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So soll Wohnen erschwinglich bleiben

Jeder Dritte lebt in einer Wohnung einer Genossenschaft. Doch auch die müssen sich was Neues einfallen lassen.

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© S. Ellger

Von Kay Haufe

Die neue Woba ist gerade auf den Weg gebracht. Mit ihr soll es Neubau-Mieten von 6,50 pro Quadratmeter für sozial Schwache und Migranten geben. Doch während sich die Stadtpolitiker lange um diese Möglichkeit für bezahlbaren Wohnraum gezofft haben, sorgen die acht Dresdner Wohnungsgenossenschaften dafür, dass viele Dresdner relativ preisgünstig wohnen können. Sie bewirtschaften über 60 000 Wohnungen, fast jeder dritte Dresdner lebt damit in einem Genossenschafts-Zuhause. Deren niedrigste Mieten liegen zwischen 3,80 Euro pro Quadratmeter für eine einfache Wohnung in Gorbitz, bei 4,60 Euro für eine in Prohlis. Die Durchschnittsmieten betragen zwischen 5,12 und 5,40 Euro pro Quadratmeter. „In der Regel gilt: je älter das Mietverhältnis, desto günstiger die Miete“, sagt Alrik Mutze, der Chef der Wohnungsgenossenschaft Johannstadt. Wer eine Bestands-Wohnung neu beziehen möchte, zahlt inzwischen 6,50 bis 7,50 Euro pro Quadratmeter.

Weil immer mehr Menschen in die Landeshauptstadt ziehen und Wohnraum immer knapper wird, haben die meisten Genossenschaften entschieden, neu zu bauen. So lässt Dresdens größte Genossenschaft Aufbau (WGA) derzeit 48 neue Wohnungen in zwei Gebäuden an der Guerickestraße errichten. Am 1. April können sich Interessierte dort Zwei- bis Vierraumwohnungen beim Tag der offenen Tür ansehen.

Seit vergangenem März baut die Eisenbahner-Wohnungsgenossenschaft (EWG) zwischen Felix-Dahn-Weg und Wilhelm-Raabe-Straße in Briesnitz. 36 neue Wohnungen sind in den vier Mehrfamilienhäusern geplant. Anfang April findet der Spatenstich für den neuen Teil der Kräutersiedlung statt. Hier will der Großvermieter für rund 30 Millionen Euro drei große Stadthäuser entlang des Thymianweges und der Schlehenstraße sowie zehn kleinere Gartenhäuser und zwei kleine Stadthäuser errichten. 2020 sollen sie fertig sein.

Gleich sechs Neubauvorhaben plant die WGJ. Neben dem Wohn- und Geschäftshaus am ADAC-Gebäude an der Striesener Straße sind das zwei Wohnhäuser auf der Haydn- und der Wormser Straße sowie Wohnkomplexe in Altstriesen und der Wiener Straße. Im Moment wird an der Aufstockung des Hauses auf der Blasewitzer Straße 36 bis 42 gearbeitet. Drei Mehrgenerationenhäuser der Wohnungsgenossenschaft Süd (WGS) sind gerade fertig geworden, weitere kleinere Projekte in der Südvorstadt in Planung.

Trotz wesentlich höherer Mieten im Vergleich zu den Bestandswohnungen sind die Neubauten enorm gefragt. Zwischen acht und zehn Euro müssen Interessenten dafür pro Quadratmeter zahlen. Vergleichbar mit anderen, privaten Wohnungsprojekten. Luxus gibt es dafür allerdings nicht, wie WGA-Vorstand Gita Müller sagt. „Das würde auch unserer Satzung widersprechen.“ Wohl aber moderne Energiestandards, Heizungen und Aufzüge. „Unsere Baukosten liegen inzwischen bei rund 2200 Euro pro Quadratmeter, die müssen wir refinanzieren“, sagt Gita Müller. Die Preisspirale beim Bauen habe sich in den vergangenen vier Jahren gewaltig nach oben gedreht. „Zwar gibt es jetzt auch günstige Zinsen, doch Angebote wie die neue Woba können wir nicht machen“, sagt ihr Vorstandskollege Hans-Peter Klengel. Für sie ist auch fraglich, warum sozial Schwache unbedingt eine neu gebaute Wohnung bekommen müssen.

Kritisch sehen er und Gita Müller auch Projekte in der Innenstadt, wo bestehende Wohngebiete verdichtet werden sollen, so wie an der Zirkusstraße. „Für uns zählt es zur Wohnqualität, den Mietern parkähnliche Innenhöfe bieten zu können“, sagt Klengel. „Das wollen wir unbedingt erhalten.“ Mit großem Interesse sehen die beiden WGA-Vorstände dagegen das neue Förderprogramm sozialer Wohnungsbau. „Wir haben dafür einen Standort vorgesehen. Wenn jetzt die Richtlinien feststehen, möchten wir das Programm nutzen“, sagt Gita Müller. Daran interessiert ist auch die EWG. „Das Image von Gorbitz schätzen die Bewohner keineswegs so schlecht ein, wie es außen oft dargestellt wird“, sagt EWG-Vorstand Jürgen Hesse. „Deshalb können wir uns auch weitere Vorhaben vorstellen.“

Außerdem reagieren die meisten Genossenschaften auch auf soziale Probleme, die bei ihren Mietern auftauchen. So gibt es mittlerweile Alltagsbetreuer bei der WGJ, die sich um ältere Menschen kümmern. Bei der WGA ist eine Mitarbeiterin ausschließlich damit befasst, Ansprechpartner bei der Stadt und Wohlfahrtsverbänden für die unterschiedlichsten Problemlagen zu finden. Um gerade Senioren zu ermöglichen, lange in den eigenen vier Wänden zu bleiben, werden Wohnungen barrierefrei umgebaut und Balkone angebaut, wo es möglich und finanziell vertretbar ist. „Das nützt auch Familien“, sagt Gita Müller.