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Wilsdruffs herausgeputzte Mitte

Vor 22 Jahren startete die Sanierung des Stadtkerns, Ende 2018 ist Schluss. Die Bilanz bislang kann sich sehen lassen.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Wilsdruff Anfang der 1990er-Jahre – das war optisch eine heruntergewirtschaftete Stadt. Grau-braune Hausfassaden, holprige Straßen und ausgemachte Dreckecken prägten das Bild. Heute präsentiert sich die Stadt heller und bunter. Die Häuser sind größtenteils saniert, Straßen und Fußwege neu gepflastert, Ruinen verschwunden – dank 14,6 Millionen Euro Fördermittel, die in die Stadtkernsanierung flossen. In zwei Jahren läuft das Programm aus. Die SZ zieht Bilanz und gibt einen Überblick, wo noch gebaut werden soll.

Jakobikirche am Ehrenfriedhof: Zu DDR-Zeiten retteten einige Enthusiasten das romanische Gotteshaus vor dem Verfall, mit Geld aus der Stadtkernsanierung konnte es saniert werden.
Jakobikirche am Ehrenfriedhof: Zu DDR-Zeiten retteten einige Enthusiasten das romanische Gotteshaus vor dem Verfall, mit Geld aus der Stadtkernsanierung konnte es saniert werden. © Karl-Ludwig Oberthür
Stadtgraben und historische Mauer: 2014 wurde der ehemalige Stadtgraben entlang der einstigen Stadtmauer zu einem befestigten Weg umgebaut. Die Kosten betrugen 111000 Euro.
Stadtgraben und historische Mauer: 2014 wurde der ehemalige Stadtgraben entlang der einstigen Stadtmauer zu einem befestigten Weg umgebaut. Die Kosten betrugen 111000 Euro. © Karl-Ludwig Oberthür
Kleinbahnhof Wilsdruff: Als Bahnstation 1972 stillgelegt, wurde das Hauptgebäude 2008/09 zum Stadt- und Vereinshaus umgebaut, der Lokschuppen zu einem Kleinbahnmuseum.
Kleinbahnhof Wilsdruff: Als Bahnstation 1972 stillgelegt, wurde das Hauptgebäude 2008/09 zum Stadt- und Vereinshaus umgebaut, der Lokschuppen zu einem Kleinbahnmuseum. © Karl-Ludwig Oberthür

Wo in Wilsdruff gebaut werden soll

Öffentliche Gebäude: gute Mischung aus Sanierung und Neubau

Der größte Anteil des Geldes floss in Instandsetzung und Neubau von öffentlichen Einrichtungen – insgesamt rund 5,6 Millionen Euro. Saniert wurden beispielsweise das historische Rathaus am Markt und der ehemaligen Kleinbahnhof an der Freiberger Straße. Auch die Kirchgemeinden profitierten und konnten dank der Stadtkernsanierung investieren. Zudem wurde die historisch wertvolle Bausubstanz der Jakobikirche gerettet. Daneben gab es etliche Neubauprojekte. So wurde die alte Schule an der Nossener Straße abgerissen und ein komplett neuer Grundschulkomplex mit Hort und Bücherei hingesetzt.

Straßen und Wege: alte Bauweise und Strukturen bewahrt

Saniert wurden zudem alle innerstädtischen Straßen, Wege und Plätze, dazu die Grünbereiche, Kanalisation, Straßenbeleuchtung. Kernstück des „neuen“ Wilsdruff ist der Marktplatz mit seinem Wildschweinbrunnen. Auch der Kirchplatz wurde völlig neu gestaltet. Um die alte Bauweise zu betonen, wurde an vielen Stellen wieder Granitpflaster verlegt. Auch legte die Stadt Wert auf den Erhalt der alten Stadtkernstruktur. So wurden die Reste der Stadtmauer saniert, der Fußweg am Stadtgraben erneuert und Grünflächen neu gestaltet. Kosten: etwa 4,5 Millionen Euro.

Private Häuser: Wohnraum geschaffen und Geschäfte erhalten

Mit gut einer Million Euro wurden zahlreiche private Grundstückseigentümer bei ihren Sanierungsprojekten unterstützt. Weil auch Dachböden ausgebaut wurden, konnte in der Stadt so zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden. Erhalten blieben größtenteils die Ladengeschäfte, sodass es in Wilsdruff auch heute noch einen kleinteiligen Einzelhandel im Stadtzentrum gibt. Bis auf Einzelfälle sind fast alle Häuser saniert – heute muss man eher die Beispiele aufzählen, wo die Privatgebäude noch nicht durchsaniert sind. Zu nennen wäre da eine Häuserzeile an der Nossener Straße – die gehörte bis vor Kurzem noch der Stadt, ist inzwischen aber an Privatleute verkauft.

Industrie und Gewerbe: verschwunden oder umgebaut

Eine Industriestadt war Wilsdruff nie, dennoch hatte vor allem die Möbelwirtschaft einige Spuren im Stadtbild hinterlassen. Mit der Stadtkernsanierung konnten einige der unansehnlichen Zweckgebäude verschwinden, so beispielsweise die alte Küchenmöbelfabrik schräg hinter der Schule. Dort steht heute ein Altenpflegeheim. Wünsche blieben aber offen: So wurde zwar die Fabrikstraße 2005 Teil des Sanierungsgebietes, ein Umbau der alten Gebäude kam aber nie zustande. Dies betrifft auch den alten Futtermittelspeicher an der Parkstraße.

Weitere Vorhaben: Schulmauer, Stadtverwaltung, Wohnhäuser

Die Stadt selbst will bis Ende 2018 – dann endet einem Stadtratsbeschluss zufolge die Sanierungsfrist – noch drei Projekte anpacken. Dies betrifft die marode Stützmauer an der Oberschule sowie den Verbindungsweg zwischen Meißner Straße und Töpfergasse. Außerdem soll die Stadtverwaltung erweitert werden. Geplant sind ein Anbau für Büros und der barrierefreie Ausbau des Gebäudes an der Nossener Straße. Zudem stehen noch einige Baumaßnahmen an Privathäusern auf der Liste.

Streitpunkt Ablöse: schon 75 Prozent der Beiträge gezahlt

Für die Sanierung des Stadtkerns müssen alle 650 Grundstückseigentümer eine sogenannte Ablöse zahlen – unabhängig davon, ob sie selbst jemals Geld aus dem Fördertopf bekommen haben. Dieser Ausgleichsbeitrag orientiert sich an dem gestiegenen Grundstückswert, der per Gutachten ermittelt wird. Rein rechnerisch müssten so etwa 1,1 Millionen Euro zurück in die Stadtkasse fließen, die wiederum für die Stadtkernsanierung investiert werden können. Nach anfänglichen heftigen Diskussionen und Protesten im Jahr 2010 sind bis jetzt 800000 Euro eingegangen. 75 Prozent sind demnach gezahlt. Was nach dem 31. Dezember 2018 noch offen ist, wird wiederum per Gutachten neu berechnet und per Bescheid eingefordert. Das Geld fließt dann aber nicht mehr in die Stadtkasse, sondern größtenteils an Land und Bund.

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