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Wird Radeberg zur Uni-Stadt?

Auf dem Ex-Eschebach-Areal könnte ein Campus wachsen. Wohnheime wären ein erster Schritt.

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© Thorsten Eckert

Von Jens Fritzsche

Radeberg. Wenn sich die Dresdner Hochschul-Professorin Angeliga Mensing-de Jong mit ihren Architektur-Studenten auf ein Bier trifft, dann schon lange nicht mehr in der Dresdner Neustadt. Das jedenfalls verriet sie bei einer Talkrunde des Radeberger Gewerbevereins. Auf der Bühne im Biertheater ging es um die Chancen Radebergs als Stadt vor den Toren Dresdens. Und weil sich die Dresdner Professorin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft einen weit über die Elbestadt hinaus gehenden Ruf als Stadtentwicklungs-Expertin erarbeitet hat, war ihr Urteil natürlich durchaus ein gewichtiges.

Und Angeliga Mensing-de Jong ist überzeugt, dass Radeberg durchaus eine spannende Zukunft bevorsteht – im Übrigen auch als eine Stadt, die für Studenten aus dem nahen Dresden interessant ist. Denn Dresden wächst, der Wohnungsmarkt wird knapper. Das sieht man längst auch an den aktuell immer weniger werdenden freien Baulücken in der Radeberger Innenstadt und in den neuen Wohngebieten. Thomas Kühne, der zum Beispiel die sogenannte „Verleger-Villa“ an der Hauptstraße saniert hat, verwies jüngst im Gespräch mit der SZ darauf, „dass die meisten Interessenten für die Wohnungen in der Villa aus Dresden kommen“.

Von Dresden profitieren

Radeberg habe jedenfalls beste Chancen, von der Nähe zu Dresden zu profitieren, findet Professorin Mensing-de Jong. In der Diskussion im Kaiserhof hatte sie schon vor gut zwei Jahren darauf verwiesen, dass Dresden um gut 50 000 neue Einwohner wachsen wird. Das lässt natürlich nicht nur die Nachfrage nach Wohnraum, sondern auch die Preise steigen. Auch mit dieser Aussicht hat die Professorin Recht behalten – und wie sich zeigt, können sich zum Beispiel unter anderem Studenten nicht mehr jede Wohnlage in der Elbestadt leisten.

Und genau hier werde Radeberg mehr und mehr ins Blickfeld rücken. Ein Fakt, den schon vor Jahren auch der Eigentümer des einstigen Eschebach-Areals ins Feld geführt hatte, als er ein alternatives Nutzungskonzept für die fast acht Hektar große Fläche zwischen Bahnhof und der Dresdner Straße im Radeberger Rathaus vorgelegt hatte. Zuvor war seine Idee, hier hauptsächlich großen Handel ansiedeln zu wollen, bekanntlich auf nur wenig Gegenliebe bei den Verantwortlichen in der Stadtverwaltung gestoßen. Radebergs OB Gerhard Lemm (SPD) machte regelmäßig klar, dass das Projekt zum Ausbluten der Radeberger Innenstadt führen werde. Also hatte der Eschebach-Eigentümer – der in Weimar ansässige Immobilien-Unternehmer Josef Saller – eine seit einiger Zeit ab und an mal durch die Bierstadt geisternde Idee aufgegriffen, Radeberg zu einem Uni-Standort werden zu lassen. Zumindest eine Außenstelle der nahen Dresdner TU wäre eine Option, finden nicht wenige.

Eine Außenstelle, die sich zum Beispiel um das Thema Lebensmittel-Technologie kümmert. Immerhin sitzen in Radeberg und im benachbarten Leppersdorf zahlreiche große Lebensmittel-Produzenten. Und nicht zuletzt könnte auch ein in den vergangenen Jahren massiv in Radeberg gewachsener Wirtschaftszweig ins universitäre Blickfeld rücken: die sogenannte Life-Sience; Medizin- und Biotechnologie nämlich. Radeberg ist längst einer der wichtigsten Standorte in diesem Bereich im Freistaat geworden. Jüngst hatte zum Beispiel B. Braun – einer der weltweit größten Hersteller und Entwickler von künstlichen Nieren – Radeberg zu seinem Entwicklungs-Standort erklärt.

Verhältnis ist nicht das beste

Aber als Josef Saller vor mittlerweile gut fünf Jahren seine Pläne vorlegte, waren die nicht wirklich mit Applaus aufgenommen worden. Der Thüringer wollte nicht nur Gebäude als Wohnheime nutzen, sondern auch Hörsäle und einen überdachten Innenhof mit Mensa bauen – angrenzend wollte er dann auch Einkaufsmöglichkeiten schaffen. Ein ähnliches Projekt hatte Saller bereits mit dem Uni-Hochhaus in Jena umgesetzt.

Aber Saller hatte sich gewünscht, dass die Radeberger Stadtverwaltung ihm die politischen Türen in Sachsens Staatsregierung öffnen könnte, um dort das Thema anzusprechen. Aber Lemm hatte erklärt, das müsse ein Investor schon selbst machen. Mittlerweile weiß man, dass das Verhältnis zwischen Rathaus und Saller nicht wirklich das beste ist. Die Stadt will das Eschebach-Areal kaufen, aber nicht zu dem Preis, den der Weimarer aufgerufen hatte. Aktuell stehen die Zeichen nicht auf Einigung – oder vielmehr, es herrscht weitgehend Funkstille.

Wer weiß, vielleicht kommt ja nun noch einmal Bewegung in die Idee? Jetzt, da Radeberg in den kommenden Jahren unter Umständen zumindest als Wohnstandort für Studenten interessanter werden könnte. Ein erster Schritt sozusagen, der vielleicht in einem zweiten doch noch zu einer Uni-Außenstelle führt?