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Wie weiß wird Weihnachten?

Leise rieselt der Schnee ... Das ist jedoch lange her. Ein Blick auf die aktuelle Wetterprognose für die Feiertage – und weit zurück in die Vergangenheit.

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© Claudia Hübschmann

Von Dominique Bielmeier

Meißen. Erinnern Sie sich noch, wann Sie das letzte Mal durch den Schnee zum Krippenspiel gestapft sind, dem Weihnachtsbesuch die Einfahrt freischippen oder dem Schlitten der Kinder die Kufen wachsen mussten? Wenn Sie das Gefühl haben, das sei schon eine Weile her, liegen Sie richtig. 2010 war das Jahr, in dem es das letzte wirklich weiße Weihnachtsfest in Sachsen gab. Minus 1,6 Grad war es damals an Heiligabend im Durchschnitt kalt, rund 25 Zentimeter hoch lag der Schnee in Nossen, wie die Seite Wetterzentrale.de weiß. Sie hat historische Wetterdaten für ganz Deutschland auf Tag und Ort genau gespeichert.

Über 100 Jahre Weihnachten: Je weißer das Bäumchen, desto mehr Schnee lag zum Fest. Wer will, kann in der Grafik wie beim Halma einen durchgängigen Weg suchen – es gibt einen grünen und einen weißen.
Über 100 Jahre Weihnachten: Je weißer das Bäumchen, desto mehr Schnee lag zum Fest. Wer will, kann in der Grafik wie beim Halma einen durchgängigen Weg suchen – es gibt einen grünen und einen weißen. © Robert Matzke, www.5gradsued.de

Die Internetadresse war Grundlage für die Grafik auf dieser Seite. Je zugeschneiter das Bäumchen eines Jahres ist, desto mehr Schnee fiel beziehungsweise lag an Heiligabend im Freistaat. Es zeigt sich: Seit 2006 war es nur in einem einzigen Jahr richtig weiß an Weihnachten. Kein Vergleich zu den Sechzigern, als es gleich in sechs Jahren weiße Weihnachten gab. Grün dagegen die Siebziger: Nur in zwei Jahren lag Schnee zu den Feiertagen. Auch die frühen Neunzigerjahre und der Anfang des neuen Jahrtausends waren schneereich.

Doch warum ist es uns überhaupt so wichtig, dass das Fest der Liebe und der Geschenke schneeweiß ist – statt tannengrün? Wo viel Schnee und Kälte doch immer auch Mühe (Schippen, Freikratzen) und Belastung (Zwiebellook, Erkältung) bedeuten? Wo das Jesuskind laut Weihnachtsgeschichte in einer Krippe mit Stroh lag, umgeben von Ochs’ und Esel – und nicht im fellgepolsterten Weihnachtsschlitten, gezogen von Rentieren?

Das hat zum einen damit zu tun, wie Weihnachten zu dem Fest wurde, das wir heute feiern. Tannenbaum, Adventskranz und Christkind gehörten nämlich nicht immer zu unserer Tradition. Den Weihnachtsbaum in seiner heutigen Form soll es erst seit Ende des 16. Jahrhunderts geben. Martin Luther wollte mancher Überlieferung nach mit dem Fokus auf das Christkind, das die Geschenke am 24. Dezember bringt, vom Heiligen Nikolaus ablenken, der schon am 6. Dezember kommt. So rückte die Bescherung auf die Zeit nach dem kalendarischen Winteranfang am 21. Dezember – und die Wahrscheinlichkeit, dass dann schon Schnee lag, stieg.

Wer heute das Wort „Weihnachten“ googelt, der sieht Bilder von Tannenzweigen, Kerzen, glänzenden Glaskugeln und immer wieder: Schnee. Auch die Weihnachtslieder, die wir singen, sind voll von der weißen Pracht: Mal rieselt er leise, mal warten wir auf das Weißröckchen. Das Bild, das uns diese Lieder vermitteln, ist eines von Frieden und Ruhe: Schnee verhüllt, was uns sonst stört – Risse in Straßen, Schmutz und Unordnung – er schafft ein einheitliches Bild einer Stadt oder einer Landschaft. Schnee dämpft unsere Schritte, zwingt uns dazu, langsamer zu gehen und zu fahren. Weil seine weiße Farbe das Licht reflektiert, schenkt er uns die Helligkeit, die uns in der dunklen Jahreszeit fehlt. Besinnlichkeit, Stille, Innehalten – die Werte, die wir mit Weihnachten verbinden, schreiben wir auch dem Schnee zu. Nicht ganz unschuldig daran ist übrigens Charles Dickens: Der englische Autor sorgte im 19. Jahrhundert mit seiner „Weihnachtsgeschichte“ um den Geizhals Ebenezer Scrooge für einen regelrechten Weihnachtsboom. Das London in der Geschichte liegt natürlich begraben unter dicken Flocken. Dickens’ erlebte in seiner Kindheit nämlich selbst einige schneereiche Winter.

Wie aber werden die Festtage denn nun bei uns? Das wissen allenfalls die Wetterfrösche vom Deutschen Wetterdienst (DWD). „Ich würde mir natürlich weiße Weihnachten wünschen, vor allem für die Kinder“, sagt Anja Juckeland vom DWD in Leipzig. „Im Moment beherrscht uns ein zentrales Tief über Island mit dem Namen Zubin“, so die Sprecherin. Das bestimme noch bis Mitte nächster Woche das Wetter. Das sei in diesen Tagen ganz normal für die Jahreszeit – die ja übrigens immer noch Herbst sei. Das heißt: tagsüber vier, fünf Grad, nachts auch mal Frost.

Nach momentanem Trend liegen die Weihnachtstage im Temperaturbereich leicht über null Grad. „Es ist im Moment also eher unwahrscheinlich, dass es bei uns an Heiligabend weiß sein wird“, sagt Juckeland. Dazu müssten Massen an kalter Polarluft zu uns strömen, das Tief über Island müsste weit in den Osten wandern. Für eine endgültige Prognose ist es aber ohnehin noch zu früh, der Wetterdienst gibt Standardprognosen nur bis zum vierten Tag heraus. „Es kann sich also schnell alles noch ändern“, sagt Juckeland.