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Wie lange können die Schiffe noch fahren?

Der Elbepegel in Dresden sinkt gerade wieder. Langfristig sieht es für den Fluss sehr schlecht aus. Das hat weitreichende Folgen.

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© Sven Ellger

Von Christoph Springer

Bei Niedrigwasser kommt es auf den richtigen Dampfer-Sitzplatz an. Strömen alle Passagiere nur auf die vermeintliche Sonnenseite des Schiffs, wo sie stets perfekte Sicht auf die wichtigsten Sehenswürdigkeiten haben, kann es eng werden unterm Kiel. Dieses Szenario droht der Sächsischen Dampfschiffahrt laut der Pegelvorhersage der bundesweiten Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung ab Sonntag. 75 Zentimeter Wasserstand prognostizierten die Fachleute am Freitag für den Sonntagmorgen. Genug für die Dampfer, aber nicht mehr ausreichend für die volle Auslastung der Schiffe. Wie schon am vergangenen Wochenende, an dem der Elbepegel auf 78 Zentimeter sank.

Das historische Niedrigwasser 1904

Sommer an den Elbwiesen - hier im Jahr 1925. In manchen Jahren führte der Fluss extremes Niedrigwasser. Die Dürre im Jahr 1904 war besonders spektakulär, wie die folgenden historischen Postkarten zeigen. Mehr dazu erfahren Sie auch in diesem Artikel
Sommer an den Elbwiesen - hier im Jahr 1925. In manchen Jahren führte der Fluss extremes Niedrigwasser. Die Dürre im Jahr 1904 war besonders spektakulär, wie die folgenden historischen Postkarten zeigen. Mehr dazu erfahren Sie auch in diesem Artikel

Robert Rausch, Marketingchef der Flotte, saß mit am Tisch, als der Wasserstand in Dresden Thema bei den tschechischen Behörden war. „Wir haben unsere Wünsche geäußert“, beschreibt er das Treffen. Dabei kam heraus: In Usti sollte bestenfalls stets ein Pegel von 1,30 Meter gehalten werden, denn das bedeutet in Dresden einen Wasserstand von 90 Zentimetern. Das ist genug für die Ausflugsdampfer und Salonschiffe, die sogenannte Weiße Flotte.

Für die schwarze Flotte, zu der Schubschiffe und Frachtkähne auf der Elbe zählen, ist die Situation dagegen übel. Heiko Loroff, der Geschäftsführer der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO), beobachtet den Pegel ganz genau. Schließlich ist der Wasserstand der Elbe entscheidend bei der Wahl des Transportwegs für Güter, die normalerweise per Schiff zum Ziel gebracht werden. „Kein Kunde muss sich Sorgen machen“, sagt Loroff, „alle Transporte können auf Straße und Schiene umgeroutet werden“. Deshalb sei es seinem Unternehmen im vergangenen Jahr gelungen, die Transportleistung konstant zu halten. Sie lag 2016 bei knapp 2,5 Millionen Tonnen. Den größten Anteil daran hatten aber Lkw-Ladungen mit mehr als 1,5 Millionen Tonnen. Eisenbahntransporte machten rund 750 000 Tonnen aus, weniger als 250 000 Tonnen Waren wurden per Schiff zum Ziel gebracht. Die Tendenz zeigt: Die Schiffstonnage im SBO-Verbund nimmt fast kontinuierlich ab. 2010 transportierten Schubschiffe und Lastkähne noch 500 000 Tonnen Ladung auf der Elbe. Die fünffache Menge ging damals per Lkw oder Eisenbahn auf Reisen.

2015 und 2016 waren für Loroff „schlechte Jahre für die Schifffahrt“. Besonders ungern erinnert er sich an das vorletzte Jahr. Sieben Monate lang konnte damals kein Frachtschiff fahren, weil der Wasserstand der Elbe zu niedrig war.

Der Hafenchef ist davon überzeugt, dass die Elbe nur besser unterhalten werden müsste, um mehr Schifffahrtstage zu haben. „Es gab in der Vergangenheit immer längere Trockenperioden“, sagt Loroff. Zurzeit geht aber gar nichts mehr. „Auch unsere Elbe Containerlinie von Hamburg nach Riesa und zurück hat ihren Dienst vorerst eingestellt“, so Loroff.

Die Aussichten für sein Unternehmen sind nicht gut, prognostiziert das Landesamt für Umwelt, Geologie und Landwirtschaft (LfULG). In einer Untersuchung aus dem vergangenen Jahr stellen die Wissenschaftler fest, dass Niedrigwassertage künftig deutlich häufiger werden als sie es aktuell sind. Ursache dafür seien die prognostizierten Klimaänderungen im Einzugsgebiet der Elbe. Im Klartext: Es wird heißer und trockener. Auch das Wasser aus den Moldau-Staustufen reicht ab etwa dem Jahr 2070 nicht mehr, um den Elbepegel in Dresden so zu regulieren, dass große Schiffe fahren können. Die Dampfschiffahrt richtet sich darauf ein und plant neue Schiffe mit wenig Tiefgang. Betreiber von Kreuzfahrtschiffen wie die Reederei Nicko Cruises mit den Schiffen Katharina von Bora und Frederic Chopin haben aus der Not schon eine Tugend gemacht. Die Elbe biete „eine einmalige natürliche Uferlandschaft, die anfälliger für Hoch- und Niedrigwasser ist, als die anderer Flüsse“, sagt Sprecherin Sandra Huck. Gäste auf den Nicko-Flusskreuzfahrern würden genau diese Naturbelassenheit schätzen. Und wenn es gar nicht weitergeht auf dem Wasser, steigen sie in Busse um.