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Wie viel Gift lagert noch bei Likolit in Kohlmühle?

Eine Anfrage der Bündnisgrünen im Landtag könnte einiges ans Licht bringen. Neue Kontrollen scheinen nötig.

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© Dirk Zschiedrich

Von Anja Weber

Kohlmühle. Im ehemaligen Linoleumwerk Kohlmühle lagern noch Giftstoffe. Vor allem auch in Räumen, die bislang noch niemand besichtigt hat. Das sagen zumindest die Kohlmühler, die in dem Betrieb beschäftigt waren. Bislang ließen nur einige Videos, veröffentlicht auf Youtube, erahnen, dass sich tatsächlich noch Reststoffe aus der ehemaligen Produktion in den Räumen befinden.

Die Landtagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen wollte es genauer wissen. Der Abgeordnete Wolfram Günther stellte eine entsprechende Anfrage an Sachsens Landtagspräsidenten Matthias Rößler (CDU). Günther interessierte unter anderem, welche Stoffe noch in der Industriebrache lagern und seit wann dies bekannt ist. Außerdem, ob diese Stoffe eine Gesundheits- oder Umweltgefahr darstellen und welche Maßnahmen eingeleitet wurden, um die Altlasten zu sichern.

In ihrer Antwort stützt sich die Landesregierung auf die Aussagen der Umweltbehörde des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Deren Mitarbeiter waren am 27. März 2014 vor Ort, als der Betrieb im Sebnitztal nahe Porschdorf stillgelegt wurde. Angesichts der seit Monaten schwelenden Altlasten-Diskussion, bei der das Landratsamt betonte, von dem Werk gehe keine akute Umweltgefahr aus, überrascht die aktuelle Aussage der Landesregierung.

Gefährliche Stoffe und Abfälle

Dort heißt es nämlich – basierend auf Informationen aus der Kreis-Umweltbehörde –, dass im März 2014 „eine umfassende und mengenmäßig abschließende Bestandsaufnahme aller gelagerten Stoffe, Zubereitungen und Abfälle nicht möglich“ gewesen sei. Dass gefährliche Stoffe und Abfälle darunter waren, sei aber eindeutig.

Was dann folgt, ist eine Auflistung der Dinge, die die Umweltbehörde festgestellt hat. Darunter befinden sich Asbestzementplatten, etwa 3 000 bis 5 000 Liter Heizöl und etwa 20 Gebinde Lack- und Lösemittelabfälle beziehungsweise Behälter unbekannten Inhaltes im Untergeschoss. Außerdem wurden etwa zehn große Behältnisse mit Kleber, Weichmacher und ähnlichem festgestellt. Besonders häufig tauchen in der Auflistung Begriffe wie „diverse Produktionsrückstände, diverse Flüssigkeiten und Gebinde unbekannten Inhaltes“ auf. Wie hoch das Risiko ist, das von diesen Behältern ausgeht, wird nicht explizit eingeschätzt. Ob all diese Stoffe noch immer dort lagern, ist ebenfalls unklar, denn eine weitere Kontrolle vor Ort erfolgte laut Landesregierung nicht.

Wie die Leiterin des Umweltamtes im Landratsamt Pirna, Birgit Hertzog, erklärt, hatte die Behörde eine ordnungsgemäße Abfallentsorgung bei der Betriebsstilllegung gefordert. Aufgrund der Insolvenz des Unternehmens sei diese bislang aber nicht erfolgt, so die Amtsleiterin. Darüber hinaus schätzt das Landratsamt nach wie vor ein, dass die Abfälle meist in Gebinden und Gebäuden gelagert werden und innerhalb des öffentlich nicht zugänglichen Firmengeländes keine akuten Umweltgefahren bestünden. Das gelte auch für das Oberflächenwasser und das Grundwasser.

Gesamtes Werk wurde Ende Mai versteigert

Einwohner von Kohlmühle bezweifeln das, sehen sie doch immer wieder Unbekannte auf dem Gelände herumsteigen. Räume, in denen sich potenziell gefährliche Stoffe befinden, seien ohne Weiteres zugänglich, so Anwohner. Ein völliges Abschotten der Industrie-Ruine sei aufgrund ihrer Lage und Größe gar nicht möglich.

Petra Kaden und Christiane König von der IG Kohlmühle hatten deshalb auch gegen den bisherigen Eigentümer Anzeige auf Grundlage des Umweltschadensgesetztes erstattet. „Wir können hier nicht länger zusehen. Es muss etwas passieren“, sagt Petra Kaden. Inzwischen wurde das Werk samt Nebengebäude allerdings bei einer Auktion am 31. Mai versteigert. Für 35 000 Euro hat der neue Eigentümer das Objekt gekauft. Konkrete Angaben zu diesem gibt es bislang nicht. Es soll sich um eine Eigentümergesellschaft handeln.

Mit dem neuen Besitzer hat die Umweltbehörde des Landratsamtes zumindest wieder einen Ansprechpartner. Er muss die Abfälle nachweispflichtig entsorgen und auch Abrisse oder Nutzungsabsichten bei den Behörden anzeigen, sodass dann mögliche Verfahrensschritte eingeleitet werden können, heißt es aus dem Umweltamt.