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Winzer im Glück

Das Gut Pesterwitz freut sich über eine sehr gute Weinernte – und wagt sich an ein Experiment.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Carina Brestrich

Elbland. An der Schale ist es eindeutig zu erkennen: Der Fuchs hat am Wein geleckt. „So heißt das in der Fachsprache“, erklärt Lars Folde. Der Winzer und Chef des Guts Pesterwitz zeigt auf die braunen Stellen an den sonst hellen Weißburgunder-Trauben. „Das bedeutet aber nichts schlechtes“, sagt er. Im Gegenteil. „Das ist wie mit der Sonnenbräune beim Menschen“, sagt er. Die Sonne hat es vor allem im September noch mal richtig gut gemeint mit den Reben auf dem Hang von Pesterwitz, die Trauben sind jetzt reif für die Ernte.

Tatsächlich kann sich Lars Folde nicht beschweren. Der Winzer blickt auf eine gute Weinernte zurück. Die ist für dieses Jahr so gut wie durch. Nur der Weißburgunder, der Riesling und die Scheurebe müssen dieser Tage noch runter. „Dieses Jahr war ein super Jahr für den Wein“, sagt er und meint damit nicht nur die ausgesprochen große Zahl der Trauben, sondern auch die Qualität. „Das ist ungewöhnlich“, sagt er. Sonst sei entweder die Qualität gut und die Ausbeute gering oder aber es ist umgekehrt. „Dass beides passt, passiert so gut wie nie“, sagt er.

Doch dieses Jahr ist es anders – dem Wetter sei Dank: Der milde Winter hat die Reben unbeschadet hinterlassen, das trockene Frühjahr für eine ordentliche Blüte gesorgt. „Und der späte Sommer hat den Beeren noch einmal ordentlich Süße verpasst“, sagt Lars Folde. Das Ergebnis: Die insgesamt 17 000 Reben hängen voll, die Trauben sind prall. Geerntet werden sie in Pesterwitz schon seit jeher per Hand. Lars Folde bekommt dabei Hilfe von 28 Polen, die auch bei der Apfelernte mit anpacken. „Da es bis Mitte voriger Woche trocken war, sind wir dieses Jahr gut durchgekommen“, sagt er. Allein vom Bacchus, einem typischen Pesterwitzer Wein, sind 14 Tonnen zusammengekommen.

Allerdings: Den richtigen Tag für die Ernte zu wählen, ist nicht einfach: „Es kommt nicht darauf an, den spätesten Tag zu erwischen, sondern den optimalen“, sagt er. Kommt bis zur Ernte etwa zu viel Regen, saugen sich die Trauben mit Wasser voll. „Das geht dann zulasten des Geschmacks“, sagt er.

Aber nicht nur wegen des Wetters sind Winzer wie Lars Folde ständig in Aufregung. Für den richtigen Geschmack muss auch die Pflege stimmen. Um sich diese auf den insgesamt acht Hektar Weinbaufläche zu erleichtern, hat sich das Gut Pesterwitz dieses Jahr neue Technik zugelegt: eine Maschine aus Südtirol. Der sogenannte Öko Cleaner wird eigentlich im Bioanbau verwendet. Er verhindert, dass das Gras unter den Reben zu hoch wächst, indem er mittels Fadentechnik die Halme umknickt. Lars Folde ist mit dem Ergebnis zufrieden. „Wir brauchen so keine Chemie mehr.“

Auch wenn der Winzer dieses Jahr ganz und gar zufrieden ist –mit Prognosen fürs nächste Jahr ist Lars Folde vorsichtig. Schon im vergangenen Jahr fiel die Ernte außerordentlich gut aus. Davor waren die Jahre 2002 und 2007 herausragend. „Deshalb glaube ich nicht, dass es nächstes Jahr so weitergehen wird“, sagt er. Wetterkapriolen würden den Winzern zunehmend zu schaffen machen. „Hagel bereitet uns am meisten Sorge“, sagt er.

Nun aber freut sich Lars Folde erst mal über einen guten Jahrgang: „Das werden super Weine“, ist er überzeugt. Auf einen ist er besonders gespannt. „Wir wollen uns dieses Jahr an einer Beerenauslese versuchen“.

Dabei handelt es sich um einen besonders süßen und raren Prädikatswein. Das Besondere daran: Die Beeren müssen überreif und von einer leichten Fäule, der Edelfäule, befallen sein. Deshalb haben die Helfer einige Reben der Sorte Solaris noch nicht abgeerntet.

In einigen Wochen werden die Trauben einzeln per Hand verlesen. Das Ergebnis ist ein feiner, süßer Wein mit einer honig-gelben Färbung. Weil die Produktion aufwendig, teuer und nicht immer von Erfolg gekrönt ist, hat sich das Gut Pesterwitz bisher erst ein einziges Mal an eine Beerenauslese gewagt. 2007 war das. Damals war das Experiment gelungen.