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Wie weiter mit dem Erbe des großen Erfinders?

Ohne Friedrich G. Keller gäbe es kein industriell hergestelltes Papier. Für ihn wird noch eine neue Erinnerungsstätte gesucht. Die Krippener muss schließen.

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© Daniel Schäfer

Von Gunnar Klehm

Bad Schandau/Sebnitz. Ein kleiner Heizlüfter brummt leise in einer Ecke. Es ist empfindlich kalt in dem etwa 35 Quadratmeter großen Raum. Doch nicht deshalb haben sich Hanka Owsian und Andrea Bigge Handschuhe übergezogen. Wärmen tun diese ohnehin kaum. Die beiden Museumsmitarbeiterinnen wollen respektvoll mit den Exponaten umgehen, die sie jetzt in dem Haus an der Friedrich-Gottlob-Keller-Straße in Krippen für den Abtransport verpacken.

Was macht die Ausstellung so einzigartig?



„Das ist das Ende einer Ära“, sagt Gerd Englick wehmütig. Der 76-jährige Krippener hat das kleine Museum für einen der bedeutendsten Erfinder Deutschlands, Friedrich Gottlob Keller, maßgeblich mit aufgebaut. Das war vor mehr als 45 Jahren. Das Museum ist so etwas wie das Lebenswerk des früheren Lehrers. Doch nun hat der Eigentümer des Privathauses der Stadt gekündigt. Er braucht den großen Raum im Erdgeschoss nun aus privaten Gründen selbst, wie er sagt.

Zum Einlagern sind die Museumsstücke zu schade. Unter anderem ist es eine Schlosserbank, an der Keller einst selbst gearbeitet hatte. Ausprobieren können sich Besucher am Nachbau einer Holzschleifmaschine. Das Einzigartige an der kleinen Schau in Krippen sind aber nicht die alten Werkzeuge oder Dokumente an sich. „Wir befinden uns hier an einem Originalschauplatz, an dem Friedrich Gottlob Keller im 19. Jahrhundert tatsächlich gearbeitet hat“, sagt Andrea Bigge, die Leiterin des Stadtmuseums in Sebnitz. Dort will sie einen Teil der Krippener Exponate zeigen, und zwar ab nächstem Monat. Die Zeit dafür ist knapp bemessen. Bis April soll es die Sonderschau in Sebnitz geben. Dann wird eine kleine Ecke im Stadtmuseum Bad Schandau für eine Sonderschau über den Erfinder des Holzschliffs, auf der die industrielle Herstellung von Papier beruht, freigemacht werden. Eine dauerhafte Bleibe fehlt aber. Schon lange laufen im Museum Bad Schandau die Planungen für die Bergsportausstellung, ein Kooperationsprojekt mit dem tschechischen Turnov.

Landen die Keller-Exponate nun alle im Depot?



Für Gerd Englick wäre das eine traurige Vorstellung. Richtig ernst genommen fühlten sich die Aktivisten des Museums aber von Anfang an nicht. Zwar hatte die Stadt in den 1970er-Jahren die alte Werkstatt in Krippen übernommen. Zu zeigen hatten die Keller-Enthusiasten damals aber kaum mehr als ein paar Schautafeln. In den Jahren kam aber allerhand dazu. Sich weitgehend selbst überlassen, blieben die ehrenamtlichen Museumsfreunde aber weiter.

Die Ausstellungsstücke sind fast alle im Besitz der Stadt. Sie kommen nun in die richtigen Hände, wenn sie nicht mehr ehrenamtlich gehegt werden, sondern vom Stadtmuseum. Doch sie sollten auch gezeigt werden. Englick schwärmt von einer Ausstellung in den USA. „Als einziger Deutscher neben Johannes Gutenberg wurde Keller in der Paper Industry International Hall of Fame in Wisconsin aufgenommen.“

Sind transportable Sonderausstellungen die Lösung?



Bürgermeister Tobias Kunack (WV Tourismus) beruhigt die Gemüter, die nun vom Anfang des Vergessens in der Heimat von Krippens berühmtesten Sohn fabulieren. „Wir wollen etwas Gutes schaffen, aber das geht nicht sofort“, sagt er. Er habe schon Zusagen von Förderern, die eine neue Konzeption der Keller-Ausstellung finanziell unterstützen wollen.

Die jetzt geplanten Sonderausstellungen in Sebnitz und Bad Schandau haben aber auch etwas Gutes. So haben all diejenigen viel bessere Möglichkeiten, sich selbst ein Bild von den Exponaten zu machen, die Gerd Englick und seine Mitstreiter über Jahre zusammengetragen haben. Nicht mal 50 Besucher wurden im letzten Jahr in der Ausstellung in Krippen mit seinen arg eingeschränkten Öffnungszeiten gezählt.