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Wie wär’s wieder mit Subbotnik?

Roßweins Bürgermeister blickt neidisch nach Mecklenburg. Dort trägt bürgerschaftliches Engagement reichlich Früchte.

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Von Marcus Moeller und Heike Heisig

Roßwein. Wenn es darum geht, Visionen für die Zukunft zu entwickeln, dann bleiben die Roßweiner bescheiden. Zumindest diejenigen Ehrenamtlichen, die schon mehr als drei Jahre in der Zukunftswerkstatt mitarbeiten. Sie wünschen sich kaum mehr als eine attraktivere Innenstadt, wozu sie selbst kaum beitragen können, weil sie kein Haus besitzen oder kaufen wollen, keinen Handel betreiben. Und über ein paar schönere Ecken würden sich die meisten Roßweiner aber auch noch freuen. Daher packten überraschend viele mit an, als die Kommune zur Hartenbergputze aufgerufen hat.

In Warlitz entsteht ein Backhaus. Den Ofen bauen die Mitglieder eines neu gegründeten Backofenclubs. Roßweins Bürgermeister wünscht sich ein ähnliches Engagement auch für die Stadt und die Ortsteile. Gute Ansätze gibt es beispielsweise mit der Initiative
In Warlitz entsteht ein Backhaus. Den Ofen bauen die Mitglieder eines neu gegründeten Backofenclubs. Roßweins Bürgermeister wünscht sich ein ähnliches Engagement auch für die Stadt und die Ortsteile. Gute Ansätze gibt es beispielsweise mit der Initiative © privat

Der Arbeitseinsatz ging wie früher der Subbotnik an einem Sonnabendvormittag über die Bühne. Nach zwei, drei Einsätzen jedoch hatte sich die Bereitschaft, mitzuarbeiten, erledigt. Der Subbotnik auf dem Hartenberg schlief wieder ein. Trotzdem will sich Bürgermeister Veit Lindner (parteilos) nicht von dieser Art bürgerschaftlichem Engagement verabschieden. Er wünsche sich mehr solcher Subbotniks. Das sagte er, als es vor Kurzem um die Zukunft des Zukunftsforums und mögliche neue Aufgaben sowie Strukturen ging. Begeistert erzählte Lindner bei dieser Gelegenheit von einem Besuch im Amt Hagenow-Land. Ähnliche Initiativen könnte er sich auch für Roßwein vorstellen. Dadurch könnten Stadt und Ortsteile nicht nur lebenswerter werden, „sondern stehen die Chancen auch gut, die Einwohnerschaft zu stärken, ein neues Wir-Gefühl zu entwickeln“.

Zum Amt Hagenow in Mecklenburg gehören mehrere selbstständige Gemeinden mit ehrenamtlichen Bürgermeistern. Der für den Ort Walritz heißt Peter Holm. Er baut mit seinen Einwohnern eine Backstube. Hierzu wurde ein Backofenclub per Whatsapp-Gruppe gegründet. Das Projekt kostet 68 000 Euro. Die Gemeinde finanziert es mit 16 000 Euro mit, den Rest bezahlt eine Stiftung. Derzeit wird ein Steinofen nach historischem Vorbild aus alten Mauerziegeln und Lehmziegeln gebaut. Der Ofen soll so groß sein, dass ein Schwein reinpasst. Die Backstube wurde mithilfe eines Architektenbüros geplant, auch der Denkmalschutz investiert. Das Gebäude besteht aus Eiche. Die Stube wurde über den Sommer gebaut. Seit Oktober läuft der Aufbau des Backofens. Bei den Subbotniks wurden bisher das Fundament und die Platte gegossen. Der Sockel ist gemauert. Vor ein paar Tagen erst kam das Lehmgestell um die Schale – sodass der Ofen schon erkennbar. Von diesem Projekt zeigten sich Lindner und die weiteren Mitglieder der Roßwein-Delegation bei ihrem Besuch 2016 begeistert.

Ein zweites, das den Roßweinern gefallen hat, haben die Anwohner des Ortes Pritzier mit einem sogenannten Platz der Generationen umgesetzt. Seit der Einweihung im November gibt es dort Geräte für Radfahrer, Sportgeräte, Dame und Schach für die Senioren und Spielgeräte für Kinder. Es ist also ein Sport-, Spiel- und Fitnessplatz für Jung und Alt. Der Platz war seit vielen Jahren verwildert. Ursprünglich sollte ein einfacher Spielplatz gebaut werden. Dann aber kamen der ehrenamtliche Bürgermeister Thomas Witt und weitere Einwohner auf die Idee, lieber etwas für Jung und Alt zu schaffen. In nur einem knappen halben Jahr ist ein neuer Anziehungspunkt für Generationen entstanden. Jedenfalls feierten die Einweihung viele Familien mit. Die Spielgeräte werden wohl erst wieder nach dem Winter gestürmt. Daher sollen im Frühjahr noch ein weiteres Spielgerät aufgestellt und eine Feuerstelle eingerichtet werden.

Thomas Witt würde das Projekt nicht als Subbotnik bezeichnen. Für ihn sei es ein normales Projekt gewesen, nach Ausschreibung öffentlich gefördert. Er kenne aber den Begriff aus der DDR und freue sich immer darüber, wenn Leute in den Gemeinden mit anpacken und etwas wie der Platz der Generationen geschaffen wird. Und die Verwaltung des Amtes möchte die Bürger auch weiterhin einbeziehen. Sie sucht Paten für die Grünpflege und Verwalter für die Schachfiguren.

Roßwein und das Amt Hagenow sind durch das Hochwasser 2002 zusammengekommen. Damals hatten auch die Warlitzer für die Roßweiner Geld gesammelt. Seitdem hat sich eine Freundschaft entwickelt. Die Verwaltungen tauschen Erfahrungen aus. Möglicherweise können auch einige Ideen für gemeinschaftliches Engagement übernommen werden.

Der Subbotnik (von subbota ‚Sonnabend‘) ist ein in Sowjetrussland entstandener Begriff für einen unbezahlten Arbeitseinsatz am Sonnabend, der in den Sprachgebrauch in der DDR und Finnlands übernommen wurde. (Quelle: Wikipedia)