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Wie viel Staub ist erlaubt?

Wegen des Steinbruchs machen sich Demitzer Sorgen um ihre Gesundheit. Nicht nur in Extremfällen wie im Sommer.

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© Regina Berger

Von Ingolf Reinsch und Sylvia Gebauer

Der Staub vom Steinbruch fährt manchem Demitzer im wahrsten Sinne des Wortes in die Nase. Die Belastungen waren nicht nur in diesem trockenen Sommer zu spüren, als eine dunkle Wolke übers Dorf zog (die SZ berichtete). Der Staub sei die Regel, nicht die Ausnahme, sagt Gabriele Freudenberg. Sie lebt rund 500 Meter Luftlinie vom Betriebsgelände der Basalt Actien-Gesellschaft entfernt. „Für uns ist der Staub Alltag. Wir atmen ihn ein, meist schon unbewusst und unbemerkt“, sagt sie. Gabriele Freudenberg macht sich deshalb Sorgen um ihre Gesundheit und die ihrer Nachbarn.

Ihre Ängste vor Staub sind nicht unbegründet. Größere Partikel können beim Menschen bis in die Nasenhöhle, kleinere bis in die Bronchien und die Lungenbläschen, unter Umständen auch in den Blutkreislauf gelangen. Die Folgen sind Reizungen der Schleimhaut, aber auch Entzündungen der Luftröhre und der Bronchien. Noch heute sterben frühere Steinbrucharbeiter an Silikose, der so genannten Staublunge. Gabriele Freudenberg wirft der Basalt AG, die im Steinbruch ein Splittwerk betreibt, vor, kaum in den Umweltschutz zu investieren. Und sie zweifelt die Aussage von Bürgermeisterin Gisela Pallas gegenüber der SZ an, der Staub sei in den Mengen, wie er im Dorf vorherrscht, „gesundheitlich unbedenklich“. Wie gefährlich ist es wirklich? Die SZ fragte bei den Verantwortlichen nach.

Kontrollen durch das Oberbergamt

Wie viel Staub ein Betrieb freisetzen darf, ist gesetzlich genau geregelt, und zwar in einer Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmissionsschutzgesetz aus dem Jahr 2002. Demnach ist „ein ausreichender Schutz vor erheblichen Belästigungen oder erheblichen Nachteilen gegeben, wenn die über ein Jahr gemessene Gesamtstaubbelastung im Durchschnitt den Immissionswert für Staubniederschlag von 0,35 Gramm pro Quadratmeter an keinem Beurteilungspunkt überschreitet“, sagt Prof. Dr. Bernhard Cramer, Chef des Sächsischen Oberbergamtes in Freiberg. In die Mittelberechnung fließen alle Betriebssituationen ein. „Somit kann es durchaus Betriebs- und Witterungssituationen geben, in denen erhebliche Staubentwicklungen auftreten können, ohne dass dadurch der zulässige Jahreswert überschritten wird“, sagt der Experte, der zugleich Sachsens Oberberghauptmann ist.

Speziell für die in Demitz stehenden Anlagen wurde festgelegt, dass die Gesamtstaubbelastung nicht größer als 20 Milligramm pro Kubikmeter (Ab-)Luft sein darf. Die Einhaltung dieses Wertes wird aller drei Jahre kontrolliert. Ein beim Oberbergamt akkreditiertes Prüflabor führt dafür im Steinbruch Emissionsmessungen an den Abluftkaminen der Anlagen durch. Die letzte Messung fand im November 2012 statt. Professor Bernhard Cramer: „Bei einer betriebsüblichen Anlagenauslastung wurde dabei der genannte Grenzwert in der Abluft weit unterschritten.“ Die nächsten turnusmäßigen Messungen gibt es in diesem Jahr. Darüber hinaus führt Sachsens oberste Bergbaubehörde in unregelmäßigen Abständen Kontrollen im Steinbruch durch, die das Ziel haben, der Staubimmission entgegenzuwirken.

Die Basalt Actien Gesellschaft produziert in Demitz jährlich rund 280 000 Tonnen Splitt, der im Straßen- und Tiefbau verwendet wird. Elf Mitarbeiter sind im Werk tätig. Das Unternehmen weist den Vorwurf zurück, es würde Umweltstandards missachten. „Wir investieren stetig in die Anlage. Dies betrifft natürlich auch den Umweltschutz. Hierzu gehört zum Beispiel die Asphaltierung der Hauptverkehrswege innerhalb des Betriebes zur Minimierung der Staubbildung, die zusätzlichen Maßnahmen zur Staubbindung durch den Einsatz der entsprechenden Technik sowie die Wartung und Kontrolle der Entstaubungsanlagen durch eine Fachfirma“, sagt Oberbetriebsleiter Hendrik Seeliger. Das Oberbergamt nennt weitere Maßnahmen: So werden staubhaltige Produkte beim Beladen mit Wasser benetzt. Die Abdeckung von Lkw-Ladungen verhindert das Abstauben während der Fahrt. Der von den Entstaubungsanlagen abgesaugte Staub wird in geschlossenen Silowagen abgefahren.

Demitz-Thumitz hat eine lange Tradition als Steinarbeitergemeinde. Darauf weist Bürgermeisterin Gisela Pallas hin. „Seit über einhundert Jahren wird im Dorf Granit abgebaut, der Steinstaub ist immer in der Luft“, sagt sie. Allerdings sei es ein Unterschied, ob man im Steinbruch unmittelbar an einer Maschine arbeitet und den Staub einatmet – meist ohne Mundschutz, wie es in der Vergangenheit oft der Fall gewesen ist – oder ob man sich im Dorf aufhält. „In der Konzentration im Ort ist der Staub unbedenklich“, sagt Gisela Pallas.

Die Gemeindeverwaltung wird über die Ergebnisse der Staubmessungen informiert, die Bürger öffentlich nicht. Ein Manko, das Gabriele Freudenberg ebenfalls ärgert. „Wir leben täglich mit dem Staub“, sagt sie. Im Interesse der Transparenz und Vertrauensbildung sollten die Behörden regelmäßig auch die Bürger über die Messwerte informieren und diese ihnen erläutern, wünscht sich die Demitzerin.