leider nicht miterlebt. Aber auch in Berlin hat mich beeindruckt, wie Stahl Riesa immer sensationell kämpfte, um den Abstieg aus der Oberliga zu verhindern. In Berlin war die BSG Stahl Riesa ein Begriff!

Den Traditionsnamen trägt der Verein, der nach der Wende auch mal SV oder FC hieß, heute wieder. Wie kommt der eigentlich außerhalb von Riesa an?

Viele gratulieren uns, dass wir es geschafft haben, wieder unter dem alten Namen Fußball spielen zu können. Viele andere frühere BSG sind daran gescheitert. Etwa bei der früheren BSG Stahl Brandenburg hat man uns ganz besonders gratuliert.

Riesa liegt genau zwischen den beiden Fußball-Hochburgen Dresden und Leipzig. Wir wirkt sich das aus?

Das ist tatsächlich eine unglückliche Lage. Hochbegabte Talente werden abgeworben – das ist genau wie in der Wirtschaft. Dazu kommt, dass die Jugend zu Ausbildung und Studium in die Großstädte weggeht.

Was kann man dagegen tun?

Wir haben einen Shuttleservice eingerichtet, der unsere in Dresden lebenden Spieler zum Training und zu den Spielen holt. Das hilft ungemein.

Stahl Riesa spielt und trainiert auf drei verschiedenen Fußballplätzen: In Göhlis, in der Feralpi-Arena, trainingshalber im Grube-Stadion. Dort ist die Tribüne dauerhaft gesperrt. Macht Sie das wehmütig?

Natürlich! Aber das Stadion wieder komplett zu nutzen, ist kein Thema mehr für uns. Tatsächlich aber ist es für uns ein großer Aufwand, zwischen den drei Plätzen alles hin- und herzufahren. Schön wäre es, eine zentrale Stelle zu haben.

Wo denn?

Direkt neben der Sachsenarena! Am Leichtathletik-Stadion wäre noch Platz. Wenn wir dort einen zentralen Platz hätten, wäre das auch attraktiver für die vielen Ehrenamtlichen bei uns. Die Stadt lehnt das bislang ab. Aber bei uns trainieren mittlerweile 200 Kinder: Wir leisten auch eine echte Sozialarbeit!

Wie darf ich das verstehen?

Wir bieten einen Fahrdienst aus umliegenden Dörfern an, dazu eine Hausaufgabenbetreuung – damit Schüler am Training teilnehmen können. Anders – und ohne die Unterstützung von Feralpi – könnte man auch keine 15 Mannschaften betreiben. Vom Kind bis zu den Alten Herren spielen mehr als 250 Menschen Fußball bei uns.

Und wie viele Zuschauer hat Stahl?

Bei Heimspielen haben wir in der Regel mehr als 300 Besucher, das ist ein guter Wert für die Landesliga. Da gibt es Vereine, die zwei Klassen höher spielen – und nur auf 80 Besucher kommen. Und Stahl Riesa bietet eine gute Fankultur.

Das Gespräch führte Christoph Scharf.