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Wie Pfarrer Axt seine Ehre rettete

Im Turmknauf der Kirche zu Niederstriegis steckt ein brisantes Papier. Vor dem Bau gab es nämlich Streit.

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© André Braun

Von Jens Hoyer

Niederstriegis. Es hat vor 167 Jahren ein Gezerre um den Bau der neuen Kirche in Niederstriegis gegeben. Auf jeden Fall fühlte sich Pfarrer August Ferdinand Axt bemüßigt, ein Rechtfertigungsschreiben zur „Rettung seiner Ehre“ der Nachwelt zu hinterlassen. „Er hat es 1850 in den Turmknauf geschmuggelt“, sagte Pfarrer Heiko Jadatz am Freitagabend, als die Gemeinde in der Kirche das Ende des ersten Bauabschnitts feierte. Als man den Turmknauf abnahm, fand sich das Schreiben unter den Dokumenten, die eng zusammengerollt in einer Hülse die Zeit überdauert hatten.

Den Inhalt – vor allem Dokumente von 1850 und 1900 – stellte Pfarrer Heiko Jadatz am Freitag vor.
Den Inhalt – vor allem Dokumente von 1850 und 1900 – stellte Pfarrer Heiko Jadatz am Freitag vor. © Dietmar Thomas

Pfarrer Axt stellte klar, dass er gegen den Bau der Kirche auf dem „feuchten Gottesacker“ gewesen sei und auch die Kircheninspektion in Nossen eingeschaltet habe. Und er war nicht der einzige Gegner des Baus. Der Besitzer des Gutes in Hohenlauft fand, dass eine Reparatur der baufälligen alten Kirche ausreichen würde. „Das hat mit den Patronatsrechten der Rittergüter Hohenlauft und Mahlitzsch zu tun. Die mussten einen Teil der Kosten übernehmen“, sagte Jadatz.

15 000 Taler hatte das Gotteshaus 1850 gekostet. Zur Finanzierung ließ die Kirchgemeinde 430 Fichten in ihrem Wald fällen, wandelte eine Holzparzelle in Ackerland um und bekam noch 3600 Taler aus der Staatskasse.

Damals ging es auch nicht ohne Fördermittel. Die Niederstriegiser Kirche ist eine verkleinerte Ausgabe der Waldheimer Kirche, denn der Baumeister ist derselbe, sagte Jadatz. Schon drei Monate nach dem Abriss der alten Kirche stand der Rohbau der neuen. Eineinhalb Jahre später war alles fertig. Die Qualität ist da wohl auf der Strecke geblieben, vermutet der Pfarrer. Schon 50 Jahre später sah die Fassade nicht mehr schön aus. Bei den Instandsetzungsarbeiten im Jahr 1900 kamen weitere Dokumente in die vergoldete Kugel.

Als der Turmknauf im August dieses Jahres wieder auf die Kirche kam, steckten die Bauherren nicht nur ein Döbelner Anzeiger und andere Zeitungen, sondern auch Münzen und einen eigenen Bericht in die Hülse – der zeitbedingt aber unvollständig blieb. Denn dass die Niederstriegiser 200 000 Euro von der Stiftung Kirchenbau bei „Mach‘ dich ran spezial“ gewinnen würde, stand da noch nicht fest.

Nachdem das Dach erneuert wurde, ist dieses Geld die Grundlage für die Außensanierung der Kirche. „Wir werden die Sanierung 2018 oder 2019 weiterführen“, sagte Jadatz. Und wie geht es innen weiter? Jadatz gesteht, dass ihm die Kirche innen gefällt, wie sie ist. „Die abgeblätterte Farbe hat ihren eigenen Charme.“