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Wildes Wuchern

Anwohner an der Stadtgrenze Radebeul/Coswig beschweren sich über wilden Bewuchs an ihrer Straße. Doch welche Stadt ist zuständig?

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© Norbert Millauer

Von Nina Schirmer

Radebeul/Coswig. Die meisten Menschen freuen sich, wenn der Flieder wächst. Günther Mehl gehört nicht dazu. Nicht, dass er etwas gegen die Pflanze hätte. Er findet sie nicht hässlich, ist auch nicht allergisch auf die Blüten. Den 67-Jährigen stört einfach, dass der Flieder Am Talkenberger Hof so üppig wächst, dass er den Zufahrtsweg zu seinem Haus und zu den Grundstücken seiner Nachbarn einengt.

Der Weg Am Talkenberger Hof ist noch breit genug für Fußgänger. Doch für größere Fahrzeuge werden die wuchernden Pflanzen zum Hindernis
Der Weg Am Talkenberger Hof ist noch breit genug für Fußgänger. Doch für größere Fahrzeuge werden die wuchernden Pflanzen zum Hindernis © Norbert Millauer

Auch andere Sträucher wuchern dort, Brennnesseln am Straßenrand breiten sich immer weiter aus. Dabei ist der Weg ohnehin nicht sonderlich breit. „Wir befürchten, dass wir uns noch die Autos zerkratzen“, sagt Mehl. Unbegründet sind diese Bedenken nicht. Denn zumindest größere Fahrzeuge schaffen es kaum noch über den Weg, ohne an den Zweigen der Büsche links und rechts zu streifen. Auch Versorgungsfahrzeuge müssen bis ans Ende des Weges fahren. Doch mit ihnen könnte es bald Probleme geben.

Mehl bestellt zum Beispiel häufiger Pakete, die geliefert werden. DHL habe schon angekündigt, dass die Transporter nicht mehr lange durch die Straße fahren, wenn die nicht frei geschnitten wird. Zum Nachbarn muss der Heizöllieferant kommen. Die großen Lkw, die die Klärgruben der Anwohner auspumpen, passen nicht durch. Nur mit kleineren Multicars können die Klärgruben geleert werden, weiter vorne wird dann alles in einen großen Lastwagen gepumpt. Für die Anwohner bedeutet das zusätzliche Kosten. Sie fragen sich aber auch, was mit großen Fahrzeugen wie der Feuerwehr oder Krankenwagen ist. Kommen die im Notfall überhaupt noch durch?

Oben Coswig, unten Radebeul

Günther Mehl hat sich wegen des Problems schon mehrfach an die Stadtverwaltung gewandt, sagt er. Sowohl im Radebeuler als auch im Coswiger Rathaus hat er angerufen. Denn welche Stadt für den Weg Am Talkenberger Hof zuständig ist, war schwer zu sagen. Das Haus des Rentners steht auf Coswiger Flur. Sein Nachbar gleich nebenan ist Radebeuler. Dessen Grundstück gehört noch zu Zitzschewig. Die Lagen oberhalb des Weges sind Coswig. Die unterhalb Radebeul. Hier hat zum Beispiel die Hoflößnitz Weinanbauflächen.

Von der Coswiger Verwaltung wurde ihm zunächst gesagt, dass die Anwohner selbst den Weg freischneiden müssten, sagt Mehl. Doch etliche halten sich nicht daran. Besonders im vorderen Teil der Straße gibt es viele Gartengrundstücke, deren Besitzer nur am Wochenende da sind und sich nicht um den Bewuchs zum Weg hin kümmern, sagt der Rentner. „Das wird jedes Jahr mehr.“ Er findet: Die Stadt müsste die Leute anschreiben und wenn gar nichts passiert auch mal Bußgelder verhängen.

Olaf Lier, der Chef des Coswiger Ordnungsamtes erklärt aber auf Anfrage der SZ, dass die Stadt Coswig gar nichts unternehmen kann, weil der Weg offiziell zu Radebeul gehört. Auch wenn die Pflanzen von Coswiger Grundstücken aus wachsen.

Radebeuls Straßenbauchefin Marlies Wernicke bestätigt, das die Stadt Radebeul Eigentümerin des Weges ist. Die Vegetation wachse jetzt vielerorts üppig und das Zurückschneiden bedeute viel Aufwand, so Wernicke. Für den Weg Am Talkenberger Hof habe die Stadt inzwischen das Freischneiden veranlasst. Das Sachgebiet Straßenbau mache auch Anwohner darauf aufmerksam, wenn sie ihrer Pflicht, Büsche und Hecken zur Straße hin zu schneiden, nicht nachkommen.

Wanderweg ist nicht begehbar

Pflanzen wuchern aber nicht nur Am Talkenberger Hof. Am Ende der Straße beginnt der Wanderweg Buschgässchen. Wer nicht weiß, dass hier eigentlich ein Weg den Berg hinaufführt, wird diesen aber kaum erkennen. Die Stufen verschwinden fast vollkommen im hohen Gras. Die Büsche links und rechts sind bis zur Mitte gewachsen. Hier ist kein Durchkommen möglich. Der Wanderweg verläuft zwar neben den Coswiger Grundstücken, gehört aber zu Radebeul.

2006 wurde das Buschgässchen von der Stadt wieder hergerichtet. Im Amtsblatt von damals stand, dass der Weg für die Begehung wieder sicher und attraktiv gemacht wurde. Etwas später hatte die Stadt Absperrgeländer aufgestellt, damit keine Mountainbiker den Weg runter brettern. Heike Funke vom Sachgebiet Stadtgrün erklärt, dass der Weg bald freigeschnitten werden soll. „Wir warten aber noch etwas wegen der Vogelbrut“, sagt sie.