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Wieder Tote am Kiessee Leuben

Am Donnerstag und am Freitag sind zwei Schwimmer ertrunken. Der Wasserskibetreiber befürchtet weitere Fälle.

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© Roland Halkasch

Von Annechristin Bonß

Diese Vorfälle kommen mit Ansage. Die Sonne scheint. Die Temperaturen schnellen in die Höhe. Die nahe Erfrischung im Kiessee Leuben lockt. Es ist eine tödliche Erfrischung. Erneut sind jetzt zwei Menschen ertrunken. Am Donnerstagmittag haben Passanten einen Mann drei Meter vom Ufer entfernt im Wasser treiben sehen, mit dem Kopf nach unten. Die alarmierten Rettungskräfte konnten nur noch den Tod feststellen. Am Ufer fanden Polizisten die Kleidung des Mannes sowie seine persönlichen Dinge. „Wir können das Einwirken Dritter ausschließen“, sagt Polizeisprecher Thomas Geithner. Der Ausflug zum Baden endete tödlich.

Gleiches passierte nur wenige Stunden später an derselben Stelle. Wieder trieb ein Mann im Wasser. Er war wohl an der steilen Böschung abgestürzt, durch das Schilf gerollt und samt Kleidung im Wasser gelandet, dort dann ertrunken. Passanten informierten am Freitagmorgen kurz nach 8 Uhr die Mitarbeiter der Wasserskianlage. Die fuhren mit dem Boot zur Leiche, bargen den Mann. „Der hatte alle Ausweise bei sich“, berichtet der Inhaber der Anlage Martin Riedel. Auch hier geht die Polizei von keiner Straftat aus.

Es ist bereits der vierte Badeunfall in diesem Jahr in der Kiesgrube Leuben. Ende Juli war bereits ein Mann ertrunken. Er war stark alkoholisiert ins Wasser gegangen und ebenfalls abgerutscht. Taucher konnten nach stundenlanger Suche die Leiche bergen. Wenige Tage zuvor musste ein Badender am Strand reanimiert werden. Sein Schicksal ist unbekannt.

Schwimmen ist im Kiessee offiziell verboten. Schilder weisen darauf hin. Daran halten will sich kaum einer. Viele Dresdner kommen hierher. In den kommenden heißen Sommertagen werden es noch mehr werden. Einen Bademeister oder Rettungsschwimmer gibt es nicht. Doch vom Ordnungsamt kontrolliert hier niemand, dass das Verbot auch eingehalten wird. Bußgelder könnten immerhin abschreckend wirken. „Unfälle können zu jeder Tages- und Nachtzeit passieren, unabhängig von Kontrollen und Sanktionen“, teilte Stadtsprecher Karl Schuricht im Juli mit.

Auch eine offizielle Badestelle lehnt die Stadtverwaltung ab. Jahrelang hatten die Ortsbeiräte in Leuben das Ende des Badeverbots gefordert. Doch kaum eine der Flächen rund um den See gehört der Stadt. So wird es schon schwierig, Toiletten und Müllbehälter aufzustellen, Stellflächen auszuweisen oder ordentliche Wege einzurichten. Die sind aber notwendig, damit Rettungskräfte zum See gelangen können.

Martin Riedel kann darüber nur mit dem Kopf schütteln. Die morgendliche Runde mit dem Standup-Paddel über den See ist für ihn Routine geworden. Eine traurige Aufgabe. Er rechnet mit weiteren Unfällen. „Wer hier badet, tappt in die Falle“, sagt er. Warum die Stadt dagegen nichts unternimmt, kann er nicht verstehen. „Es kann nicht sein, dass die Stadt kapituliert“, sagt er. „Das ist eine Bankrotterklärung.“

Schon Anfang des Sommers hatte der Unternehmer auf das Problem aufmerksam gemacht. Damals ging es vor allem darum, dass Flüchtlinge hier in Gefahr sind – weil sie weniger gut oder gar nicht schwimmen können und die Gefahren des Kiessees nicht kennen. Halbwegs sicher ist es nur im flachen Wasser östlich der Wasserskianlage. Dort hatte der Besitzer des Sees, die Sächsische Baustoffunion, Anfang der 2000er-Jahre sogar einen Uferstreifen zum Badestrand ausbauen lassen. Damals wurde der Kiesabbau gestoppt. Gegenüber am Weststrand, wo vor allem FKK-Bader ins Wasser gehen, geht es nahe dem Ufer schnell steil hinab. Genau an dieser Stelle sind die drei Männer gestorben.

Martin Riedel hatte sogar angeboten, die Kosten für einen Rettungsschwimmer am See zu übernehmen. Auch das lehnte die Stadt ab. Das hätte nämlich fälschlicherweise signalisiert, dass das Baden erlaubt sei. „Es wird an die Vernunft jedes Einzelnen appelliert, das Badeverbot im Interesse der eigenen Sicherheit zu beachten“, sagte Karl Schuricht. Zumindest Flüchtlinge sollten nicht mehr in Gefahr kommen. Die Caritas habe diese in den Heimen gut informiert, sagt Martin Riedel. Was bleibt, ist die Sorge, wieder einen leblosen Körper im Wasser zu entdecken. „Das ist auch gefährlich für die Wasserskifahrer“, sagt er. In den nächsten heißen Tagen wird er mit Sorge auf den See schauen.