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Wieder haben Kinder gezündelt

Die Polizei hat zur Brandursache in der Roscher-Villa in Neugersdorf ermittelt. Ein Strafverfahren gibt es nicht.

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Von Gabriela Lachnit

Neugersdorf. Einen traurigen Anblick bietet die sogenannte Roscher-Villa an der Hauptstraße in der Nähe des Kreisverkehrs in Neugersdorf. Innerhalb kurzer Zeit hat es hier zweimal gebrannt – einmal im November 2016 und einmal im Juni dieses Jahres. Die Polizei hat in beiden Fällen ermittelt. Auch die Ermittlungen zum Brand im Juni sind beendet, die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft Görlitz übergeben worden. Für den ersten Brand waren drei zündelnde Kinder verantwortlich. Allerdings waren sie noch nicht 14 Jahre alt und müssen sich wegen der Brandstiftung nicht verantworten. Das regelt Paragraf 19 des Strafgesetzbuches. Dort heißt es: Schuldunfähig ist, wer bei der Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist.

Von der einstigen Pracht der Villa außen wie innen zeugen nur noch historische Fotos.
Von der einstigen Pracht der Villa außen wie innen zeugen nur noch historische Fotos. © SZ-Archiv

Für den Brand im Juni dieses Jahres hat die Kriminalpolizei ebenfalls zwei Kinder unter 14 Jahren als Brandstifter festgestellt. Auch hier wird es kein Verfahren geben wegen des Alters der Kinder. Till Neumann, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Görlitz, bestätigt auf Nachfrage, dass sich nach den Ermittlungen der Polizei für eine Beteiligung Dritter am Brand keinerlei Anhaltspunkte ergeben hätten. „Dem Eigentümer des Hauses wurde die Abschlussentscheidung mitgeteilt“, informiert Neumann. Eigentümer der Villa sind ein aus Syrien stammender Arzt und dessen Sohn.

Was die Eigentümer mit dem Gebäude ursprünglich geplant hatten, ist der Stadtverwaltung Ebersbach-Neugersdorf nicht bekannt. Informiert ist man in der Stadtverwaltung jedoch darüber, dass die Eigentümer der Villa vom Landratsamt Görlitz verschiedene Auflagen erteilt bekommen hatten. Bernd Noack, der Beigeordnete in Ebersbach-Neugersdorf, informiert, dass die Bauaufsicht des Landratsamtes schon im März dieses Jahres bei den Eigentümern moniert hatte, dass das Gebäude nicht ausreichend gesichert sei. Fenster und Türen seien nicht verschlossen, der Zaun um das Grundstück herum sei lückenhaft, hatte die Bauaufsicht festgestellt und den Eigentümer aufgefordert, das abzustellen. Innerhalb von drei Wochen sollte das erfolgen und nachgewiesen werden.

Weiterhin hatte die Bauaufsicht gefordert, dass die Eigentümer die Dachhaut schließen sollen, um weitere Schäden durch eindringendes Regenwasser an und in dem Gebäude zu vermeiden. Feuchtigkeit im Haus könne dazu führen, dass tragende Bauteile und die Ausstattung gefährdet sind, hatte die Bauaufsicht ihre Forderung begründet. Das Dach hatte nach dem ersten Brand im November 2016 etliche kaputte Stellen. Die Bauaufsicht hätte sich auch mit einem Provisorium zufriedengegeben, Hauptsache, es regne nicht mehr ein. Außerdem war gefordert, dass die Eigentümer den Brandschutt aus dem ersten Obergeschoss wegräumen. Aber nichts dergleichen passierte.

Ob die Syrer überhaupt wussten, dass sie eins der bedeutendsten Denkmale in Neugersdorf erworben hatten, ist nicht bekannt. Heute ist klar, dass sie ihre Sorgfaltspflicht stark vernachlässigt haben, denn das Gebäude ist nicht versichert gewesen, bestätigt der Beigeordnete. Er befürchtet, dass die Roscher-Villa nach zwei Bränden nicht mehr zu retten ist. „Eins der schönsten und wertvollsten Denkmale der Stadt ist wohl für immer verloren. Das tut mir in der Seele weh“, betont Bernd Noack. Aus seiner Sicht komme wohl nur noch der Abriss infrage. Die wertvolle Inneneinrichtung sei ohnehin schon vor den Bränden zum Großteil entfernt und demontiert gewesen. Von wem, das wisse er nicht. Lediglich eine Fotodokumentation, die der Stadt vorliegt, zeugt noch vom wertvollen Interieur wie Schnitzarbeiten und einem prachtvollen Treppengeländer. Fast schon resignierend berichtet der Beigeordnete, dass der syrische Arzt in Neugersdorf ein weiteres Gebäude an der Hauptstraße erworben hat, an dem bisher nichts saniert oder verbessert wird.