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Wieso die Diesterweg-Schule nicht zur Ruhe kommt

Doppelt belegte Hortzimmer, zu viel Lärm, zu wenig Spielfläche: Kinder und Eltern fordern bessere Bedingungen.

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© Norbert Millauer

Von Thomas Möckel

Pirna. Sie lassen nicht locker: Kinder, Eltern und Erzieher haben am Dienstag vor und im Stadtrat gegen die aus ihrer Sicht unerträglichen Zustände in der Diesterweg-Grundschule sowie im Hort „Die Schlaufüchse“ in Pirna-Copitz protestiert. Der kollektive Unmut richtet sich vor allem gegen die beengten Platzverhältnisse und die Ungewissheit, wie Schule und Hort künftig miteinander vernünftig im selben Haus auskommen sollen. Die SZ fasst die Problematik, erste Lösungsansätze sowie mögliche weitere Schritte zusammen.

Das Problem: Doppelt belegte Hortzimmer engen den Platz ein

Aufgrund gestiegener Geburtenraten hat die Diesterweg-Grundschule im Schuljahr 2016/2017 erstmals vier erste Klassen eingeschult. 90 Kinder hatten sich an der Bildungsstätte angemeldet – so viele wie nie zuvor. Zudem werden mehrere Flüchtlingskinder aus den sogenannten DaZ-Klassen (Deutsch als Zweitsprache) in die Regelklassen integriert. Weil dabei aber der Klassenteiler von 28 Schülern überschritten wird, gab es folgende Lösung: Aus den vormals drei 1. Klassen wurden nun vier 2. Klassen, aus den vormals drei 2. Klassen wurden vier 3. Klassen. Aufgrund der zusätzlichen Klassen benötigt die Schule in diesem Schuljahr drei weitere Klassenzimmer, die es de facto nicht gab. Um den Platzbedarf zu decken, werden nun vorerst drei Hortzimmer doppelt genutzt – vormittags für den Schulunterricht, nachmittags für die Hortbetreuung.

Der Vorwurf: Kinder können sich derzeit nicht richtig entfalten

Die doppelt belegten Hortzimmer schränken das Spiel- und Platzangebot der Kinder mächtig ein – sehr zum Ärger vieler. „Wir Eltern, die Erzieher und unsere Kinder sind uns alle einig, dass das Experiment Doppelnutzung bereits nach einer vierwöchigen Testphase gescheitert ist“, sagt Daniela Enke vom Hortelternrat. In einer Rede vor dem Stadtrat hat sie sämtliche Missstände aufgelistet. So verbringen die Kinder ihre Freizeit im Hort auf engsten Raum, ohne die Möglichkeit, eigene Spielideen umzusetzen. Die Kinder sehnen sich nach Horträumen zurück, in denen sie den Schulalltag hinter sich lassen können. Die Lautstärke in den Klassenzimmern ist für Erzieher und Kinder unerträglich. Weil die Hortzimmer zweckmäßig als Klassenzimmer eingerichtet sind, gibt es keine schallschluckenden Dinge mehr. Sofas und Teppiche wurden aus den Räumen verbannt. Aufgrund der hohen Grundlautstärke schreien sich die Kinder oft an, um sich untereinander Gehör zu verschaffen. Eltern berichten, dass sich das auch Zuhause fortsetzt. Der Lärm beeinträchtigt zudem die Konzentration der Kinder und Erzieher. Spiele, die genau das fördern sollen, sind nicht mehr möglich. Darüber hinaus müssen Kinder, die bereits Unterrichtsschluss haben, häufig vor den Hortzimmern warten, weil darin noch andere Klassen unterrichtet werden. Auch haben die Kinder keine Möglichkeiten, über mehrere Tage kreativ tätig zu sein, da alles Geschaffene abends wieder zerstört oder weggeräumt werden muss – weil die Zimmer wieder zum Schulraum hergerichtet werden müssen. Oft weichen die Kinder zum Spielen auf den Schulflur aus, weil im Hortzimmer der Platz fehlt und es zu laut ist. Daniela Enke wirft der Stadt vor, bewusst in Kauf zu nehmen, dass sich aufgrund der Doppelnutzung die schulischen Leistungen der Kinder verschlechtern sowie Kinder und Erzieher gesundheitlichen Risiken ausgesetzt werden.

Der Lösungsansatz: Neue Möbel und eine befristete Doppelnutzung

Nach heftigen Protesten schon im vergangenen Schuljahr und einer von André Liebscher initiierten Online-Petition einigten sich Stadt, Hort und Schule Anfang der Sommerferien darauf, dass drei Räume im Erdgeschoss der Schule doppelt genutzt werden. Diese Regelung ist zunächst auf ein Jahr befristet. Bei einem späteren Treffen berieten Stadt, Schule und Hort, wie die doppelt belegten Zimmer zweckmäßig mit Möbeln ausgestattet werden können, damit sowohl Schule und Hort Schränke und Ablagen in den Räumen haben. Nach einer Feinabstimmung in der letzten Ferienwoche hat Pirna die Möbel inzwischen bestellt, laut Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke (parteilos) werden sie in den Herbstferien geliefert und aufgestellt.

Die Zukunft: Mehr Lärmschutz und Alternativen für die Doppelnutzung

In erster Linie soll der Geräuschpegel in den Zimmern gedämpft werden. Grundlage dafür soll ein Lärmschutzgutachten sein, die Erzieherinnen haben sich deswegen an die Berufsgenossenschaft gewandt. Die kommt messen – am 3. Januar 2017. Die Eltern wollen nun eventuell selbst Geld für ein Gutachten sammeln, um die Angelegenheit zu beschleunigen. Vorläufige Messungen in Hortraum und Speisesaal ergaben Werte zwischen 85 bis 90 Dezibel – so laut wie beispielsweise ein Rasenmäher oder eine Motorkettensäge. Nach den Oktoberferien soll es ein weiteres Treffen zwischen Schule, Hort und Stadt geben. Dabei soll ausgewertet werden, wie die Doppelnutzung bislang lief, zudem sollen neue Entwicklungen besprochen werden. Bürgermeister Eckhard Lang schlug überdies vor, zu dieser Runde auch Vertreter des Hortelternrates einzuladen. Gemeinsam soll ein Ziel formuliert werden, wie es ab nächstem Schuljahr in der Bildungsstätte und dem Hort weitergeht. Die Forderung der Eltern ist klar: Ab nächstem Schuljahr soll es keine doppelt genutzten Räume mehr geben. Um dies zu manifestieren, hat die MIT-Fraktion sowie die Räte der Freien Wähler die Stadt beauftragt, bis Ende Januar 2017 ein Raum- und Nutzungskonzept für Schule und Hort vorzulegen. Sollten dafür Kosten entstehen – beispielsweise durch Umbau oder Container – sollen diese schnellstmöglich im nächsten Etat ausgewiesen werden.