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Wie viel Waldheim für eine Ruine zahlt

Den Kaufpreis für die alte Spindelfabrik hielt der Rathauschef lange geheim. Das bot Raum für Spekulationen.

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© André Braun

Von Elke Görlitz

Waldheim. Schon im Juni gelang Bürgermeister Steffen Ernst (FDP), was sein Amtsvorgänger jahrelang vergeblich versucht hatte. Über private Kontakte stellte er Verbindung zur texanischen Eigentümerin der früheren Spindelfabrik her und überzeugte sie davon, sich von der Immobilie zu trennen. Doch zu welchem Preis? Das hielt der Rathauschef geheim.

Er verriet nur, dass die Eigentümerin eine halbe Million Euro verlangt habe und er weit unter dieser Summe geblieben sei. Das Geheimnis wäre wohl noch länger eines geblieben, hätte Gaby Zemmrich (SPD) im letzten Stadtrat nicht nachgefragt und Zahlen genannt: einmal 116 000 Euro und einmal 121 000 Euro.

Auf Nachfrage des Döbelner Anzeigers kam Ernst nun nicht umhin, klarzustellen, dass die Kaufsumme 120 000 Euro betrug. „Abzüglich der Grunderwerbssteuer haben wir 116 400 Euro bezahlt. 121 000 Euro sind im Haushalt eingeplant, weil etwa noch Notarkosten und Maklergebühren zu begleichen sind“, sagte er.

Dass der Kaufpreis lange Zeit nicht genannt wurde, hatte Spekulationen ausgelöst. So wollte etwa der frühere Stadtrat Ekkehard Schirmer von 150 000 bis 200 000 Euro gehört haben, die Waldheim für die ruinöse Immobilie ausgeben muss.

Die Kaufsumme muss Waldheim zum großen Teil aus der eigenen Tasche zahlen. Über das Landesbrachenprogramm der Sächsischen Aufbaubank erhofft sich die Stadt einen zehnprozentigen Zuschuss zum Kaufpreis und eine 90-prozentige Förderung der Abrisskosten.

Wann der Abriss der alten Spindelfabrik beginnen kann, ist laut Bürgermeister noch völlig offen. „Sicher nicht in diesem Jahr“, sagt er. Zurzeit laufen Bodenuntersuchungen. Da die Spindelfabrik eine Galvanik betrieben habe, könnten sich möglicherweise Schadstoffe im Erdreich befinden, so Steffen Ernst. Erst wenn darüber Klarheit herrsche, könne eine Kostenschätzung erfolgen, der Förderantrag gestellt und der Auftrag für den Abriss und die Entsorgung öffentlich ausgeschrieben werden. Was aus dem Grundstück einmal wird, steht ebenfalls noch nicht fest. Eine Bebauung ist laut Bürgermeister beinahe ausgeschlossen. „Zum einen, weil es das Förderprogramm in einer bestimmten Frist nicht zulässt und zum anderen, weil Abstandsflächen zum Eichbergwald schwer einzuhalten wären“, erklärte Steffen Ernst.

Die ruinöse Immobilie ist den Waldheimern schon lange im Weg. Sie verschandelt nicht nur das Stadtbild, sondern wurde auch zu einer Gefahr. Mehrfach war in dem maroden Gebäude gezündelt worden, zuletzt in der Nacht zum Ostermontag. Das verursachte der Stadt ebenso Kosten wie das Beseitigen von Müll. Weil sie dieses Geld von der inzwischen ehemaligen Eigentümerin nicht zurück bekam, und außerdem Grundsteuerschulden aufgelaufen waren, war vor dem Kauf auch eine Zwangsversteigerung in Betracht gezogen worden. Dieses Prozedere wäre jedoch wiederum kosten- und vor allem zeitaufwendig gewesen.