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Willkür beim Denkmalschutz?

Der Bautzener Chef der Bauaufsicht Klaus Wenzel erklärt, warum Kompromisse gewollt, aber mitunter schwer zu finden sind.

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© Thorsten Eckert

Von Jens Fritzsche

Bautzen. Denkmalschützer müssen hart im Nehmen sein. „Wir sind sicher keine Behörde, die ständig mit Blumensträußen überhäuft wird“, sagt Klaus Wenzel augenzwinkernd, der Chef des für den Bereich Denkmalschutz zuständigen Bauaufsichtsamtes des Landkreises Bautzen. Mitunter, weiß er, ist es für Bauherren oder Einwohner schwer, bestimmte Entscheidungen zu verstehen. So wie jüngst in Radeberg, als ein regelrechtes Tauziehen um eine historische Brücke im idyllischen Hüttertal gab. Bei jedem Starkregen macht sie der viel zu kleine Durchlass quasi zur gefährlichen Staumauer – hinzu kam, dass sie nach den vielen Hochwassern der vergangenen Jahre so beschädigt war, dass sie einzustürzen drohte. Geld für einen Neubau war dabei längst da, der Freistaat stellte die Mittel aus dem Fördertopf für Hochwasserschäden bereit. Die Denkmalschützer wollten die historische Brücke erhalten, die Stadt Radeberg wollte dringend neu bauen. „In solchen ganz schwierigen Fällen, wenn sich auch das Landesdenkmalamt und wir vor Ort nicht einig werden, entscheidet letztlich die Landesdirektion in einem sogenannten Dissensverfahren“, beschreibt Klaus Wenzel. In diesem Fall lautet der Kompromiss: Der Neubau darf kommen, die historische Brücke muss allerdings nach dem Abriss gleich daneben wieder neu aufgebaut werden. Auf dem Trockenen. Und das sorgt für Kopfschütteln. „Aber wir sind dennoch froh, dass ein Kompromiss gefunden werden konnte!“

Suche nach einem Denkmalschutz-Kompromiss

Die Idee war eigentlich witzig: An der Radeberger Ortsdurchfahrt wollte das städtische Wohnungsbauunternehmen an einem sanierten Altbau fiktive Balkons mit winkenden Menschen aufmalen lassen. Ein fröhlicher Farbtupfer für die Stadt. Doch der Denkmalschutz verwies darauf, dass das an einem denkmalgeschützten Haus einfach nicht möglich sei. Ein Kompromiss war nicht machbar.
Die Idee war eigentlich witzig: An der Radeberger Ortsdurchfahrt wollte das städtische Wohnungsbauunternehmen an einem sanierten Altbau fiktive Balkons mit winkenden Menschen aufmalen lassen. Ein fröhlicher Farbtupfer für die Stadt. Doch der Denkmalschutz verwies darauf, dass das an einem denkmalgeschützten Haus einfach nicht möglich sei. Ein Kompromiss war nicht machbar.
Wandbilder bleiben im Bahnhof Bautzens Bahnhof war lange Jahre ungenutzt, dann gab es eine Idee: Der Landkreis will das Gebäude unter anderem für die Kfz-Zulassungsstelle nutzen. Doch die Planungen zogen sich, auch weil die historischen Wandgemälde des Künstlers Alfred Herzog in der Empfangshalle erhalten werden sollten. Es wurde ein Kompromiss gefunden: Die Bilder kommen Ende 2019 in die renovierte Halle.
Wandbilder bleiben im Bahnhof Bautzens Bahnhof war lange Jahre ungenutzt, dann gab es eine Idee: Der Landkreis will das Gebäude unter anderem für die Kfz-Zulassungsstelle nutzen. Doch die Planungen zogen sich, auch weil die historischen Wandgemälde des Künstlers Alfred Herzog in der Empfangshalle erhalten werden sollten. Es wurde ein Kompromiss gefunden: Die Bilder kommen Ende 2019 in die renovierte Halle.
Sonderfall Flachdach Langwieriger Streit um eine Lückenbebauung in der Grünen Straße im Herzen der Kamenzer Altstadt. Auf einem Garagenflachbau sollte ein Wohnhaus mit Flachdach entstehen – obwohl die Gestaltungssatzung der Stadt hier eigentlich Schrägdächer vorsieht. Gemeinsam mit dem Denkmalschutz wurde dann eine Lösung gefunden und das Ganze als Sonderfall letztlich dennoch genehmigt.
Sonderfall Flachdach Langwieriger Streit um eine Lückenbebauung in der Grünen Straße im Herzen der Kamenzer Altstadt. Auf einem Garagenflachbau sollte ein Wohnhaus mit Flachdach entstehen – obwohl die Gestaltungssatzung der Stadt hier eigentlich Schrägdächer vorsieht. Gemeinsam mit dem Denkmalschutz wurde dann eine Lösung gefunden und das Ganze als Sonderfall letztlich dennoch genehmigt.

Kompromisse besser als Leerstand

Überhaupt sind Kompromisse das Ziel, macht der Bautzener Behördenchef deutlich. „Ein Denkmal zu sanieren hat ja nur einen Sinn, wenn es anschließend auch genutzt werden kann“, weiß er. Und bringt ein Beispiel aus Großharthau: Im dortigen einstigen Rittergut wurden die ungenutzten historischen Scheunen erhalten, weil sie zu Wohnungen umgebaut werden durften. „Solche Kompromisse sind allemal besser, als wenn das Denkmal einstürzt.“ Die Gesetze lassen da durchaus Spielräume zu, macht Klaus Wenzel deutlich, „aber die Spielräume sind eben auch nicht unendlich“. Deshalb gibt es mitunter Entscheidungen, in denen kein Kompromiss gefunden werden konnte. Und das sind dann natürlich auch jene Fälle, die hitzig diskutiert und oft weithin bekannt werden. „Die gefundenen Kompromisse hingegen werden leider nicht so öffentlich diskutiert – oder auch mal gelobt“, bedauert der Behördenchef ein wenig. Und zwischen den Zeilen ist durchaus herauszuhören, dass er sich mitunter ein wenig mehr Verständnis wünschen würde. „Unsere Mitarbeiter versuchen ja den Bauherren im Vorfeld sehr umfangreich, zu erklären, welche Kompromisse möglich sind und welche nicht.“

Den hin und wieder gehörten Vorwurf der Willkür will Klaus Wenzel für sich und seine Denkmalschützer jedenfalls nicht stehen lassen. „Grundsätzlich gibt es ja die gesetzliche Verpflichtung, dass was alt ist, zu bewahren!“ Und da habe Ostdeutschland quasi das Privileg, im Vergleich zu den alten Bundesländern eine Menge an historischer Bausubstanz noch bewahrt zu haben. „Ich habe da nach der Wende von Leuten aus dem Westen oft gehört, wir sollen bitte nicht dieselben Fehler machen, wie in den alten Ländern“, erinnert sich Klaus Wenzel. Und freut sich auch im Landkreis über viele wunderbar sanierte Innenstädte – von Radeberg über Kamenz, Bischofswerda bis Bautzen.